Rauchverbot am Arbeitsplatz:Unter der Abzugshaube

Immer mehr Unternehmen verbieten das Qualmen am Arbeitsplatz oder schicken Raucher auf den Hof. Was Firmen dürfen - und welche Rechte qualmende Mitarbeiter haben.

Rafael Buschmann

Da hat man nun ein neues, schickes Einzelbüro - und sitzt dennoch im Qualm, der sich aus anderen Zimmern über die Klimaanlage verbreitet oder durchs offene Fenster dringt. Die belästigten Nichtraucher beschweren sich beim Personalchef und verlangen Abhilfe. Doch was kann oder muss ein Arbeitgeber tatsächlich gegen Zigarettenrauch im Büro unternehmen? Und welche Konsequenzen drohen dem qualmenden Verursacher?

Rauchverbot am Arbeitsplatz: Qualmen im Büro: Kein Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Mitarbeitern eine Möglichkeit zum Rauchen zu gewähren.

Qualmen im Büro: Kein Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Mitarbeitern eine Möglichkeit zum Rauchen zu gewähren.

(Foto: Foto: dpa)

Ärger mit den Kollegen

"Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber ist für die Gesundheit des Arbeitnehmers an dessen Arbeitsplatz verantwortlich", sagt Christian Willert, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Berliner Kanzlei Härting. Das bedeute zwar nicht, dass der Chef gesetzlich verpflichtet sei, von sich aus rauchfreie Büros anzubieten. Sobald aber ein Angestellter einen Nichtraucher-Arbeitsplatz verlange, müsse ein solcher zur Verfügung gestellt werden. "Dann greift die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers", erklärt Willert.

Im vorliegenden Fall müsse jedoch zunächst geklärt werden, woher der Rauch stammt, sagt der Anwalt. Falls ein Mitarbeiter in einem der benachbarten Büros rauche und dadurch für Ärger bei den Kollegen sorge, dann müsse er mit einer Abmahnung rechnen. "Aber nur, wenn der Arbeitgeber im Vorfeld ein klares Rauchverbot am Arbeitsplatz erteilt hat", sagt Willert.

Raucher unter dem Staubsauger

Dies geschieht gegenwärtig in fast allen Branchen und Betrieben. Großunternehmen wie zum Beispiel Vodafone verbieten ihren Mitarbeitern zwar das Rauchen am Arbeitsplatz, aber nicht während der Arbeitszeit: "Wir haben seit Jahren eine betriebsinterne Vereinbarung. Geraucht wird nur in den Raucherräumen", sagt Vodafone-Personalchef Michele Verna.

Für diese entwickelt sich sogar mittlerweile ein eigenständiger Markt. Besonders Abzugssysteme, bei denen die Raucher direkt unter einer Art Staubsauger stehen, seien beliebt, erklärt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV). Dabei können die Abzugssysteme flexibel in Raucherräume einmontiert oder wahlweise als Schirme über Stehtischen angebracht werden. Um eine stärkere Transparenz und Orientierung auf dem Raucherkabinen-Markt zu gewährleisten, entwickelte die DGUV nun ein Prüfzertifikat.

Die Maßstäbe für das Gütesiegel sind streng: Die Anlagen müssen den Zigarettenrauch möglichst vollständig erfassen und die Schadstoffe durch Filter beseitigen, so die DGUV. Demnach darf ein Kubikzentimeter Luft nicht mehr als 3000 sogenannte ultrafeine Partikel enthalten - sie sind feiner als Feinstaub. Die gleiche Menge Luft im Freien außerhalb von Städten enthält etwa 10.000 dieser Partikel.

Auf der nächsten Seite: Kann Rauchen am Arbeitsplatz zu einer Kündigung führen - und wie handhaben besonders strenge Unternehmen das Problem?

Vor die Tür gesetzt

Vor die Tür gesetzt

"Eigentlich ist ein Arbeitgeber nicht verpflichtet, seinen Mitarbeitern eine solche Möglichkeit zum Rauchen zu gewähren. Er könnte die Raucher einfach auch nach draußen schicken oder ihnen das Rauchen während der Arbeitszeit komplett verbieten", sagt Arbeitsrechtler Willert. Insbesondere in Kleinunternehmen geschehe dies häufig, da diese aus Kapazitätsgründen keine Raucherräume zur Verfügung stellen können.

"Jedes Unternehmen, das ich kenne, verbietet das Rauchen am Arbeitsplatz. Es ist mit Kundenkontakt und individuellen Arbeitnehmerinteressen nicht zu vereinbaren", sagt Nils Benjak, Geschäftsführer der Münsterschen Werbefirma Living Concept, die mit vielen Klein- und Großunternehmen zusammenarbeitet. Wenn sich einer seiner Angestellten nicht daran halten sollte, würde Benjak diesen sogar vor die Tür setzen. "Arbeitsrechtlich ist dies jedoch nicht tragbar. Wegen Rauchens am Arbeitsplatz hat noch kein Gericht in Deutschland einer Kündigung stattgegeben", sagt Willert.

Ein Ultimatum für die Belegschaft

Anders sieht es etwa in den USA aus: Der Gartenprodukthersteller Scotts Miracle-Gro aus Ohio, ein Unternehmen mit 6000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 2,3 Milliarden Euro, hat seiner Belegschaft bereits im Jahr 2005 ein Ultimatum gestellt: Entweder die Angestellten hörten innerhalb von acht Monaten mit dem Rauchen auf oder ihnen werde gekündigt.

"So etwas ist in Deutschland aufgrund des Persönlichkeitsgesetzes im Artikel zwei des Grundgesetzbuches nicht umsetzbar", sagt Arbeitsrechtler Willert. Demnach darf ein Arbeitgeber nicht in die privaten Bereiche eines Beschäftigten eingreifen. "Aber meine Erfahrung ist: Es trauen sich immer weniger Angestellte, während der Arbeit zu rauchen", sagt der Anwalt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: