Süddeutsche Zeitung

Prekäre Arbeitsverhältnisse:Geliehen und befristet

Immer weniger Deutsche haben einen Vollzeitjob. Befristete Verträge, Zeitarbeit und Minijobs prägen den Berufseinstieg der Jugend - das sollte alarmieren.

Sibylle Haas

Das Statistische Bundesamt steht nicht im Ruf, mit Zahlen zu jonglieren. Es steht auch nicht im Verdacht, interessengetriebene Ergebnisse zu präsentieren. Im Gegenteil: Die Behörde wertet - mit Staatsauftrag - brav alle Daten und Quellen aus, die ihr zur Verfügung stehen. Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) könnte man da schon anderes unterstellen, weil er der Lobbyist der Arbeitnehmer ist.

Nun bestätigt aber die trockene Statistik aus Wiesbaden die Ergebnisse einer Jugend-Studie des DGB: Überdurchschnittlich viele junge Menschen haben keine normale Vollzeitstelle mehr. Befristete Arbeitsverträge, Teilzeitarbeit, Zeitarbeit und Minijobs prägen in Deutschland den Berufseinstieg der Jugend. Das ist die Realität - und die sollte alarmieren.

Schwierige Lebens-, Familien- und Berufsplanung

Natürlich können Teilzeitarbeit oder Minijobs auch absichtlich gewählt sein, weil sich damit persönliche Interessen besser kombinieren lassen. Doch Teilzeitarbeit und Minijobs wie auch andere nicht typische Arbeitsverhältnisse muss man sich leisten können. Eine Familie ernähren kann ein junger Mensch als Alleinverdiener damit kaum.

Den Arbeitsmarkt mögen manche Reformen flexibler gemacht haben, stabile Beschäftigungsverhältnisse sind dadurch nicht entstanden. Flexibilität heißt für die Firmen, Mitarbeiter schneller als früher loszuwerden. Die so verstandene Anpassungsfähigkeit erschwert den Arbeitnehmern aber die Lebens-, Familien- und Berufsplanung. Eine Gesellschaft, die ihren potentiellen Leistungsträgern die Entwicklungschancen verwehrt, hat es deshalb nicht anders verdient, als dass diese ins Ausland abwandern. Der Fachkräftemangel sollte als Indiz dafür ernst genommen werden.

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Quelle:
SZ vom 10.9.2008
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