Prävention:Wie kann ich einen Burn-out verhindern?

Lesezeit: 4 Min.

Stress und Zeitdruck können zu Burn-out führen. Wichtig ist, wie der Einzelne damit umgeht. (Foto: imago/Thomas Eisenhuth)

Mehrere Faktoren müssen stimmen, damit ein Burn-out gar nicht erst entsteht. Vor allem das individuelle Selbstverständnis spielt eine wichtige Rolle.

Von Marina Engler

Nicht jeder, der Stress hat, wird davon krank. Aber warum brennen manche Leute aus und andere nicht? Und wie kann man vorsorgen, damit es gar nicht erst dazu kommt? Nur wer die Ursachen für eine Krankheit kennt, kann sich wirkungsvoll davor schützen. Ärzte, Therapeuten und Wissenschaftler gelangen immer häufiger zu der Erkenntnis: Zwar begünstigen äußere Umstände, wie Stress, Zeitdruck und Multitasking am Arbeitsplatz das Ausbrennen. Doch der entscheidende Faktor scheint die Beziehung des Burn-out-Betroffenen zu sich selbst und seiner Umwelt zu sein. Davon ausgehend braucht man vor allem eine klare Identität, Rückzugsmöglichkeiten und bestimmte Arbeitstechniken, um nicht auszubrennen.

Identität stärken und eigenes Lebensmotto finden

Der Ursprung für ihren Burn-out, so legen es die Erzählungen von Betroffenen nahe, liegt häufig in einem Gefühl der Hilflosigkeit oder Überforderung. "Dabei ist es nicht die Situation an sich, die zu Stress führt, sondern unsere subjektive Bewertung", erklärt die Ärztin und Beraterin Mirriam Prieß. "Wie ich jemanden oder eine Situation einschätze, ist darauf zurückzuführen, welche bewussten und unbewussten Erfahrungen ich in meinem Leben gemacht habe. Diese inneren Realitäten prägen den Blick auf unsere Umwelt." Entscheidend für die Prävention sei es daher, sich in Situationen der Hilflosigkeit zu fragen, warum dieses Gefühl entsteht, ob man es ertragen oder lösen kann.

Eine gute Selbsteinschätzung kann dabei helfen. "Das ist ein zentraler Aspekt für die Gesundheit. Nahezu alle Burn-out-Betroffenen, die zu mir in die Behandlung kamen, hatten die Beziehung zu sich selbst verloren oder nie besessen", macht Prieß deutlich. Viele versuchten stattdessen, einem Idealbild zu entsprechen, das ihnen in der Kindheit vorgelebt oder von ihnen erwartet wurde. Wer aus Furcht vor Liebes- oder Vertrauensentzug nie die Fähigkeit zur Selbstabgrenzung entwickelt hat, wird sich auch im Erwachsenenalter schwer damit tun. "Es ist wichtig zu erkennen, ob die Prägung, die ich in meinem Elternhaus erhalten habe, mit dem übereinstimmt, was meinem eigenen Wesen und meiner Identität entspricht", sagt Prieß. "Ist das nicht der Fall, arbeitet man permanent gegen sich an, unterdrückt die eigenen Bedürfnisse und verliert sich häufig in einem grenzenlosen Perfektionsanspruch."

Wer so lebt, braucht dafür viel Energie. Kommt ein Problem von außen in Form von Zeitdruck oder Überforderung hinzu, bringt man auf Dauer nicht genug Kraft und Aufmerksamkeit auf, um dieses Problem zu lösen. Daher ist laut Prieß und weiteren Ärzten sowie Forschern eine der wichtigsten Präventionsmöglichkeiten vor Burnout eine stabile Identität.

Probleme nicht kompensieren, Konflikte austragen

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Fähigkeit, mit Stress umzugehen. Prieß hat die Erfahrung gemacht, dass ein Gefühl der Hilflosigkeit bei Menschen mit einem späteren Burn-out oft nicht den Impuls einer Klärung, sondern den Impuls nach Kompensation auslöste. Statt sich also Unterstützung zu suchen oder den Auftrag abzulehnen, stürzten sich die Betroffenen in noch mehr Arbeit oder trieben exzessiv Sport, um die Überforderung zu verdrängen. "Häufig verbirgt sich dahinter eine tiefe Angst vor Konflikten und Ablehnung", erklärt Prieß. "Wer gesund bleiben will, muss aber Nein sagen und Konflikte austragen können." Dabei gilt: Je schneller man auf eine Störung reagiert, desto besser kann die Entstehung eines Konflikts verhindert werden.

Manchmal jedoch lassen sich Überstunden und hohe Arbeitsanforderungen nicht vermeiden. Dann ist es wichtig, Ruhe in anderen Lebensbereichen zu finden. Im sogenannten Käfermodell beschreibt Prieß sechs Lebensbereiche, die entscheidend dafür sein können, ob und wann jemand ausbrennt. Diese Bereiche lauten: Beruf, Familie, Gesundheit, soziale Kontakte, Hobbies und Glaube beziehungsweise Lebensmotto. Diese stehen sinnbildlich für die sechs Beine eines Käfers. "Wer in allen Bereichen lebt und sagen kann 'Ich stehe da, wo ich will', ist weit von einem Burn-out entfernt", so Prieß. "Je weniger Beine jedoch ausgebildet sind, desto gefährdeter für Burn-out ist man. Wer im Job die Erfüllung seines Lebensmottos und den Hort seiner sozialen Kontakte sieht und als einziges Hobby Sport betreibt, um damit seine Gesundheit aufrechtzuerhalten, hat einen Käfer, der nur auf zwei Beinen steht", erklärt Prieß. "Wenn dann im Job etwas schief läuft, bricht der Käfer quasi automatisch zusammen."

Regelmäßige Auszeiten einplanen

Unzählige Beratungsangebote und Bücher wollen den Weg zu einem ausgeglichenen Leben erleichtern. So erklärt der Facharzt und Coach Thomas Bergner in seinem Buch "Burnout-Prävention" wie man sich selbst besser verstehen lernt, die persönliche Zufriedenheit steigert, mit Stress korrekt umgeht und wirkliche innere Ziele erkennt. "Das kleine Buch gegen Burnout" vom Psychologen Jörg Fengler beschreibt 25 Prinzipien der Burnout-Prävention mit Übungen für den Alltag. Autogenes Training und gesunde Ernährung gehören ebenso dazu wie das Erlernen der Fähigkeiten, Nein zu sagen, das Optimum statt das Maximum anzustreben und sich realistische Ziele zu setzen. Auch wenn es bei so vielen guten Tipps schwer fallen kann, das individuell passende Rezept zu finden, in einem sind sich viele Ärzte, Berater und Forscher einig: Mindestens ein Tag in der Woche sollte arbeitsfrei sein.

Burn-out-Prävention am Arbeitsplatz

Zusätzlich zu dem, was man selbst tun kann, ist ein weiterer Schritt die Verbesserung der äußeren Umstände. Viele Firmen sind mittlerweile für das Thema sensibilisiert und investieren in die Burn-out-Prävention. Ansprechpartner für Änderungen können - je nach Betrieb und persönlicher Lage - Vorgesetzte, der Betriebsrat oder betriebseigene Ärzte, Psychologen oder Gesundheitsmanager sein.

Entscheidend für das Gelingen dieser Maßnahmen ist jedoch, dass (noch) keine Depression vorliegt ( lesen Sie dazu auch diesen SZ.de-Ratgeber). Dann nämlich sind Betroffene meist nicht mehr in der Lage, sich durch Pausen oder Selbstmanagement zu helfen. Wer sich niedergeschlagen oder überfordert fühlt, sollte daher versuchen herauszufinden, ob der Grund in einer Überbelastung im Job oder einer psychischen Erkrankung besteht. Bei der Einschätzung können anonyme Selbsttests helfen, zum Beispiel dieser Test auf Basis der sogenannten Allgemeinen Depressionsskala, die vom amerikanischen National Institute of Mental Health entwickelt wurde.

Auch die Tests der Stiftung Deutsche Depressionshilfe oder der Technischen Universität Dresden können Hinweise auf eine mögliche Erkrankung geben.

© SZ.de/dd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: