Plagiator Guttenberg:Zweite Doktorarbeit - geht das überhaupt?

In der CSU kursiert das Gerücht, Karl-Theodor zu Guttenberg könnte eine neue Doktorarbeit schreiben und sich damit rehabilitieren. Der Ex-Verteidigungsminister selbst hat dazu bisher geschwiegen. Doch darf er überhaupt einen zweiten Anlauf nehmen? Denn hier geht es um ein gutes altes Wort: würdig.

Tanjev Schultz

Eine erfolgreiche Rückkehr in die deutsche Politik wird für Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nicht einfach. So viel ist klar, nachdem führende Mitglieder seiner Partei, allen voran Parteichef Horst Seehofer, Guttenbergs jüngste Besserwissereien schroff zurückgewiesen haben.

Guttenberg bei Sicherheitsforum in Kanada

Will Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Ruf durch eine neue Doktorarbeit aufpolieren? Und, wenn ja - kann er das überhaupt?

(Foto: dapd)

Um sich zu rehabilitieren, könnte Guttenberg statt auf die Politik natürlich auch auf die akademische Karte setzen. In CSU-Kreisen geht das Gerücht um, er könnte eine neue Doktorarbeit wagen.

Guttenberg hat zu den Gerüchten bisher wohlweislich geschwiegen. Er würde sich ja auch unnötig unter hohen Druck setzen, wenn er so ein Vorhaben lange im Voraus ankündigte. Man weiß mittlerweile, dass Guttenberg gelegentlich Gedichte schreibt (zumindest sagt er das). Aber eine große, solide wissenschaftliche Arbeit? Damit könnte er jedenfalls alle noch einmal so richtig überraschen, vielleicht sogar beeindrucken.

Doch langsam. Ginge das überhaupt: eine Promotion im zweiten Anlauf, nachdem die Universität Bayreuth dem Politiker im Februar gerade erst den Doktorgrad aberkannt hat? In Deutschland würde Guttenberg von vielen, wenn nicht allen Universitäten einen Korb bekommen.

"Es besteht die Erwartung, dass nach einer Täuschung nicht noch einmal promoviert wird", sagt der DFG-Ombudsmann Wolfgang Löwer. Er ist Juraprofessor in Bonn und Fachmann für Wissenschaftsrecht. Jemand, der in oder nach einem Promotionsverfahren beim Täuschen erwischt wurde, sei nicht mehr "würdig", einen Doktorgrad zu erlangen.

Gescheiterte und Betrüger

Tatsächlich steht in etlichen Promotionsordnungen genau dieses gute alte Wort: würdig.

So zum Beispiel bei der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg. Dort heißt es in Paragraph 5: Zu den Voraussetzungen für die Zulassung zur Promotionsprüfung gehöre, dass der Bewerber "nicht unwürdig" im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen sei und außerdem bisher noch "nicht eine rechtswissenschaftliche Doktorprüfung endgültig nicht bestanden" hat. Kurzum: Eine zweite Chance gibt es hier nicht.

Und diese Hürde besteht nicht nur bei den Juristen. Wollte Guttenberg beispielsweise auf die Politikwissenschaft ausweichen, hätte er vielerorts dasselbe Problem. So nimmt beispielsweise die Ludwig-Maximilians-Universität in München in den Geistes- und Sozialwissenschaften nur "würdige" Doktoranden an.

Nicht überall sind die Regeln allerdings so streng formuliert wie in Würzburg oder München. An anderen Fakultäten heißt es nur, der Kandidat müsse angeben, ob er schon einmal vergeblich einen Promotionsversuch unternommen hat. Dann kommt es, so Experte Löwer, darauf an, ob der Kandidat damals fachlich gescheitert sei - oder ob er beim Täuschen erwischt wurde.

Im ersten Fall ist es nicht aussichtslos, wieder als Doktorand zugelassen zu werden. Im zweiten Fall stehen die Chancen schlecht. Es gebe zwar keine strikte Rechtsregelung, sagt Löwer, "aber die Systemerwartung in der Wissenschaft ist, dass jemand nicht wieder zu akademischen Ehren gelangt, dem ein Doktortitel entzogen wurde".

Löwer räumt ein, dass ein lebenslängliches Promotionsverbot eine womöglich etwas übertriebene Strafe wäre. Womöglich würden sich Fakultäten nach einigen Jahren oder Jahrzehnten wieder erweichen lassen. Ein schneller zweiter Anlauf, wie er für Guttenberg interessant wäre, komme aber nicht in Frage.

Selbst wenn es in Deutschland einzelne Professoren gäbe, die bereit wären, Guttenberg schnell wieder zu promovieren - sie sähen sich in jedem Fall heftigen Attacken ihrer Kollegen ausgesetzt.

Bleibt der Weg ins Ausland. Schließlich lebt Guttenberg derzeit ohnehin in den USA, und das auch noch an der Ostküste mit ihrer beispiellosen Dichte an renommierten Universitäten.

Promotion als "verdienter Staatsmann"?

In den USA promovieren allerdings meist nur jene Studenten, die wirklich einen wissenschaftlichen Weg einschlagen. Die Promotion ähnelt in dieser Hinsicht eher der deutschen Habilitation, die hierzulande früher und teilweise heute noch die Voraussetzung dafür ist, um Professor werden zu können.

In den USA sind externe Promotionen neben einer Berufstätigkeit unüblich. Die Doktoranden besuchen eine "graduate school", wo sie teilweise noch Kurse belegen müssen, während sie zugleich oft schon in der Lehre tätig sind und jüngere Studenten ausbilden. Guttenberg wäre in diesem Fall weitgehend gebunden an den Ort der Universität; es würde nicht reichen, einfach einen Text zu schreiben und abzugeben.

Allerdings mag es Wege und Modelle geben, wie Guttenberg eine Promotion mit seiner derzeitigen Tätigkeit an einer US-Denkfabrik verbinden könnte. Die Think-Tanks in den USA haben viele Kontakte zu Universitäten und Professoren, die für Guttenberg nützlich sein könnten. Und in den USA und in Kanada, wo Guttenberg gerade erst beim Sicherheitsforum in Halifax auftrat, wird der frühere Verteidigungsminister immerhin noch als verdienter Staatsmann (distinguished statesman) hofiert.

Er sei gespannt, sagt der Bonner Jurist Löwer, ob sich amerikanische Kollegen über das Urteil der deutschen Wissenschaftler hinwegsetzen würden. Sein Bayreuther Kollege Oliver Lepsius, der Guttenberg im Frühjahr einen "Betrüger" nannte und das auch nicht zurücknehmen möchte, wäre vor allem gespannt, was Guttenberg denn wissenschaftlich zu sagen hätte. Einer zweiten Doktorarbeit von Guttenberg sähe er "mit Interesse" entgegen, sagt er trocken.

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