Neue DAAD-Präsidentin Sabine Kunst:Mehr Studenten ins Ausland!

Sie hat drei Studienabschlüsse, zwei Doktortitel, eine Professur und ganz viele Visionen. Sabine Kunst ist neue Präsidentin des Akademischen Austauschdienstes.

Tanjev Schultz

Wenn man aus dem kleinen Wesselburen kommt, ist die große weite Welt nicht so fern, wie es klingt. Der Ort liegt an der Nordsee in Schleswig-Holstein, als Kind hatte Sabine Kunst die Weite des Meeres stets vor Augen. Später, als Wissenschaftlerin, ist sie viel herumgekommen, sie arbeitete in China, Südafrika und Lateinamerika. Seit diesem Mittwoch steht Sabine Kunst nun passenderweise an der Spitze des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Der DAAD ist die weltweit größte Organisation für den internationalen Austausch von Forschern und Studenten.

Sabine Kunst wird neue Praesidentin des DAAD

Sabine Kunst wird neue Präsidentin des DAAD. Sie hat in ihrer Karriere mehr gesehen als nur Bibliotheken von innen.

(Foto: ddp)

Vertreter von mehr als 200 Hochschulen, die Mitglied im DAAD sind, wählten Sabine Kunst in Bonn zur neuen Präsidentin. Ihr Vorgänger Stefan Hormuth ist Anfang des Jahres gestorben. In der Hochschulszene wirbelt Sabine Kunst schon lange erfolgreich herum. Seit drei Jahren ist die 55-Jährige mit dem fransigen Kurzhaarschnitt Präsidentin der Uni Potsdam, in dieser Zeit hat die Hochschule bundesweit an Reputation gewonnen.

So soll es weitergehen; der Job beim DAAD ist ehrenamtlich, und Sabine Kunst ist es gewohnt, verschiedene Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Sie studierte Biologie und Politikwissenschaft, sattelte Wasserbauwesen drauf und erwarb zwei Doktortitel, einen als Ingenieurin und einen als Sozialwissenschaftlerin. Später wurde sie in Hannover Professorin.

Bei den Ingenieuren war Sabine Kunst die einzige Doktorandin unter einem Dutzend Männern, ihr Thema waren Biogasanlagen, die sie im chinesischen Guangzhou in Betrieb nahm. In den achtziger Jahren arbeitete sie für die GTZ, die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, in Bolivien und Peru. Noch heute hat sie die Bilder im Kopf von den schmutzigen Gewässern in La Paz. "Wie kann man hier Salat essen?", hat sich Kunst damals gefragt und als Ingenieurin mitgeholfen, die Flüsse zu reinigen.

Sabine Kunst kann die Ärmel hochkrempeln, sie hat Freude am Philosophieren, aber sie hat mehr gesehen als Bibliotheken und Hörsäle ohne Fenster. Ihren norddeutschen Akzent hat sie sich bewahrt, und dieses Andenken aus Wesselburen kann die Mutter von drei Kindern nun auf die Reisen für den DAAD mitnehmen.

Der DAAD hat einen diplomatischen und entwicklungspolitischen Auftrag, seine Arbeit erschöpft sich nicht im akademischen Jetset. Sein Geld erhält er überwiegend vom Auswärtigen Amt. Derzeit fördert der DAAD jährlich mehr als 55.000 Deutsche und Ausländer. Es gibt Programme für Studenten, Doktoranden und ältere Forscher, für Praktika und Auslandssemester und sogar für den Aufbau ganzer Institute. Bei ihrem Lebenslauf ist klar, dass Sabine Kunst den akademischen Austausch nicht auf Europa und die USA verengen will: "Mir ist sehr wichtig, das Potential zu nutzen, das es in den sich entwickelnden Ländern gibt."

Als Präsidentin wird sie natürlich dafür kämpfen, dass der DAAD generell noch stärker wird. Mittelfristig, sagt sie, sollte jeder zweite deutsche Student für ein oder zwei Semester ins Ausland gehen. Derzeit schafft das nicht einmal jeder dritte.

Wenn man Sabine Kunst fragt, was sie sich für den DAAD wünscht, zeigt sich auch, dass sie nicht umsonst Politik studiert und Erfahrungen in der Leitung einer Universität gesammelt hat. Ihre Antwort ist kurz, klar und unverblümt: mehr Geld.

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