Probezeit:Sorry, das war leider nichts

Gehalt, Kündigung, Krankheit, Urlaub: Was Mitarbeiter und Chef über die Probezeit wissen müssen.

Wolfgang Büser

Der Arbeitsmarkt entspannt sich. Da macht sich mancher Gedanken über eine neue Stelle. Doch passen Mitarbeiter und Job wirklich zusammen? Um das herauszubekommen, wird regelmäßig eine Probezeit vereinbart, die beide Seiten vor Überraschungen schützt. So haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber Gelegenheit herauszufinden, ob die Chemie zwischen ihnen stimmt und ob eine dauerhafte Zusammenarbeit möglich ist.

Probezeit: Sorry, das war leider nichts

Vorbei nach wenigen Wochen: In der Probezeit kann jederzeit gekündigt werden.

(Foto: Foto: iStockphoto)

Grundsätzlich gilt für die Probezeit: gleiches Recht wie bei Dauerarbeitsverhältnissen. Auf die Entgeltfortzahlung bei Krankheit zum Beispiel muss der Arbeitnehmer (von den ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses abgesehen) genauso wenig verzichten wie die Arbeitnehmerin auf ihren Mutterschutz (Ausnahme: bei der "endbefristeten" Probezeit, siehe unten). Es gibt aber mehrere Sonderregelungen, die im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt sind. Im folgenden allgemeine Tipps - und wie die Gerichte im Spezialfall geurteilt haben:

Art der Probezeit. Eine Probezeit kann dem eigentlichen Arbeitsverhältnis vorangehen ("endbefristet" sein). Das heißt: Das von vornherein nicht befristete Arbeitsverhältnis bleibt nahtlos bestehen, wenn während der Probezeit keine Kündigung ausgesprochen wird.

Dauer der Probezeit. Im Normalfall wird eine Probezeit von drei bis sechs Monaten vereinbart. Das ist meistens im Tarifvertrag geregelt. Bei Auszubildenden ist eine Probezeit von mindestens einem und maximal drei Monaten Pflicht.

Krankheit. Fällt der Arbeitnehmer in der Probezeit für längere Zeit wegen Krankheit aus, so kann der Chef verlangen, dass die Testphase entsprechend verlängert wird. Weitet sich dadurch die Probezeit auf über sechs Monate aus, so gilt automatisch der gesetzliche Kündigungsschutz, der die Entlassung durch den Arbeitgeber erschweren würde.

Kündigungsfristen. Während der Probezeit können Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit einer Frist von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen kündigen (Ausnahme: endbefristete Probezeit), es sei denn, im Tarifvertrag wurden andere Fristen genannt. Ausnahme Azubis: Ihnen kann ohne Einhaltung der Frist gekündigt werden - umgekehrt ebenso.

Urlaub. Auch in den Probemonaten wird Urlaub angesammelt, pro Monat ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Freinehmen darf man bei einem neuen Arbeitgeber generell erst nach einem halben Jahr, wobei der Kulanz des Chefs keine Grenzen gesetzt sind. Wird das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit nicht fortgesetzt, so wird der angesparte Urlaub ausgezahlt.

Verdienst. Ist das Gehalt tarifgebunden, so darf in der Probezeit nicht weniger gezahlt werden. Zahlt der Chef übertariflich, so kann allerdings vorgesehen sein, dass das Gehalt erst nach der Probezeit aufgestockt wird.

Sorry, das war leider nichts

Wettbewerbsverbot. Ist in einem Arbeitsvertrag geregelt, dass das Wettbewerbsverbot eines Arbeitnehmers im Falle einer Kündigung nur dann gilt, wenn das Arbeitsverhältnis zwei Jahre bestanden hat, so kann der Arbeitnehmer - wird er bereits während der Probezeit entlassen - nicht mit der Begründung eine Karenzentschädigung verlangen, die Regelung sei "unzulässig überraschend", wenn die Klausel unter der Rubrik "Wettbewerbsverbot" steht. (Bundesarbeitsgericht, 10 AZR 532/04)

Sieben Tage. Kündigt ein Arbeitgeber einer neu eingestellten Mitarbeiterin bereits nach sieben Tagen in der Probezeit, so kann sich die Arbeitnehmerin nicht mit dem Argument dagegen wehren, ihr Chef habe sich in der kurzen Zeit kein Bild über ihre Fähigkeiten machen können, und eine Prognose über eine langfristige Zusammenarbeit sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich gewesen. Das würde die Kündigungsfreiheit des Arbeitgebers während der Probezeit einschränken und ihm entgegen dem Willen des Gesetzgebers sachliche Gründe für seine Entscheidung abverlangen. (Landesarbeitsgericht München, 9 Sa 406/05)

Freigestellt. Freigestellte Personalratsmitglieder dürfen zwar wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Sollen sie jedoch befördert werden, so müssen sie - wie die nicht der Mitarbeitervertretung angehörenden Kollegen - eine Probezeit absolvieren. Sonst würden sie gegenüber der übrigen Belegschaft unzulässig bevorzugt. (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, AZ: 2 A 10994/04)

Lohnverzicht. Verrichtet ein Arbeitnehmer nach kurzer Einarbeitung bereits während der Probezeit vollwertige Arbeit, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese Arbeit zu vergüten. Auch eine anders lautende Vereinbarung zwischen Chef und Mitarbeiter ändert daran nichts. Nur im Falle eines "Einfühlungsverhältnisses" kann ein Lohnverzicht abgesprochen werden, da der Arbeitgeber während dieser Zeit kein Direktionsrecht hat. (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 4 Sa 11/05)

Betriebsrat. Auch bei einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung während der Probezeit muss der Betriebsrat angehört werden. Es genügt, die subjektiven Kündigungsgründe zu schildern, etwa: ". . . arbeitet nicht zufriedenstellend". Verschweigt der Chef gegenüber der Arbeitnehmervertretung jedoch die wahren Kündigungsgründe oder liefert er nur Scheinargumente, so ist die Kündigung unwirksam. (Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 511/03)

Vertragsstrafe. Wird in einem Arbeitsvertrag sowohl für die Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist und für das nachfolgende unbefristete Arbeitsverhältnis eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsentgelt vorgesehen, falls es zu einer berechtigten fristlosen Kündigung des Arbeitgebers kommen sollte, so ist die Klausel insgesamt unwirksam. Die "unterschiedslose" Höhe der Strafe ist unangemessen. (Landesarbeitsgericht Hamm, 19 Sa 360/04)

Werturteile. Normalerweise reicht es nicht aus, wenn ein Arbeitgeber, der einem Beschäftigten kündigen will, bei der Betriebsratsanhörung pauschale Gründe angibt, etwa "Arbeitsverweigerung", "hohe Krankheitszeiten". Auch eine Wertung genügt nicht, wie "ungenügende Arbeitsleistung", "fehlende Führungsqualität". Die Werturteile reichen aber, wenn sich der Arbeitnehmer noch in der Probezeit befindet. (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 5 Sa 345/02)

Zwischenbilanz. Wird die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers während der sechsmonatigen Probezeit mehrfach positiv bewertet, so kann ihm dennoch ohne Angabe von Gründen gekündigt werden, da es sich um eine Zwischenbilanz und nicht um eine verbindliche Übernahme-Zusage handelte. (Arbeitsgericht Frankfurt am Main, 4 Ca 11115/02)

Prüfung. Auch wenn ein Bewerber einen sicheren Arbeitsplatz aufgegeben hat und mehreren Mitbewerbern nach intensiver Prüfung vorgezogen wurde, kann er sich nicht dagegen wehren, vom neuen Arbeitgeber in der Probezeit entlassen zu werden, wenn sich herausstellt, dass er für die Aufgabe ungeeignet ist. (Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 926/98)

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