Promovierte Politiker vor Guttenberg:Im Klub der falschen Doktoren

Guttenberg ist nicht der einzige Politiker, der über seinen Titel stolpert. In vielen Fällen ging es sogar um mehr als ums Abschreiben. Die Folgen für die Schummler waren stets bitter.

Kim-Björn Becker

Ein bisschen Schummeln, argumentieren die Sympathisanten Karl-Theodor zu Guttenbergs in der Plagiatsaffäre, das macht doch jeder. Nicht der Rede wert. Doch nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Hof gegen den Politiker. Mehr als 80 Strafanzeigen sollen gegen ihn bereits vorliegen, vor allem Urheberrechtsverletzungen werden ihm vorgeworfen.

Motivwagen Rosenmontagszug mit Guttenberg-Persiflage

Der Rummel um Guttenberg und seinen Doktortitel ist groß - doch es gab schon jede Menge andere Politiker, die über ihre Promotion stolperten.

(Foto: dpa)

Und Guttenberg ist nicht der einzige Politiker, dem sein Doktortitel Ärger brachte. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Fälle, bei denen es sogar um mehr ging als ums Abschreiben oder das Weglassen nötiger Fußnoten: Gleich mehrere Kommunal- und Landespolitiker und sogar ein Bundestagsabgeordneter traten als Doktoren auf, ohne überhaupt ein ordentliches Promotionsverfahren durchlaufen zu haben - manchmal war der Doktor frei erfunden.

In allen Fällen kam es ebenfalls zu staatsanwaltlichen Ermittlungen, die Folgen für die Betroffenen waren stets unangenehm: Der Schwindel kostete die meisten viel Geld, einen zeitweise den Personalausweis und fast alle ihr politisches Amt.

Spektakulärer Fall in der Pfalz

Ein spektakulärer Fall spielt in der Pfalz: In einer 50.000-Einwohner-Stadt präsentierte die CDU ihren Spitzenkandidaten zur Bürgermeisterwahl 2007. Der Hoffnungsträger wurde dafür eigens aus Ostdeutschland in den Südwesten geholt. Was niemand wusste: Seinen Doktor der Theologie hatte er sich selbst verliehen. Das Thema der Dissertation war zwar angemeldet, nur geschrieben hat er sie nie. Eine aufmerksame Bürgerin brachte die Affäre ins Rollen, weil ihr der Lebenslauf des Aufsteigers allzu geradlinig erschien. Die CDU forderte, der Kandidat solle seine Promotionsurkunde vorlegen, um die Vorwürfe auszuräumen. Doch eine solche Urkunde gab es nicht.

Um von dem Schwindel abzulenken, erfand der Bürgermeisterkandidat eine schwere Erkrankung, deren Behandlung ihn zurück in die Heimat und damit aus der Schusslinie bringen sollte. Aber irgendwann wusste der falsche Doktor nicht mehr weiter: Er gestand seiner Partei den Schwindel, zog seine Kandidatur zurück und zeigte sich selbst an. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Titelmissbrauchs, das Amtsgericht verurteilte den inzwischen arbeitslosen Ex-Politiker zu einer Geldstrafe.

Im Münsterland, ein paar hundert Kilometer weiter nördlich, war es nicht die fehlende Promotionsurkunde, die einen dortigen CDU-Bundestagskandidaten in Bedrängnis brachte. Eine Urkunde besaß er immerhin. Ein paar Monate vor der Wahl im Spätsommer 2009 ahnte der Politiker aber, dass bald jemand draufkommen könnte, dass damit etwas nicht stimmte.

Falscher Titel für viel Geld

Das Problem war die Quelle: Die "Freie Universität Teufen" hatte ihm den Doktor 2004 verliehen. Allerdings ist die Schweizer Titelmühle in Wahrheit nichts als eine Briefkastenfirma und seit Jahren dafür bekannt, dass sie akademische Grade gegen Geld vergibt. Führen darf diese Titel daher niemand, weder in Deutschland noch in der Schweiz. Sie sind wertlos.

Als im Sommer 2009, wenige Wochen vor der Wahl, bekannt wird, dass mehrere "Promotionsberater" Betreuungsverhältnisse gegen Geld anbieten und mehrere Titel bereits aberkannt wurden, bekommt es der Abgeordnete mit dem schnell verdienten "Dr." mit der Angst zu tun. Kurz nach der Wahl, in der er das Direktmandat seines Wahlkreises errang, tritt er die Flucht nach vorn an und lässt die Rechtmäßigkeit des Titels durch Anwälte prüfen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt daraufhin wegen Titelmissbrauchs. Gegen die Zahlung einer hohen Geldbuße wurde das Verfahren eingestellt, sein Bundestagsmandat behielt der falsche Doktor aber.

Ähnlich ging es einem CDU-Abgeordneten im Berliner Abgeordnetenhaus. Auch ihn brachte die "Freie Universität Teufen" in Bedrängnis, von der er ein Diplom in Betriebswirtschaft führte. Der Vorfall wurde schon im Jahr 2006 bekannt, der Abgeordnete gab daraufhin seine Ausschussmitgliedschaft auf, nicht aber sein Mandat. Auch gegen ihn wurde Anzeige gestellt, der Staatsanwalt ermittelte. Später holte er den Abschluss als Betriebswirt nach - an einer staatlich anerkannten Hochschule in Brandenburg.

Unechte Titel in den Kommunen

Auch auf kommunaler Ebene haben unechte Doktortitel schon politische Karrieren beendet: Eine davon ist die einer früheren CDU-Bezirksrätin in Hamburg-Altona. Ausgerechnet der Arbeitgeber der Politikerin entdeckte den Schwindel und zeigte sie 2008 bei der Hamburger Staatsanwaltschaft an. Die Urkunde über den akademischen Titel sei manipuliert gewesen, heißt es aus informierten Kreisen. Ihr Mandat als Bezirksrätin gab sie noch am selben Tag zurück. Das Ermittlungsverfahren wegen Titelmissbrauchs und Urkundenfälschung wurde später gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestellt.

Sein falscher Doktortitel kostete den CDU-Vizechef in einer thüringischen Kleinstadt sogar vorübergehend den Personalausweis. Dort nämlich hatte der Lokalpolitiker den Titel eintragen lassen. Die örtliche Meldebehörde forderte den Ausweis zurück, als sie - gestützt auf einen Anfangsverdacht - keine Belege in den Archiven der Universität finden konnte, an der der Politiker seinen Doktor gemacht haben will. Gegen die Zahlung einer Geldbuße stellte die Staatsanwaltschaft auch dieses Verfahren ein. Sein politisches Amt musste der Parteifunktionär abgeben.

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