Psychische Belastung im Job:Wider den modernen Arbeitssklaven

Immer mehr Arbeitnehmer gehen wegen psychischer Störungen vorzeitig in Rente, die Zahl der Arbeitsunfähigen aufgrund von seelischen Erkrankungen steigt ebenfalls an. Macht eine inhumane Arbeitswelt die Menschen fertig? Ganz so einfach ist es nicht. Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer lernen müssen.

Thomas Öchsner

Der Fußballtrainer Ralf Rangnick konnte nicht mehr und ging. Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski tritt ab, weil er angeblich nicht weiß, ob er dem Konzern noch fünf Jahre in Top-Form zur Verfügung stehen kann. Zeitschriften haben das Titelthema "Burn-out" entdeckt.

Druck am Arbeitsplatz

Die Dienstleistungsgesellschaft verlangt vom Menschen keine körperliche Arbeit mehr - wohl aber Hochleistung von dessen Psyche.

(Foto: dpa)

Und jetzt kommt auch noch heraus, dass immer mehr Arbeitnehmer wegen psychischer Störungen vorzeitig in Rente gehen. Die Zahl der Arbeitsunfähigen aufgrund von seelischen Erkrankungen nimmt ebenfalls zu. Macht also eine inhumane Arbeitswelt die Menschen fertig? Ganz so einfach ist es nicht.

Psychische Erkrankungen waren früher ein Tabu-Thema. Es wurde darüber in der Öffentlichkeit nicht viel geredet, und Ärzte haben dies nicht oft diagnostiziert. Das alles hat sich geändert. Und trägt mit dazu bei, dass es statistisch einen Boom bei Seelen-Krankheiten gibt.

Gleichzeitig wandelt sich die Arbeitswelt zur Dienstleistungsgesellschaft: Es fallen weniger schwere körperliche Arbeiten an, dafür nehmen Stress und psychische Belastungen zu. Viele Angestellte fühlen sich überfordert, weil per Handy, E-Mail oder Telefon ständig jemand etwas von ihnen will. Und mit der mobilen Kommunikation verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Privat.

Was zu tun ist? Arbeitnehmer müssen lernen, an sich selbst keine überzogenen Ansprüche zu stellen, und Arbeitgeber dürfen ihre Untergebenen nicht als moderne Arbeitssklaven behandeln, die nonstop für sie da sind. Firmen, die qualifizierte Kräfte gewinnen wollen, müssen umdenken.

Vor fast 40 Jahren hat eine SPD-Regierung ein Programm für die "Humanisierung des Arbeitslebens" aufgelegt. Es gilt, das Thema unter neuen Vorzeichen wiederzuentdecken.

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