Süddeutsche Zeitung

Neues Gesetz:Zuwanderer dürfen ihre Abschlüsse künftig prüfen lassen

Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland ist neu geregelt. Zuwanderer können die Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung künftig offiziell prüfen lassen. Das neue Gesetz räumt mit einigen Absurditäten auf, die SPD hält die Regeln dennoch nicht für ausreichend.

Roland Preuß

Nach jahrelangem Streit wird die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland neu geregelt. Der Bundesrat stimmte am Freitag einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung gegen den Widerstand SPD-geführter Länder zu. Damit erhalten Bürger, die im Ausland einen Berufsabschluss erworben haben, erstmals das Recht, ihre Ausbildung auf Gleichwertigkeit mit deutschen Abschlüssen prüfen zu lassen. Bislang bemühten sich vor allem Zuwanderer vergeblich um eine Anerkennung ihrer Zeugnisse und konnten deshalb oft nicht in ihren erlernten Berufen arbeiten. Nach Schätzungen des Bundesbildungsministeriums könnten 300.000 Menschen von der Neuregelung zum 1. März 2012 profitieren.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte, das Gesetz sei "Voraussetzung für eine echte Integration". Es zeige Menschen mit ausländischen Abschlüssen, "dass wir ihnen Respekt für ihre Lebensleistung zollen und dass ihre Qualifikationen in Deutschland gebraucht und wertgeschätzt werden". Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sprach von einem "gewaltigen Schub" für die Integration. Die Entscheidung sei zudem ein "deutliches Willkommenssignal an zugewanderte Fachkräfte und Akademiker". Die Bundesregierung erhofft sich durch die neuen Anerkennungsmöglichkeiten einen wichtigen Beitrag zur Linderung des Fachkräftemangels vieler Unternehmen.

Die SPD hatte zwar ebenfalls seit langem auf ein Anerkennungsgesetz gedrungen, hält die neuen Regeln jedoch für nicht ausreichend. Die SPD-geführten Länder Hamburg und Bremen fanden mit ihrem Änderungsantrag im Bundesrat jedoch keine Mehrheit. Der Hamburger Senator für Arbeit, Detlef Scheele (SPD), sagte der Süddeutschen Zeitung, dem Gesetz fehle eine klare Regelung für die Nachqualifizierung von Menschen, denen Teile für einen vollwertigen Berufsabschluss fehlen. "Was nützt es dem serbischen KfZ-Mechaniker, wenn er zwar weiß, was er nachholen muss, dies aber nicht nachholen kann", sagte Scheele. Hier müsse der Staat unterstützen. Zudem seien zentrale Beratungsstellen nötig, die den Antragsteller "durch den Behörden-Dschungel führen".

Das neue Gesetz räumt mit einigen Absurditäten auf. So kann ein türkischer Industriemechaniker bisher seine ausländische Qualifikation nicht daraufhin prüfen lassen, inwiefern sie deutschen Standards entspricht. Solche Menschen gelten als Unqualifizierte und landen oft in der Arbeitslosigkeit. Nun wird es in etwa 350 Ausbildungsberufen einen Rechtsanspruch auf Bewertung binnen drei Monaten geben. Auch die Staatsangehörigkeit soll künftig keine Rolle mehr spielen. Bisher wurde ein Arzt nur zugelassen, wenn er deutscher oder EU-Bürger war, selbst mit deutschem Uni-Abschluss. Dies führte zu den viel zitierten Beispielen ausländischer Ärzte, die etwa Taxi fahren.

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SZ vom 05.11.2011/tina
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