- Wie ist die rechtliche Stellung von Praktikanten?
Was unter einem Praktikum zu verstehen ist, ist nicht gesetzlich - und damit verbindlich - festgelegt. "Weder im Arbeitsrecht noch in der Sozialversicherung ist das Praktikum eine eigenständige Beschäftigunsform", heißt es in einem Merkblatt des DGB-Jugend. Das gibt Arbeitgebern scheinbar viel Spielraum, Praktika nach ihrem Gutdünken auszulegen. "Missbrauch lässt sich (...) unter dem Label Praktikum besonders leicht betreiben."
Doch Praktikanten nur Kaffee kochen zu lassen oder sie unentgeltlich als volle Arbeitskraft einzuspannen, ist nicht im Sinne des Gesetzgebers. Er verortet Praktika innerhalb der Ausbildung, weshalb auch beim Praktikum selbst der Ausbildungscharakter an vorderster Stelle steht. Der Gewerkschaftsbund rät, nach Lehre oder Studium kein Praktikum mehr zu machen - denn man ist ja schon fertig ausgebildet.
Für Arbeitgeber wiederum, die reguläre Arbeitsplätze als Praktikantenstellen ausschreiben, kann das sogar rechtliche Folgen haben. Wenn "die Vergütung in einem deutlichen Missverhältnis zur Arbeitsleistung steht", ist der Tatbestand des Lohnwuchers erfüllt (Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 564/01).
- Sind Praktika für Absolventen überhaupt rechtens?
Ist ein Praktikumsanwärter fertig ausgebildet, wird eigentlich das ganze Konzept ad absurdum geführt, denn der konstituierende Ausbildungscharakter fällt weg. "Mit dem Begriff Praktikant wird viel Schindluder betrieben", sagt Ulrich Grund, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus München. Eigentlich müsste der Bewerber als Arbeitnehmer angestellt - und dementsprechend bezahlt werden. Insofern ändert auch der Vorschlag eines Mindestlohns für Praktikanten von Union und SPD aus juristischer Sicht nur insofern etwas, als dass eine Untergrenze für eine ohnehin zustehende Vergütung festgelegt würde. Eine arbeitsrechtlich zumindest fragwürdige Praxis würde dadurch quasi politisch legitimiert.
Sparen Arbeitgeber reguläre Stellen ein, indem sie sie mit unter- oder gar unbezahlten Praktikanten besetzen, machen sie sich strafbar (siehe oben: "Lohnwucher"). Doch die damit verbundene Gefahr nehmen offenkundig viele Arbeitgeber in Kauf - wohl auch, weil sie tatsächlich wenig zu befürchten haben. Zu wenige Praktikanten begehren gegen die herrschende Praxis auf. Dabei haben sie tatsächlich oft gute Chancen, nachträglich als Arbeitnehmer anerkannt zu werden - mit allen Konsequenzen.
Wer mehr als sechs Monate als Praktikant eingestellt war, aber tatsächlich wie ein Arbeitsnehmer hat, kann bis zu drei Jahre rückwirkend auf Entgelterstattung klagen. Die Aussicht auf Erfolg ist besonders hoch, wenn es keinen schriftlichen Vertrag gab oder der entsprechende Vertrag keine Ausschlussfrist enthält. "Wer sich als Praktikant ausgebeutet fühlt, sollte rechtlichen Rat suchen", appelliert Arbeitsrechtspezialist Grund.
- Schützt ein Praktikumsvertrag gegen Ausbeutung?
Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis auch ohne schriftliche Vereinbarung zustande kommen, dann nämlich wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer dieses im beidseitigen Einvernehmen beginnen. Dementsprechend gibt es auch für Praktikumsanbieter "keine Verpflichtung im Vorhinein einen Vertrag aufzusetzen", erklärt Anwalt Grund. Allerdings dürfen und sollten angehende Praktikanten auf einen Vertrag dringen, um böse Überraschungen zu vermeiden und im Zweifelsfall eine rechtsgültige Argumentationsgrundlage zu haben. Einen Mustervertrag zum Herunterladen gibt es zum Beispiel auf der Webseite des DGB Jugend.
Ein Praktikumsvertrag sollte mindestens folgende Informationen enthalten: Dauer des Praktikums, Arbeitszeiten, Vergütung, Urlaub und Kündigungsfrist. Sinnvoll ist auch, im Vorfeld die Praktikumsinhalte festzuschreiben. Wer später nur am Kopierer steht, kann sich dann auf den Vertrag berufen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, schriftlich zu fixieren, wie sich der Praktikant im Krankheitsfall zu verhalten.
Und es kann nicht schaden, schon ans Ende des Praktikums zu denken: Insbesondere wer ein postgraduelles Praktikum macht, sollte sich zusichern lassen, dass er ein qualifiziertes, das heißt ausführliches schriftliches Zeugnis bekommt. (Auf ein sogenanntes "einfaches Zeugnis" hat jeder Praktikant einen Anspruch.) Denn auch wenn ein Praktikum eigentlich anders angelegt ist, dient es in diesem Fall ja dazu, Berufserfahrung zu sammeln und eine Referenz für den Lebenslauf zu haben.