Süddeutsche Zeitung

Plagiatsaffäre:Uni Bonn entzieht FDP-Politiker Chatzimarkakis den Doktortitel

Lesezeit: 2 min

Jetzt ist es amtlich: Nach der FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin ist auch ihr Parteikollege Jorgo Chatzimarkakis den Doktorgrad los. Auch er war ins Visier der Plagiatsjäger im Internet geraten. Doch so einfach will Chatzimarkakis nicht aufgeben: Er kündigte an, um seinen Titel kämpfen zu wollen - und scheut dabei keinen Aufwand.

Jetzt ist es amtlich. Auch der FDP-Europapolitiker Jorgo Chatzimarkakis verliert seinen Doktorgrad. Der Fakultätsrat habe einstimmig beschlossen, ihm die Doktorwürde abzuerkennen, gab der Dekan der philosophischen Fakultät der Universität Bonn, Günther Schulz, bekannt. In der Dissertation habe es zahlreiche Stellen gegeben, in denen sich aus anderen wissenschaftlichen Arbeiten entlehnte Passagen gefunden hätten, die nicht als wörtliche Übernahme gekennzeichnet waren.

Chatzimarkakis habe Texte anderer Autoren eingefügt, deren Anfang und Ende jedoch nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet. Die Kommission stellte fest, dass mehr als die Hälfte des Textes aus fremden Federn stammt. Das genüge nicht den Anforderungen an eine Doktorarbeit, sagte Schulz.

Chatzimarkakis reagiert mit Frust auf die Aberkennung seines akademischen Grades. "Diese heutige Entscheidung ist sehr bitter für mich", sagte er in Brüssel. Doch so einfach will der überführte Plagiator nicht aufgeben: Noch bevor die Uni ihre Entscheidung verkündete, kündigte er an, dass er um seinen Doktortitel kämpfen wolle. Bei einem Entzug des Doktorgrades werde er eine zweite Dissertation schreiben, sagte der saarländische Europaabgeordnete der Saarbrücker Zeitung.

In einer Stellungnahme auf seiner Webseite bezeichnet Chatzimarkakis seine eigene Dissertation als "Grenzfall". Es gebe keine "Stelle ohne Quelle - jedoch ohne Gänsefüßchen". Die Entscheidung der Universität sei für ihn persönlich "sehr bitter".

Zuvor hatten Plagiatsfahnder von VroniPlag eine Reihe von angeblichen Plagiaten in der Doktorarbeit aufgelistet. Das Internetportal listet inzwischen Plagiatsfunde auf fast 72 Prozent der Seiten seiner Doktorarbeit auf. Zitate anderer Texte seien unzureichend als solche markiert worden, heißt es. Die Uni Bonn hatte daraufhin angekündigt, die Vorwürfe zu prüfen und den Promotionsausschuss einzuberufen. Vroniplag hatte zuvor schon den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin als Plagiatoren enttarnt, die daraufhin von ihren Spitzenämtern zurücktraten.

Der FDP-Politiker hatte die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen. Auch an diesem Mittwoch bekräftigte er, dass für seine politikwissenschaftliche Doktorarbeit gelte: "Keine Stelle ohne Quelle." Kein einziger Text sei aus einem Werk übernommen worden, das nicht in einer Fußnote oder im Literaturverzeichnis auftauche. In seinen Dissertations-Regeln stehe lediglich, "fremdes Gedankengut ist kenntlich zu machen". Eben dies habe er schriftlich erklärt und sich daran gehalten.

Seine Zitierweise sei vielleicht missverständlich, räumte Chatzimarkakis ein. Doch diese methodische Schwäche sei bereits bei der Prüfung seiner Dissertation benannt und bei der Notengebung berücksichtigt worden.

Chatzimarkakis hatte für die im Jahr 2000 vorgelegte Arbeit die Note "Drei" erhalten. Die Dissertation trägt den Titel "Informationeller Globalismus: Kooperationsmodell globaler Ordnungspolitik am Beispiel des elektronischen Geschäftsverkehrs".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1119695
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/AFP/hai
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.