Süddeutsche Zeitung

Nebenjob:Die Feierabend-Chefs

Lesezeit: 3 min

Abgaben, Beiträge, Versicherungen: Was zu beachten ist, wenn man sich im Nebenjob selbstständig macht.

Thomas Hammer

Wer den Sprung in die Selbstständigkeit wagt, muss nicht alles auf eine Karte setzen. Vom Online-Shop bis zur freiberuflichen Dienstleistung lassen sich viele Formen der Existenzgründung im Nebenjob ausprobieren. Je nach Branche und Einkommen muss man aber mit unterschiedlichen Aufwendungen kalkulieren.

Das nebenberufliche Unternehmertum kann so manchen Vorteil bringen: Das sichere Haupteinkommen als Angestellter mindert das finanzielle Risiko, oder der Start in die Selbstständigkeit kann flexibel und mit reduziertem Zeitaufwand während des Studiums oder der beruflichen Baby- und Erziehungspause erfolgen. "Über die Hälfte der Unternehmensgründungen erfolgt zunächst im Nebenerwerb", berichtet die staatliche Förderbank KfW in ihrem Gründungsmonitor. Existenzgründer sollten jedoch die Regeln bezüglich Steuern, Recht und Sozialabgaben kennen.

Zustimmung des Arbeitgebers: Wer einen Nebenjob beginnt, muss dies dem Arbeitgeber melden - das gilt auch für die nebenberufliche Selbstständigkeit. Allerdings darf dies der Arbeitgeber nur verbieten, wenn er einen triftigen Grund vorweisen kann. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn der Angestellte seinem Chef nach Feierabend Konkurrenz macht oder wenn durch zu viele Wochenstunden die Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt wird.

Gewerbeanmeldung: Wer eine gewerbliche Tätigkeit aufnimmt, muss dies beim örtlichen Gewerbeamt anmelden. Das gilt auch dann, wenn die Selbstständigkeit nur nebenberuflich ausgeübt wird. Das kostet etwa 20 bis 50 Euro. Das Amt informiert dann weitere Behörden wie Finanzamt, Berufsgenossenschaft und IHK über die Gründung. Im Jahr der Existenzgründung und im Folgejahr muss generell kein IHK-Beitrag gezahlt werden. Dauerhaft vom IHK-Beitrag befreit sind Gewerbetreibende, die weder im Handels- noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind und deren jährlicher Gewerbeertrag 5200 Euro nicht übersteigt.

Manche Berufe werden nicht als Gewerbe, sondern als freiberufliche Tätigkeit eingestuft. Dann besteht weder die Pflicht der gewerblichen Anmeldung noch die Zwangsmitgliedschaft in der IHK bei höheren Umsätzen. Allerdings werden nur solche Berufe als freie Berufe anerkannt, bei denen der Gewinn durch die persönliche Leistung und besondere Qualifikation erzielt wird. Dazu zählen die sogenannten "Katalogberufe" wie Heilberufe, Anwälte, Steuerberater, Ingenieure, Lehrberufe und Künstler sowie ähnliche Tätigkeiten.

Dabei ist jedoch nicht allein die Ausbildung, sondern vor allem die ausgeübte Tätigkeit entscheidend. Wenn beispielsweise ein Grafiker ausschließlich kreative Leistungen für Agenturen oder Unternehmen erbringt, ist er Freiberufler. Gründet er hingegen eine Ein-Mann-Werbeagentur und bietet seinen Kunden die komplette Produktion von Werbemitteln - vor allem auch außerhalb seines angestammten Metiers - an, handelt es sich um einen Gewerbebetrieb.

Besonderheiten gelten bei der Selbstständigkeit in Handwerksberufen. In der Regel zieht auch die nebenberufliche Existenzgründung die Mitgliedschaft in der Handwerkskammer mit sich. Außerdem müssen die Gründer einen Meisterbrief vorweisen, wenn sie sich nicht in einem der sogenannten "zulassungsfreien" Handwerksberufe selbstständig machen.

Berufsgenossenschaft: Vorrangig ist die Berufsgenossenschaft für die Unfallversicherung der Arbeitnehmer zuständig, die jedoch bei der nebenberuflichen Selbstständigkeit meist nicht vorhanden sind. In den meisten Branchen besteht für den Unternehmer selbst keine Pflicht zur Mitgliedschaft.

Sozialversicherung: Wer sein Mini-Unternehmen im Nebenjob führt, ist in aller Regel bereits sozialversichert - entweder als Arbeitnehmer im Hauptberuf, als Student bei den Eltern oder als ansonsten nicht berufstätiger Ehepartner beim Ehemann oder bei der Ehefrau.

Wer seinen Hauptberuf als Arbeitnehmer ausübt, über seinen Arbeitgeber sozialversichert ist und sich nebenher als Selbstständiger noch etwas hinzuverdient, muss in der Regel mit keinen zusätzlichen Beiträgen für die Krankenversicherung rechnen. Eine Beitragspflicht bei der Krankenkasse kann hingegen entstehen, wenn eine zusätzliche Arbeitskraft mit mehr als 400 Euro Monatslohn eingestellt wird. Eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es für neben- und hauptberuflich Selbstständige nur in Ausnahmefällen.

Für diejenigen, die eine Mini-Selbstständigkeit starten und als nicht berufstätige Ehepartner über den Ehemann oder die Ehefrau beitragsfrei krankenversichert sind, gilt die 345-Euro-Grenze: Wenn das monatliche Einkommen diesen Betrag nicht übersteigt, bleibt die beitragsfreie Mitversicherung bestehen. Ansonsten ist eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Abschluss einer Privatversicherung erforderlich. Die gleichen Regeln gelten auch für Studenten.

Steuern: Zu versteuern ist der Gewinn, der nach Abzug der entstandenen Kosten und Abschreibungen übrig bleibt. Liegt dieser bei weniger als 30.000 Euro pro Jahr, darf eine vereinfachte Buchführung in Form der Einnahme-Überschuss-Rechnung vorgelegt werden. Für die Einnahmen und Ausgaben sollte auf jeden Fall ein extra Bankkonto eingerichtet werden. Als Kosten können auch Gründungskosten verbucht werden, die vor den ersten Umsätzen angefallen sind. Daher kann in der Startphase ein Verlust steuermindernd wirken - allerdings nicht unbegrenzt lange: Wenn nach ein paar Jahren nicht die Gewinnzone erreicht wird, erkennt das Finanzamt die Verluste nicht mehr an.

Bei der Umsatzsteuer gibt es bis zu einem Jahresumsatz von 17.500 Euro ein Wahlrecht: Der Unternehmer kann entweder auf die Umsatzsteuer verzichten oder auf seine Leistungen Umsatzsteuer verlangen. Im letzteren Fall darf er bei allen Anschaffungen die gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen. Bei höherem Umsatz gibt es eine generelle Umsatzsteuerpflicht.

Die Gewerbesteuer ist für Feierabend-Unternehmer eher ein theoretisches Thema. Hier gibt es nämlich einen Freibetrag von 24 500 Euro pro Jahr. Wenn der Jahresgewinn niedriger ist, wird keine Gewerbesteuer fällig. Unabhängig vom Gewinn müssen Freiberufler keine Gewerbesteuer zahlen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.493959
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 9.5.2006
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.