Neuorientierung:Es geht weiter

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Hilfestellung beim Blick in die Zukunft: Manche Berater geben sogar eine Art Jobgarantie: Sie beraten so lange, bis der Klient eine neue Stelle gefunden hat.

(Foto: Westend61/imago)

Kündigung, Abfindung - und dann noch eine Outplacementberatung? Früher meist als nette Geste gegenüber Topmanagern gedacht, spendieren heute manche Firmen ganzen Abteilungen Hilfe bei der Neuorientierung.

Von Sigrid Rautenberg

Zwei Kündigungswellen hatte Beate Weber ausgesessen. Doch als im Unternehmen erneut Listen mit potenziellen "Gehern" kursierten, reichte es ihr. Die Betriebswirtin empfand das Klima als so unangenehm, dass sie freiwillig das Gespräch mit dem Personalchef suchte und einen Aufhebungsvertrag aushandelte. Neben einer großzügigen Abfindung finanzierte ihr langjähriger Arbeitgeber der 53-Jährigen, die in Wirklichkeit einen anderen Namen trägt, auch eine sogenannte Outplacementberatung. Für Weber ein Glücksfall, auch wenn sie noch immer keinen neuen Job hat.

In einer Outplacementberatung arbeitet der Gekündigte seine persönlichen Stärken und Ziele heraus, feilt am Lebenslauf, sondiert den Arbeitsmarkt und entwickelt Ansprachestrategien. Ganz wichtig ist die psychologische Unterstützung. Denn mit dem Jobverlust geht für viele ein schmerzlicher Statusverlust einher. Manche Beratungsfirmen geben bei unbefristeten Outplacements sogar eine Art Jobgarantie. Sie beraten so lange, bis ihr Kunde eine neue Beschäftigung aufgenommen hat.

Es sind vor allem Fach- und Führungskräfte, die nach ihrer "Freisetzung" von einem Outplacementberater betreut werden. Doch nicht nur die: Bei anstehenden Massenentlassungen großer Firmen verlangt oft der Betriebsrat für Tarifmitarbeiter entsprechende Auffangmaßnahmen. Gibt es die Vereinbarung, nicht betriebsbedingt zu kündigen, wird es für Unternehmen ansonsten schwierig, über Wege wie Altersteilzeit hinaus Stellen abzubauen.

Der Energiekonzern Vattenfall beispielsweise finanziert derzeit seinen Mitarbeitern im Kundenservicecenter, dessen Schließung bevorsteht, unbefristete Einzel-Outplacements. Vorausgesetzt, sie haben zuvor ihren Arbeitsvertrag aufgelöst. Auch wenn im Insolvenzfall sogar das Arbeitsamt die Kosten für Gruppen-Outplacements übernimmt - die Lieblingskunden der Berater sind hoch bezahlte Manager. Für sie legt das trennungswillige Unternehmen eine fünfstellige Summe auf den Tisch, zwischen zehn und 20 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens. Damit will der Arbeitgeber natürlich auch verhindern, seinen ehemaligen Mitarbeiter vor Gericht wiederzusehen.

"Nur, weil es beruflich nicht mehr passt, will ich ja nicht den Lebensweg des Mitarbeiters zerstören."

David Lenck (Name geändert) ist Geschäftsführer einer mittelständischen Softwarefirma und hat in den letzten Jahren acht Mitarbeitern gekündigt. Alles keine Topmanager, sondern Fachleute mit Jahreseinkommen von rund 60 000 Euro. Deren Profile, so Lenck, hatten nicht mehr zu den veränderten Anforderungen gepasst. Im Kündigungsgespräch bot er neben der Abfindung auch Outplacement an. Ihm ist Fairness wichtig, das wollte er auch der verbleibenden Belegschaft signalisieren.

"Nur, weil es beruflich nicht mehr passt, will ich ja nicht den Lebensweg des Mitarbeiters zerstören", sagt Lenck. Das Vorgehen hat sich ausgezahlt. Ihren alten Kollegen gegenüber äußerten sich die Betroffenen später sogar positiv über die faire Behandlung. Einen neuen Job hatten sie da schon längst gefunden. "Manchmal passt es woanders einfach besser", findet er.

Das gilt vielleicht auch für Claudia Michalski. Die Medienmanagerin war zuletzt Geschäftsführerin der Verlagsgruppe Handelsblatt und hat selbst etwa 120 Mitarbeiter entlassen, unterstützt durch Outplacementberater. "Irgendwann wollte ich auf die andere Seite, die Gute sein", sagt sie. Anfang 2016 wurde sie Mehrheitsgesellschafterin bei der Outplacementberatung OMC in Berlin. Viele ihrer Kunden kommen aus der Medienbranche, aber auch Banken oder die Energiewirtschaft bauen derzeit massiv Personal ab.

Für wen genau sie arbeitet, darüber schweigt Michalski. Ihre Auftraggeber wollen nicht im Zusammenhang mit Entlassungen genannt werden. Aber auch die meisten Kunden möchten selbst nach erfolgreichem Neustart nicht öffentlich machen, dass sie Hilfe in Anspruch genommen haben. Durchschnittlich dauert die Neupositionierung sechseinhalb Monate, so Michalski. Je höher die vorherige Position, desto länger. "Jobs auf dem Silbertablett können wir allerdings nicht bieten. Wir vermitteln ja keine Stellen."

Auch bei Katharina Benthof (Name geändert) knirschte es im Unternehmen. Sie beschloss, sich neu zu orientieren, und kündigte. Die 45-Jährige suchte von sich aus Unterstützung bei einer Outplacementberatung. Befreundete Personaler hatten ihr dazu geraten. Ihr Arbeitgeber, eine Bank, übernahm 15 000 Euro, 8000 Euro bezahlte die Managerin aus eigener Tasche. Seit ihrer Ausbildung hatte sie bei Banken gearbeitet und Karriere gemacht. Nun schien ausgerechnet der geradlinige Weg den Wechsel in eine andere Branche zu erschweren. Also überarbeitete sie gemeinsam mit der Beraterin den Lebenslauf, um auch für Branchenfremde ihre Stärken, die wichtigsten Stationen und Erfolge darzulegen. "Außerdem haben wir analysiert, welche Kompetenzen der Markt braucht", sagt Benthof. "Und ich habe mein Bewusstsein für die eigenen Werte geschärft. Familienfreundlichkeit ist mir wichtiger als ein Kickertisch, so schied beispielsweise die New Economy als Arbeitgeber aus." Statt unzähliger Standardbewerbungen verschickte sie ihre Unterlagen sehr gezielt. Bereits nach sechs Wochen unterschrieb sie ihren neuen Arbeitsvertrag. "Vielleicht hätte das auch ohne Outplacement geklappt", sagt die Ex-Bankerin, "letztlich verkauft einem die Beratung aber auch Rückhalt und Beständigkeit. Etwas, das heute in der Gesellschaft selten ist."

Auch Beate Weber, die Betriebswirtin, ist zufrieden mit ihrer Beratung. Anfangs war es vor allem psychologische Unterstützung, "um das Loslassen einzutüten". Nun trifft sie die Beraterin nur noch alle zwei Monate und bereitet den beruflichen Neuanfang vor: Sie beginnt eine Ausbildung zur Dozentin in der Erwachsenenbildung.

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