Süddeutsche Zeitung

Probezeit:Arbeiten unter verschärfter Beobachtung

Der Sprung in den neuen Job ist geschafft, doch der Druck ist damit noch nicht vorbei: Denn meist müssen Arbeitnehmer erst noch die Probezeit bestehen - und haben Angst vor vorzeitiger Kündigung. Experten raten dennoch zur Gelassenheit: Engagieren, aber nicht verausgaben, lautet ihr Tipp.

Beziehungen aufbauen, Stellenanzeigen studieren, Bewerbungen schreiben und im Vorstellungsgespräch überzeugen: Der Weg zu einem neuen Job ist nicht einfach. Doch selbst wenn es endlich geklappt hat, können sich viele Arbeitnehmer noch nicht ungetrübt freuen. Denn ihnen steht im neuen Unternehmen meist noch eine Probezeit bevor, die ersten Arbeitsmonate werden häufig von der Angst vor vorzeitiger Kündigung begleitet.

Trotzdem sollten Arbeitnehmer versuchen, der Probezeit auch etwas Positives abzugewinnen. Sicherlich: "Die Probezeit gibt ... dem Arbeitgeber die Gelegenheit, die Leistungsfähigkeit und Eignung des Arbeitnehmers kennenzulernen", erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der "Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht 2011/2012". Doch auch der Arbeitnehmer habe hier die Möglichkeit, sich über die Anforderungen des Arbeitsplatzes zu informieren.

Die Länge der Probezeit hänge von den Umständen ab. "Als Faustregel für eine angemessene Dauer der Probezeit kann gelten: bei einfachen Tätigkeiten bis zu drei Monaten, bei höherwertigen Tätigkeiten bis zu sechs Monaten", heißt es in der Übersicht weiter.

Das bedeutet aber nicht, dass jedes neue Arbeitsverhältnis mit einer Probezeit beginnen muss, betont Regina Steiner, Fachanwältin für Arbeitsrecht. "Die Probezeit ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer." Es sei keine Regelung, die automatisch mit jedem neuen Job verbunden sei.

Doch auch ohne spezielle Probezeit-Regelung ist ein neuer Mitarbeiter keineswegs auf der sicheren Seite: "Viele glauben, dass nur während einer vereinbarten Probezeit das Arbeitsverhältnis problemlos gekündigt werden kann", sagt Rechtsanwalt Ulrich Tschöpe, Vorsitzender des Ausschusses Arbeitsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer in Berlin.

Kürzere Kündigungsfrist

Das aber sei ein Irrglaube. Für eine Kündigung müsse in den ersten Monaten kein gesonderter Grund angeben werden. "Auch ohne konkrete Verabredung einer Probezeit kann neuen Arbeitnehmern innerhalb der ersten Beschäftigungsmonate regelmäßig ohne weiteres gekündigt werden."

Eine Probezeitvereinbarung sei aber dennoch sinnvoll, weil - bis zu einer Dauer von sechs Monaten - eine kürzere als die sonst übliche gesetzliche Kündigungsfrist verabredet werden könne. "Normalerweise kann der Arbeitgeber eine Kündigung mit einer Frist von vier Wochen aussprechen", sagt Rechtsanwältin Steiner. Wenn eine Probezeit vereinbart werde, gelte eine kürzere Kündigungsfrist. Diese betrage nur 14 Tage.

Daneben sollte man als neues Mitglied eines Unternehmens noch auf weitere Punkte achten. "Man kann für die Probezeit ein bestimmtes Gehalt vereinbaren und gleichzeitig festlegen, dass es sich danach automatisch erhöht", sagt Tschöpe, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh. So ein gestaffelter Lohneinstieg sei sogar häufig üblich.

"Allerdings darf das Einstiegsgehalt nicht wahllos gedrückt werden", so der Fachanwalt. "Der Arbeitgeber muss sich - branchenspezifisch - an gesetzlich oder tariflich geregelte Mindestlöhne halten."

Mit der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sieht es in den ersten Monaten anders aus. "Erst, wenn man mindestens vier Wochen ein Arbeitsverhältnis hat, und sich dann krankmeldet, hat man Anrecht auf Entgeltfortzahlung", sagt Steiner.

Urlaubssperre für den Neueinsteiger

Wer einen Job neu angetreten hat, kann möglicherweise zunächst keinen Urlaub nehmen. "Im Bundesurlaubsgesetz ist geregelt, dass man in den ersten sechs Monaten kein Recht darauf hat, Urlaub zu nehmen", sagt Fachanwältin Steiner. Dennoch sammeln Arbeitnehmer in dieser Zeit Urlaubstage an. Werden sie nun vor Ablauf der sechs Monate gekündigt, können sie den Urlaub anteilig nehmen oder ihn sich auszahlen lassen. "Verzichten sollte man darauf nicht."

Ansonsten hat der Arbeitnehmer in einem neuen Arbeitsverhältnis natürlich die gleichen Pflichten wie ein altgedienter: Arbeitszeiten einhalten und die einem zugeschriebenen Aufgaben erledigen. Doch viele Menschen neigen an einem neuen Arbeitsplatz ohnehin eher dazu, mehr zu tun als üblich. Doch die Experten warnen: Komplett verausgaben sollte man sich in der Probezeit aber nicht.

"Wer jetzt 60 Stunden arbeitet, arbeitet sicher auch danach so viel", sagt Steiner. Tschöpe rät: "Man sollte sich engagiert zeigen, aber nicht auf übertriebene Weise - das fällt auch negativ auf." Besser sei ein anderer Weg: "Sich im besten Licht darstellen, jedoch nicht verstellen. Dann ist die Chance groß, dass einem der Job auch nach der Probezeit noch gefällt!" Denn auch darauf kommt es ja schließlich an.

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dpa (Aliki Nassoufis)/gal/joku
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