OECD-Studie:Deutschland ganz unten

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Wie ist es um die Geschlechtergerechtigkeit in den Industrienationen bestellt? Um sich die Grafik anschauen zu können, klicken Sie auf das Bild. (Foto: SZ-Grafik: Quelle: OECD)

Beim Kinderkriegen, bei der Gleichberechtigung, bei der Rentengerechtigkeit: Im Vergleich mit anderen OECD-Ländern landet Deutschland regelmäßig am unteren Ende der Statistik. Wirtschaftlich scheint Deutschland ein Musterschüler zu sein, in Sachen Sozialkompetenz jedoch ein Komplettversager.

von Ulrike Heidenreich

Es kann kein Zufall sein, dass Deutschland in diesen Tagen konsequent auf den letzten Plätzen landet, wenn soziale Studien den Vergleich zu anderen Ländern anstellen. Wirtschaftlich scheint Deutschland ein Musterschüler, in Sachen Sozialkompetenz jedoch ein Komplettversager zu sein.

Unter 34 OECD-Ländern liegt Deutschland auf dem drittschlechtesten Rang, was das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen betrifft, so eine neue Studie der Organisation. Bei den Einkommen beträgt die Gehaltslücke durchschnittlich 22 Prozent - das ist eine bittere Erkenntnis. Richtig finster sieht es dann beim Rentengefälle zwischen Mann und Frau aus. Hier liegt Deutschland in der Statistik auf dem allerletzten Platz.

Es ist kein Zufall, dass in diversen Studien zur ökonomischen und sozialen Lage der Geschlechter fast identische Gründe für Deutschlands Dasein am unteren Ende der Skala angegeben werden. Die OECD benennt ausdrücklich den Mangel an qualifizierter, liebevoller und bezahlbarer Kinderbetreuung (der die Frauen in schlechter bezahlte Teilzeitjobs treibt) sowie die fehlende Gleichstellung der Geschlechter - exakt so argumentiert auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in seiner soeben veröffentlichten Untersuchung zur konstant niedrigen Geburtenrate.

Es sind simple Fakten und drastische Folgen aus ihnen, die zu diesen selben Schlüssen führen. So leben zehn Prozent der Frauen hierzulande mittlerweile in Altersarmut. Die niedrigen Renten und die niedrigen Gehälter sind laut der OECD-Studie ganz klar eine Folge der stetig hohen Teilzeitquote. Denn 62 Prozent der Frauen arbeiten der Kinder wegen nicht mit voller Kraft; angesichts fehlender Kita-Plätze können sie sich das nicht erlauben.

Ein Hin und Her

Weil sich die Gesellschaft verändert hat und die Scheidungsraten steigen, können diese Frauen aber im Unterschied zu früher auch nicht mehr damit rechnen, im Alter vom Partner finanziell mitgezogen zu werden. Dankbarkeit, weil sie ihm immer so schön den Rücken für die Erfüllung im Beruf frei gehalten haben? Von wegen.

Und so geht es weiter: In diesen unsicheren Zeiten werden zwar die größten Rechenfehler des neuen Unterhaltsrechts ausgebessert, aber doch allzu zaghaft. In diesen ungerechten Zeiten lavieren die Unionspolitiker um eine bessere Sicherung der Mütter im Alter herum. Angesichts der internationalen Vergleichszahlen erscheint diese Zögerlichkeit fast schon weltfremd.

Auf dem CDU-Parteitag noch versprochen, jetzt schon gebrochen, von der Kanzlerin dann wieder anvisiert - es ist ein Hin und Her. Mag sein, dass die Zweifel des Bundesfinanzministers an der Realisierung höherer Mütterrenten nicht unbegründet sind. Aber sie zeigen auch: Soziale Gerechtigkeit hat keine Priorität.

Die OECD sieht zwar nun das Land auf einem richtigen Weg, weil Elterngeld und Vätermonate eingeführt wurden. Dies ist aber nur ein kleiner Fortschritt. Beim Kinderkriegen, bei der Gleichberechtigung, bei der Rentengerechtigkeit: Noch ist Deutschland ganz unten.

© SZ vom 18.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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