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Praktikum:Was die "Praktikantin des Jahres" Bewerbern rät

Jährlich erstellt die Unternehmensberatung Clevis in Zusammenarbeit mit Absolventa Jobnet den Praktikantenspiegel, eine Praktikantenstudie mit etwa 7500 Teilnehmern. Dort werden nicht nur die Meinungen der Praktikanten zu bestimmten Themen - aktuell zum Beispiel zum Mindestlohn - abgefragt, es werden auch die Unternehmen bewertet, die Praktika vergeben. Umgekehrt dürfen die Firmen besonders gute Hospitanten für die Wahl zum "Praktikanten des Jahres" vorschlagen; die Praktikanten können sich aber auch selbst bewerben. Eine Jury, bestehend aus Vertretern von Absolventa, der LMU München und des Fachmagazins Personalwirtschaft, kürt den Gewinner.

Siegerin des Wettbewerbs 2014 ist die 21-Jährige Rebecca Simmet, die als Praktikantin im Personalwesen der Zwiesel Kristallglas AG gearbeitet hat. Simmet studiert an der Technischen Hochschule Deggendorf BWL mit Schwerpunkt Dienstleistungsmanagement und schreibt derzeit an ihrer Bachelorarbeit.

Interview von Matthias Kohlmaier

SZ.de: Frau Simmet, wie fühlt man sich mit dem Titel "Praktikantin des Jahres 2014"?

Rebecca Simmet: Auch nicht anders als vorher. Aber im Ernst: Das ist schon eine tolle Sache und macht mich natürlich stolz.

Wie kam es überhaupt zu Ihrer Nominierung im Rahmen des Praktikantenspiegels?

Offenbar war Zwiesel Kristallglas ganz zufrieden mit mir, also wurde ich vorgeschlagen. Ich musste dann nur noch gemeinsam mit dem Praktikumsbetreuer ein Motivationsschreiben formulieren und beschreiben, warum ich den Titel bekommen sollte und was die Tätigkeitsschwerpunkte im Rahmen meines Praktikums waren.

Sie haben im Personalwesen hospitiert. Um welche Projekte haben Sie sich gekümmert?

Zu Anfang habe ich natürlich klassische Praktikantenarbeiten gemacht: Protokolle anfertigen, Artikel für unsere Mitarbeiterzeitschrift schreiben und so weiter. Beim großen Projekt, das ich übernehmen durfte, ging es um das erste Mitarbeitergespräch für die Azubis im Betrieb. Dafür gab es zwar schon eine Vorlage, aber ich habe das zugehörige Beurteilungsformular überarbeitet und ein bisschen verständlicher gemacht. Dazu habe ich auch, teils theoretisch, teils mit praktischen Beispielen, die Schulung durchgeführt. Dass selbst der Personalleiter bei einem Rollenspiel mitgemacht hat, war dabei schon ein Highlight.

Obwohl Sie zur Zeit des Praktikums erst 20 Jahre alt waren, hat man Ihnen offensichtlich eine Menge zugetraut.

Das stimmt. Von der Vorbereitung bis zur Durchführung habe ich die Schulung selbständig machen dürfen. Natürlich habe ich zwischendurch immer wieder Feedback bekommen, aber der Anteil an eigenverantwortlichem Arbeiten war tatsächlich sehr hoch.

War Ihr Praktikum vergütet?

Ja, mit 350 Euro monatlich.

Durch den Mindestlohn für Praktikanten wäre das heute ertragreicher. Vielen kleineren, aber auch mittelständischen Unternehmen ist es jedoch kaum noch möglich, Praktika anzubieten, weil sie sich das nicht mehr leisten können.

Das finde ich sehr schade. Ich denke: Geld ist erst mal egal, wenn man wirklich etwas lernen und Erfahrung sammeln will.

Ich erreiche Sie auch heute noch im Büro bei Zwiesel Kristallglas. Haben Sie nach dem Praktikum dort direkt einen festen Job bekommen?

Nein, nach dem Praktikum war ein halbes Jahr Pause. Da ich aber bei dem Unternehmen viel Spaß hatte, bin ich nun wieder hier, um meine Bachelorarbeit zum Thema "Ein Gesundheitskonzept für Auszubildende" zu schreiben. Das mache ich teils vor Ort, teils von zu Hause aus - die Arbeit ist aber natürlich vergütet. Ein Jobangebot für die Zeit danach habe ich aber noch nicht.

Wenn Sie das Bachelorstudium bald abgeschlossen haben, geht es dann direkt mit dem Master weiter?

Ich habe lange überlegt, mich aber entschieden, vorerst keinen Master zu machen. Mir hat das Arbeiten im Personalwesen so viel Freude gemacht, dass ich da erst einmal dranbleiben und mich weiterentwickeln will.

Welchen Rat würden Sie als "Praktikantin des Jahres 2014" anderen geben, die sich vielleicht gerade um ein Praktikum bemühen?

Ich denke, man sollte sehr offen sein und die Ratschläge von Kollegen und Vorgesetzen wirklich annehmen - die wissen die meisten Dinge in dem Moment eben wirklich besser als man selbst. Dazu sollte man unbedingt den Mut haben, nachzufragen, wenn man etwas nicht gleich versteht. Und natürlich sollte man sich nicht völlig verbiegen und zur eigenen Persönlichkeit stehen.

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