Präsentation:Typologie der Redner

Perfektionist, Schwätzer, Wichtigtuer - diese sechs Typen haben Sie alle schon einmal bei einer Präsentation erlebt.

Von Viola Schenz

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Der Lässige

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Quelle: SZ

So lief die Vorbereitung: Was für eine Vorbereitung? So was macht er grundsätzlich aus dem Stegreif, das betont er jedenfalls dauernd während der Präsentation, und auch noch hinterher.

So läuft die Präsentation: Stehpult? Ist was für Anfänger. Krawatte sowieso, Crinkle-Schal tut's auch, quasi als Hipster-Anleihe. Die Linke in der Hosentasche, in der Rechten der Laserpointer, so schreitet er das Auditorium ab.

So reagiert das Publikum: Ob's diesen Crinkle-Schal auch in lindgrün gibt?

So beendet er die Sache: "Sollten Sie tatsächlich Fragen haben, finden Sie mich drüben an der Bar."

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Der Nervöse

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Quelle: SZ

So lief die Vorbereitung: Heimlich vor dem Badezimmerspiegel geübt, ach was, auswendig gelernt, und selbst dabei ins Schwitzen gekommen. Horoskop mehrmals gecheckt. Den Termin fast wieder abgesagt.

So läuft die Präsentation: Gott sei Dank, ein Stehpult - das gibt der Sache Halt! Er richtet den Blick fest auf die Zettel und leiert alles runter. Hoffentlich sieht niemand, wie sehr er zittert, wenn er nach dem Wasserglas greift!

So reagiert das Publikum: Bitte erlöst den armen Kerl!

So endet die Sache: Zettel zusammenraffen und flugs runter vom Podium. Bitte, bitte keine Fragen!

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Der Schwätzer

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Quelle: SZ

So lief die Vorbereitung: Oh Mann, morgen ist der Vortrag, eigentlich wollte er den seit Wochen planen, aber man kommt zu nichts. Okay, er notiert Stichworte und bettet sie ein in persönliche Erfahrungen. Wofür erlebt man so viel, wenn man es nicht auch mal weitergibt?

So läuft die Präsentation: Er erzählt, was ihm in der vergangenen Woche so widerfahren ist, hin und wieder schaut er auf die Karteikarte. Die Stichworte sind eine prima Überleitung zum Dinner am Freitag beim Italiener oder der Sache im ICE.

So reagiert das Publikum: Worum geht's hier gleich noch mal?

So endet die Sache: "Äh, sorry, das hatte ich Ihnen, glaube ich, vorhin schon erzählt."

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Der Perfektionist

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Quelle: SZ

So lief die Vorbereitung: Mit dem Manuskript hat er vor drei Monaten begonnen, den Vortrag immer wieder vor Partner und Nachbarn gehalten und fast alle Passagen mehrmals umgeschrieben. In diversen Telefonaten mit den Veranstaltern Anzahl der Stuhlreihen, Position des Pults und Höhe des Podiums abgesprochen. Zwei Stunden vorher aufgetaucht, um mit dem Hausmeister Probeläufe bei Licht, Akustik und Beamer zu machen und in der Toilettenkabine den Vortrag ein letztes Mal Punkt für Punkt durchzugehen. Tags zuvor noch beim Friseur.

So läuft die Präsentation: Schrifttyp, Farben und Animation der Folien harmonieren. Mit fester Stimme und souveränem Blick klickt er sich ohne Verhaspler durch.

So reagiert das Publikum: Ufff!

So endet die Sache: "Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!" steht auf der letzten Folie. Sicherheitshalber liest er den Satz auch noch vor.

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Der Wichtigtuer

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Quelle: SZ

So lief die Vorbereitung: Powerpoint runtergeladen und alles, aber auch alles, was zum Thema des Vortrags im Netz zu finden war, inklusive Grammatikfehler, irgendwie auf 48 Folien verschriftlicht, jeweils mit einem anderen Schrifttyp, und natürlich mit jeweils eigenen Animationen und Soundeffekten.

So läuft die Präsentation: Erst einmal beamt er seinen Namen in großen Lettern an die Wand, die Stationen seiner Ausbildung und seiner Karriere. Dann: Bühne frei für die Powerpoint-Supershow.

So reagiert das Publikum: Ist der bitte, bitte hoffentlich bald fertig?

So endet die Sache: Als letzte Folie wirft er noch einmal seine Kontaktdaten inklusive Twitter, Instagram und Linked-in an die Wand und die Liste aller Abschlüsse und Zusatzqualifikationen. Die 48 zusammengehefteten Powerpoint-Folien lässt er von den beiden blonden Praktikantinnen im Publikum verteilen.

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Der Ableser

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Quelle: SZ

So lief die Vorbereitung: Aus langen Gedanken werden lange Sätze. Die füllen 18 mit einzeiligem Abstand bedruckte Seiten. Komplizierte Themen verlangen nun mal nach komplizierten Satzkonstruktionen. Von Zuhörern kann man schließlich ein Grundinteresse erwarten, vor allem aber die Bereitschaft, sich eine Dreiviertelstunde lang zu konzentrieren. Bilder und Grafiken würden da nur ablenken, Sprechpausen oder Nachfragen aus dem Publikum sowieso.

So läuft die Präsentation: Das Stehpult wäre zu anstrengend, deswegen hat er um Tisch und Stuhl gebeten. Im Sitzen lässt sich der Manuskriptstapel ja auch viel bequemer vorlesen.

So reagiert das Publikum: Die vorderen Reihen bereuen Sitzwahl und Teilnahme, in der Mitte sind sie eingenickt, hinten spielen sie mit ihren Smartphones.

So endet die Sache: Er liest den letzten Satz seines Manuskripts vor.

Illustrationen: Sead Mujic

© SZ.de/sks
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