Professor des Jahres:Platz eins der Charts

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Er benutzt lieber Tafel als Beamer und beschäftigt sich mit Rekursionen oder parallelen Algorithmen. Trotzdem ist Oliver Vornberger, Informatiker in Osnabrück, zum besten Professor gekürt worden.

T. Schultz

Wenn Oliver Vornberger im Hörsaal steht, wirkt er zunächst recht unscheinbar. Helle Hose, Pulli, Brille, graues Haar. An die Tafel schreibt er lange Formeln, es geht um Rekursionen und Funktionen, um Konstanten und Schleifen. Wer kann, wer mag da noch folgen? "Mit Michael Douglas im Kino kann ich natürlich nicht mithalten", sagt Vornberger.

Oliver Vornberger, Informatiker in Osnabrück: Der 57-Jährige ist zum Professor des Jahres gekürt worden. (Foto: Foto: oH)

Bei seinen Studenten an der Universität Osnabrück ist der Informatik-Professor dennoch so etwas wie ein Star. Und nicht nur bei ihnen. Am Montagabend verliehen ihm der Stifterverband und die Hochschulrektorenkonferenz den mit 50.000 Euro dotierten "Ars-Legendi-Preis" für exzellente Lehre. Vornbergers Vorlesungen und Seminare seien bundesweit vorbildlich.

Vorlesungen zum Download

Von Studenten bekommt der 57-Jährige die besten Zeugnisse. Er sei ein "exzellenter Didakt" und immer sehr gut vorbereitet, sagen sie. Die Arbeiten bei ihm seien anspruchsvoll, es gebe aber "tolle Unterstützung", und Klausuren würden umgehend korrigiert.

Vornberger war einer der ersten Professoren in Deutschland, die auch das Internet in der Lehre nutzten. Seine Diplomarbeit schrieb er einst in Dortmund auf einer mechanischen Schreibmaschine, und im Hörsaal benutzt er noch heute lieber die Tafel als den Beamer. Aber dafür stellt er viel Material ins Netz, sogar ganze Vorlesungen können sich die Studenten kostenlos herunterladen.

Platz eins in den Charts

So reicht der Kreis der Vornberger-Fans längst über Osnabrück hinaus. Seine Vorlesung "Algorithmen" war wochenlang auf dem ersten Platz in den Charts des "iTunes-Store", in dem alle möglichen Filme angeboten werden.

Als Forscher hat sich Vornberger mit parallelen Algorithmen beschäftigt, mit Strömungssimulation und der IT-Technik beim Fahrzeugbau. Im Hörsaal begegnet er den Studenten mit Humor und Respekt. Die bundesweite Auszeichnung, die der Vater von zwei Kindern jetzt erhalten hat (einen lokalen Preis gewann er längst), erfülle ihn mit großer Genugtuung, sagt der Professor. Denn er verstehe sich von Herzen als Hochschullehrer, nicht nur als Forscher. Und es habe ihn schon immer geärgert, wenn er sah, wie wenig Mühe sich manche Kollegen mit der Lehre machten - als würden die Studenten sie stören.

Erdkrümmung und Sylt

In Osnabrück betätigt sich Vornberger auch als Studienberater. Fragen Abiturienten, welches Fach sie mit Informatik kombinieren sollen, sagt er: "Wenn Sie an einem lauen Sommerabend auf Langeoog sitzen und Ihre Lebensabschnittsgefährtin säuselt Ihnen nette Worte ins Ohr und Sie ertappen sich dabei, wie Sie anfangen nachzudenken, ob man wohl aufgrund der Erdkrümmung Sylt noch sehen kann: Wählen Sie Physik!"

In diesem Stil streut Vornberger mit norddeutschem Akzent (obwohl in Essen geboren) allerlei trockene Kommentare in die Vorlesungen ein. Er spricht nicht nur über Computerprogramme, über Java, Operanden, Graph-Algorithmen und andere schwierige Dinge, sondern auch über neugierige Erbtanten und "BWL-Studenten, die im BMW über die A1 brettern".

Vornberger spricht frei und unaufgeregt, man hört ihm gerne zu. Ein Student schreibt: "Mehr Vornbergers braucht das Land", dahinter hat er drei Ausrufezeichen gesetzt.

© SZ vom 21.4.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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