Online-Profil:Schaut, was ich kann!

Online-Profil: Nicht jeder hat Lust, sein Facebook-Profil auf Hochglanz zu trimmen. Zweifelhafte Fotos vom letzten Junggesellinnenabschied sollte man aber löschen.

Nicht jeder hat Lust, sein Facebook-Profil auf Hochglanz zu trimmen. Zweifelhafte Fotos vom letzten Junggesellinnenabschied sollte man aber löschen.

(Foto: imago stock&people)

Wer im Job erfolgreich sein will, muss zunehmend Werbung in eigener Sache machen. Dazu gehört insbesondere ein schlüssiger digitaler Auftritt.

Von Anne-Ev Ustorf

Beim Thema Selbstvermarktung in den sozialen Medien haben die meisten Deutschen noch ordentlich etwas nachzuholen. Xing-Profil? Liegt schon lange brach, Passwort vergessen. Linkedin? Die acht Kontakte kommen dem sozialen Tod verdächtig nahe. Instagram müsste man sich überhaupt mal genauer angucken. Im internationalen Vergleich sind die Deutschen Social-Media-Muffel.

Fast 90 Prozent sind zwar täglich online und surfen oder shoppen, aber nur 56 Prozent der Bundesbürger nutzen regelmäßig soziale Medien - und dann meist Whatsapp oder Facebook, ermittelte das EU-Statistikamt Eurostat in einem EU-Vergleich. Die Ungarn sind da weitaus aktiver: Mit 83 Prozent sind sie SocialMedia-Spitzenreiter in der EU. Knapp dahinter folgen die Malteser mit 82 Prozent und die Belgier mit 80 Prozent. Der EU-Schnitt liegt bei 63 Prozent.

In Zukunft wird der eine oder andere Deutsche vielleicht umdenken müssen. Denn im Zuge der Digitalisierung verändert sich der Arbeitsmarkt und damit die Stellensuche. Menschen werden sich zunehmend statt um Arbeitsplätze um individuelle Aufträge bewerben müssen, ergab eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe im Auftrag der Vodafone-Stiftung.

Die Forscher rechnen damit, dass die relativ rigide Berufsstruktur in Deutschland in absehbarer Zukunft aufweicht und Arbeitnehmer mehr zwischen den Branchen wechseln werden. Denn die digitale Wirtschaft macht es möglich, dass Abläufe in immer kleinere Arbeitsschritte unterteilt und leichter ausgelagert werden können. Arbeitnehmer werden künftig also vermutlich seltener sozialversicherungspflichtig angestellt sein und stattdessen häufiger an wechselnden Projekten arbeiten.

Einerseits steigen dadurch die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten, andererseits aber auch Unsicherheit und Konkurrenzdruck. Denn in der Arbeitswelt 2.0 müssen Berufstätige immer wieder Einzelaufträge ergattern - in der Wissenschaft, im Handwerk, im Gesundheitswesen, sogar im pädagogischen Bereich.

"Wir können die Zukunft zwar nicht vorhersagen", sagt Simone Kimpeler, Studienleiterin des Karlsruher Fraunhofer-Instituts, "aber wir sehen zwei Entwicklungen, die mit großer Sicherheit das Berufsleben in den nächsten Jahren massiv beeinflussen werden: das Selbstmarketing wird wichtiger, und die Grenzen zwischen den Branchen verschwimmen."

Ein professioneller Internetauftritt wird wichtiger

Um auf dem flexiblen Arbeitsmarkt der Zukunft gut mithalten zu können und für neue Auftraggeber sichtbar zu sein, wird der Fähigkeit zum digitalen Selbstmarketing eine Schlüsselrolle zukommen. Denn Auftraggeber und Auftragnehmer werden aller Voraussicht nach in erster Linie über die sozialen Medien zusammenfinden. Sie werden entweder anhand ihrer Internetprofile identifiziert oder sogar mittels intelligenter Algorithmen - wie Jobclipr, Skjlls, Talentsconnect oder Truffls - vollautomatisch gematcht.

Umso wichtiger wird es also, einen professionellen Internetauftritt hinzulegen, der vernetzt ist mit den wichtigsten Accounts, Portalen und Netzwerken, um eben eine schlüssige digitale Identität zu haben. Der freiberufliche Physiotherapeut sollte in Zukunft also nicht nur über eine eigene Homepage mit seinen wichtigsten Kompetenzen und beruflichen Stationen zu finden sein, sondern zugleich auf Xing, Linkedin, Facebook und Instagram sowie den relevantesten Job-Portalen, um dort ein stimmiges Netzwerk zu präsentieren und eine maximale Reichweite zu erlangen.

"Was mit analogen Mitteln nur schwerlich möglich ist, wird durch die neuen digitalen Kanäle einfacher und um ein Vielfaches schneller", sagt Holger Ahrens von der Hamburger Beratungsfirma "Die Profiloptimierer". Er rät: "Teilen Sie Informationen im Netzwerk und verbinden Sie sich vorausschauend und bewusst mit Kunden, Kollegen, Lieferanten und Organisationen." Auch Arbeitgeber profitierten von dem größer werdenden Fundus an Bewerbern, die man nicht nur nach klassischem Lebenslauf, sondern auch nach Aktivitäten im Zusammenspiel mit anderen erleben kann, so Ahrens.

Haben wir keine andere Wahl, als künftig zu unserer eigenen digitalen Marke zu werden? Es sieht ganz so aus. Randi Zuckerberg, die Schwester von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, pries bereits vor acht Jahren in einem Interview mit der ZDF-Sendung "Elektrischer Reporter" die Möglichkeit, dass jeder Mensch mithilfe von Diensten wie Facebook eine eigene öffentliche Marke werden könne.

Doch die Eigen-PR im Netz birgt auch Gefahren. Nicht nur Sicherheitslücken, Phishing, Identitätsdiebstahl mögen den Weg zum nächsten Auftrag verbauen, auch mangelhafte digitale Fähigkeiten oder sorglose Profilpflege (Katzen-Fotos, verwackelte Videos, alkoholreicher Junggesellenabschied) können dazu führen, dass man seine Chancen verspielt. Schließlich recherchieren die meisten Personalabteilungen längst online, viele Recruiter und Headhunter konzentrieren sich ausschließlich auf die Onlinesuche in Business-Portalen mittels spezieller Recherche-Accounts.

Klingt alles anstrengend und bedrohlich? Es sollte trotzdem kein Grund sein, den Kopf in den Sand stecken. Denn die Digitalisierung vernichtet nicht nur Jobs, sondern schafft auch neue Berufsbilder. Wie den Social-Media-Berater oder den Reputationsexperten. Ein Anruf, eine Beratung - und schon stimmt das Profil.

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