Regina Michalik:Intrigen im Büro - Mit einem Gerücht fängt alles an

Harmloser Büro-Klatsch? Regina Michalik, Ex-Bundesvorsitzende der Grünen, erklärt, woran wir erkennen, dass wir mitten in einer Intrige stecken - und wie wir uns wehren.

Maria Holzmüller

Regina Michalik ist Psychologin und war von 1987 bis 1989 Bundesvorsitzende der Grünen. Heute arbeitet sie als Mediatorin und Coach für Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik. Jetzt hat sie ein Buch über Intrigen geschrieben.

MICHALIK

Kennt sich mit Intrigen aus: Psychologin und Ex-Bunesvorsitzende der Grünen, Regina Michalik.

(Foto: AP)

sueddeutsche.de: Wie erkenne ich denn, dass ich gerade mitten in einer Intrige stecke?

Regina Michalik: Dazu muss ich den Sachverhalt genau analysieren. Ich muss erkennen: Wer macht was wann und wie? Und welche Systematik steckt dahinter? Eine Intrige hat bestimmte Kennzeichen: Sie folgt einer Taktik und hat etwas Hintergründiges. Offene Angriffe im Alltag sind deshalb noch lange keine Intrige. Zweitens folgt sie einem Plan, sie ist alles andere als spontan. Drittens steckt hinter jeder Intrige ein Motiv, beispielsweise kann es um die Steigerung von Marktanteilen oder die Leitung eines interessanten Projekts gehen. Die Intrige muss dann folgerichtig ausgeführt werden - der Plan alleine reicht nicht.

sueddeutsche.de: Und es gibt immer ein Opfer ...

Michalik: Genau, am Ende einer Intrige gibt es immer Opfer, Täter und Verbündete wie Mitwisser, die oft auch von der Intrige profitieren. Ihnen muss klar sein, dass sie auch als Zuschauer nie unbeteiligt sind - sie sind nicht unbedingt besser als die Täter.

sueddeutsche.de: Sie schreiben auf 302 Buchseiten über Intrigen - sind die im normalen Berufsalltag wirklich so verbreitet?

Michalik: Nicht jeder Mensch wird in seinem Leben eine Intrige erleben. Aber sie spielen eine wichtige Rolle, sobald es um Geld, Macht oder Liebe geht. Nicht jeder Konflikt im Büro ist aber gleich eine Intrige.

sueddeutsche.de: Sind Intrigen grundsätzlich schlecht?

Michalik: Natürlich gibt es Intrigen, die zum Sturz eines Diktators führen. Oder im Beruf dazu, dass jemand befördert, also hochgelobt wird. Aber meistens leidet jemand unter einer Intrige.

sueddeutsche.de: Wann bin ich besonders vor Intrigen gefährdet?

Michalik: Häufig fallen Menschen einer Intrige zum Opfer, wenn sie überarbeitet sind und die Geschehnisse in ihrer Umgebung nicht mehr aufmerksam verfolgen.

Minenfeld Politik?

sueddeutsche.de: Sie selbst waren lange in der Politik. Sind Intrigen in diesem Arbeitsfeld besonders häufig?

Otto Schily im Gespräch mit Joschka Fischer im Bundestag, 2001

Intrigen kommen in der Politik nicht häufiger vor als in der Wirtschaft, sie werden nur öfter öffentlich. Das sagt Regina Michalik, ehemals Bundesvorstand der Grünen.

(Im Bild: Otto Schily (SPD) im Gespräch mit Joschka Fischer von den Grünen)

(Foto: dpa)

Michalik: Das ist ein Klischee. Intrigen kommen in der Wirtschaft wahrscheinlich genauso häufig vor - in der Politik werden sie nur häufiger öffentlich.

sueddeutsche.de: Welche Personen in Unternehmen sind bei Intrigen besonders mächtig?

Michalik: Es sind nicht immer die "ganz oben". Auch Sekretärinnen können eine besondere Rolle haben, sie sind in einer Machtposition - und das ist ihnen auch bewusst. Sie haben eine gutes Netzwerk, viele Kontakte und eine gute Beobachtungsposition. Sie können durchaus die Fäden ziehen, können ein Komplott aber auch aufdecken und Partei für eine Person ergreifen.

sueddeutsche.de: Welche Rolle spielen Büroklatsch und Gerüchte in Bürointrigen?

Michalik: Klatsch und Gerüchte sind häufig Teil einer Intrige. Gerüchte sind das meistverbreitete Mittel, eine Intrige anzuzetteln. Habe ich die Vermutung, hinter Gerüchten, die über mich erzählt werden, steckt mehr, sollte ich genau hinsehen: Wer gibt welche Informationen an wen weiter? Und was könnte der Grund sein? Nicht immer ist derjenige, der die Gerüchte verbreitet, auch der Täter.

sueddeutsche.de: Wie kann sich ein Opfer dagegen wehren?

Michalik: Erst einmal muss es überlegen, ob es sich lohnt, sich zu wehren. Dann gibt es mehrere Möglichkeiten. Ich kann den Täter offen zur Rede stellen und klarstellen, was die Wahrheit ist. Dann muss ich aber sicher sein, dass mir geglaubt wird. Manchmal ist es einfacher, ein Gegengerücht über sich selbst zu streuen, das ablenkt. Wird erzählt, ich wäre gesundheitlich angeschlagen, kann ich hier und da betonen, wie ausgefüllt, spannend und aufregend gerade mein Privatleben ist. Und es gibt bösartige Gerüchte, gegen die man durchaus rechtlich vorgehen kann.

sueddeutsche.de: Was ist der Unterschied zwischen Mobbing und einer Intrige?

Michalik: Mobbing geht meist von einer Gruppe aus, das passiert offener und emotionaler im direkten Arbeitsumfeld. Eine Intrige kann aber auch über Konzerngrenzen hinweg gesponnen werden.

sueddeutsche.de: Wie kann ich mich allgemein vor Intrigen schützen?

Michalik: Zuerst müssen alle Kopfbarrieren beseitigt werden. Der Glaube, alle Menschen seien gut, muss abgelegt werden. Das ist leider nicht so. Wenn ich alles Negative, das mir passiert, als Zufall abtue, dann komme ich im Kampf gegen Intrigen nicht weiter. Danach muss mir klarwerden, dass es viel Arbeit ist, gegen eine Intrige vorzugehen - und ich brauche einen Plan.

sueddeutsche.de: Wie erstelle ich so einen Plan?

Michalik: Ich muss die Situation genau analysieren und mir passende Verbündete suchen. Eine Intrige kann sehr, sehr anstrengend sein. Man muss ständig auf der Hut sein, es kann passieren, dass Leute einem nicht glauben und man muss seine Verbündeten nachhaltig überzeugen, dass der Kampf richtig ist.

Mehr über Intrigen lesen Sie in Regina Michaliks Buch Intrige, erschienen 2011 im Econ Verlag.

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