Nationaler Bildungstest:Bayern hui, Bremen pfui

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Der Süden liegt beim Schulvergleich vorne. Doch auch dort bestimmt vor allem die soziale Herkunft über den Bildungsgrad. In Bayern sind die Chancen besonders ungleich verteilt.

Tanjev Schultz

Die Bildungschancen sind in Deutschland höchst ungleich verteilt. Ein nationaler Schultest zeigt ein starkes Leistungsgefälle zwischen und auch in den Bundesländern. Die Aussicht eines Kindes, ein Gymnasium zu besuchen, hängt noch immer sehr stark von der sozialen Herkunft ab. Selbst bei gleichen Deutsch-Leseleistungen ist die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, für Arbeiterkinder 4,5 Mal geringer als für ein Kind von Akademikern.

Die soziale Kluft an den Schulen ist einer neuesten Studie zufolge noch immer hoch. (Foto: ddp)

Bayern und Baden-Württemberg bilden laut der Studie die Spitzengruppe bei den Deutsch- und Englisch-Leistungen. Dafür haben Arbeiterkinder im Süden die geringsten Aussichten, auf ein Gymnasium zu kommen. In Bayern sind für sie die Chancen 6,6 Mal geringer als die eines Kindes wohlhabender Akademiker. Das ist bundesweit der schlechteste Wert. In Baden-Württemberg sind die Chancen kaum besser (6,5 Mal geringer) .

In Berlin ist der Zugang zum Gymnasium zwar offener, dafür schlägt sich in der Hauptstadt die soziale Herkunft überdurchschnittlich stark in den fachlichen Leistungen der Schüler nieder.

"Chancengleichheit bleibt im deutschen Schulsystem ein Fremdwort", kritisierte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Auch fast zehn Jahre nach der ersten internationalen Pisa-Schulstudie der OECD gebe es noch keine echten Verbesserungen im deutschen Schulsystem.

Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Bayerns Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU), gestand am Mittwoch nach der offiziellen Präsentation der Ergebnisse ein, die "Teilhabegerechtigkeit" müsse noch verbessert werden. Spaenle verwies allerdings darauf, dass auch außerhalb des Gymnasiums die Hochschulreife erworben werden könne, etwa an den Fachoberschulen. Sehr viele Jugendliche würden diesen Weg gehen, ohne dass dies in der neuen Studie sichtbar werde.

Die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen (SPD) betonte, es bleibe im Schulsystem eine große Herausforderung, Leistungsfähigkeit und soziale Gerechtigkeit in Einklang zu bringen.

In Bremen und Berlin ist der Anteil leistungsschwacher Schüler besonders hoch. In beiden Städten gibt es auf der anderen Seite durchaus Leistungsspitze Schüler an den Gymnasien mit sehr guten Leistungen, die problemlos mit den Jugendlichen im Süden mithalten können.

Bremen, Berlin, Brandenburg und Hamburg haben im Fach Deutsch am schlechtesten abgeschnitten. In Englisch liegen außer Bremen auch Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern hinten. Für den neuen Schultest wurden etwa 40.000 Neuntklässler an mehr als 1400 Schulen geprüft. Federführend war das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen an der Humboldt-Universität in Berlin, das von den Kultusministern nach den ernüchternden ersten Pisa-Studien gegründet worden war. Der Test ersetzt die Bundesländer-Rankings bei den Pisa-Studien und soll die neuen bundesweiten Bildungsstandards überprüfen. In den kommenden Jahren werden auch Mathematik und die Naturwissenschaften sowie die Leistungen der Grundschüler getestet.

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