Party im Büro:O du quälende Weihnachtsfeier

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Jeder ist betrunken, Kollegen nerven und entspannte Gespräche sind unmöglich. Müssen wir eigentlich auf die Betriebsweihnachtsfeier? Etikette-Trainer Jan Schaumann antwortet.

SZ-Leserin Gabriele T. fragt: Unsere Abteilung macht jedes Jahr eine Weihnachtsfeier. In der Regel treffen wir uns zum Essen in einem Restaurant. Ich finde diese Veranstaltungen meist unerträglich. Die Unterhaltungen werden erst entspannt, wenn genug Alkohol getrunken wurde. Da ich selber nicht trinke, fühle ich mich nicht wohl. Außerdem ist mir das Ganze zu teuer; wir müssen für alles selber aufkommen. Wie kann ich mich der Veranstaltung entziehen, ohne desinteressiert an den Kollegen zu wirken?

Gute Laune auf Befehl: Für viele Arbeitnehmer sind die alljährlichen Weihnachtsfeiern ein Graus. (Foto: dpa)

Jan Schaumann antwortet: Liebe Frau T., was für die einen ein freudiges Ereignis darstellt, bedeutet für die anderen die blanke Qual. Interessanterweise laufen Abteilungsfeste häufig nach einem vorhersehbaren Ritual ab. Diejenigen, die sich auch sonst miteinander unterhalten, gesellen sich zueinander. Und zu den Kollegen, mit denen man sich auch während des restlichen Jahres nicht viel zu erzählen hat, hält man Distanz.

Das Grundproblem bei Weihnachtsfeiern ist, dass es sich gewissermaßen um betrieblich verordneten Frohsinn handelt. Inklusive Eintracht und Geselligkeit. Und da es eben ein Firmenereignis ist, gestaltet sich die selbstgewählte Abwesenheit ähnlich schwierig wie während eines normalen Arbeitstages. Zumal der Chef seine Schäfchen bei dieser Gelegenheit ausnahmsweise auch einmal "in freier Wildbahn" erleben kann (und oft genug auch erleben will). Hier liegt dann auch schon die nächste Herausforderung. Sie sagen, dass sich die Atmosphäre erst dann auflockert, wenn der Alkoholpegel einen gewissen Stand erreicht hat. Nur ist die Grenze zwischen Entspannung und Entgleisung bei einigen Zeitgenossen eine ebenso hauchdünne wie unsichtbare. Ein Gläschen zu viel, und schon wird gelästert, gemeckert und gebaggert, was das Zeug hält. Und wenn der Chef in Reichweite ist, scheint für manchen die Gelegenheit günstig, ihn auf die längst überfällige Gehaltserhöhung oder den im vergangenen Jahr in Aussicht gestellten Parkplatz anzusprechen.

Was im normalen Berufsalltag oft undenkbar ist, scheint ab einem gewissen Alkoholpegel zum Kinderspiel zu werden. Doch nimmt dabei nicht nur das Fingerspitzengefühl ab, sondern manchmal auch die Fähigkeit der gesunden Selbsteinschätzung. Wirklich entziehen können Sie sich dieser Situation leider nicht. Vielleicht versuchen Sie einmal im Vorfeld der weihnachtsfeiernden Glückseligkeit konkret zu überlegen, welchen positiven Aspekt Sie der Veranstaltung abgewinnen könnten. Nur einen Aspekt. Bringen Sie sich in die Planung der Feier ein und suchen Sie einen Ort, der Ihnen gefällt (und Ihrem Budget eher entspricht). Oder die Unterhaltung mit Ihrer Lieblingskollegin? Sprechen Sie vorher mit ihr über Ihre Bauchschmerzen und bitten Sie sie, den Abend mit Ihnen gemeinsam (und vielleicht mit maßvollem Alkoholgenuss) durchzustehen. Es gibt übrigens auch viele Restaurants oder sonstige Einrichtungen, die ihre Räumlichkeiten für eine überschaubare Summe vermieten. Wenn dann jeder von Ihnen etwas zum gemeinsamen Abend beiträgt, halten sich die Kosten durchaus in Grenzen. Ein solcher Beitrag kann neben Speisen und Getränken natürlich auch in Form der Organisation, eines unterhaltsamen Programmpunktes oder ähnlichem bestehen. Es sollte nur ein entsprechendes Feld in der "Wer macht was?"-Liste vorhanden sein. Und diese könnten zum Beispiel Sie erstellen. Feierliche Weihnachten!

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten beantworten Ihre Fragen im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

© SZ vom 4.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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