Musterbrecher:Erfolg durch Anderssein

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Mehr Mut zu neuem Denken: Warum es gut ist, manchmal Muster zu durchbrechen.

Führung braucht keine neuen Methoden, sondern neues Denken. Davon ist Stefan Kaduk, promovierter Betriebswirt, Unternehmensberater und Dozent an der Universität der Bundeswehr in München, überzeugt. Er ist Mitautor des im Gabler-Verlag erschienenen Wirtschaftsbuchs ,,Musterbrecher - Führung neu leben''.

Musterbrecher brauchen "einen leisen Mut, der nichts mit Draufgängertum zu tun hat", sagt Stefan Kaduk. (Foto: Foto: iStockphoto)

SZ: Was haben Sie gegen Normen und Standards?

Kaduk: Gar nichts. Normen und Standards sind hilfreich. Doch es wird dann kritisch, wenn wir auch die Menschen in den Unternehmen normieren und nur noch Defizit-Schablonen anlegen.

SZ: Die Welt verändert sich schnell, aber in der Unternehmensführung tut sich nicht viel - schreiben Sie in Ihrem Buch. Warum bleiben Manager in ihren Denk- und Handlungsmustern gefangen?

Kaduk: Wir sind alle mit bestimmten Denkmustern sozialisiert worden. Nehmen wir das vertraute Bild vom Vorstand als Kapitän, der das Unternehmen durch die unsichere See steuert. Eine reizvolle Metapher, doch leider ein großer Mythos: Kann man ernsthaft glauben, dass ein einzelner Mensch einen Konzern lenkt?

SZ: Warum denken wir das dann?

Kaduk: Wir hängen immer noch der Vorstellung an, komplexe Systeme würden rational gesteuert. Es ist aber aus der Forschung seit langem bekannt, dass wir erst handeln und nachträglich eine Begründung finden. Häufig mangelt es auch an einer Experimentierkultur, am Mut, alternative Führungsmuster auszuprobieren. Damit tut man sich schwer, weil man sich exponiert und nicht mehr auf die Standard-Logik verweisen kann.

SZ: Management-Methoden wechseln: Mal ist Freiheit angesagt, mal straffe Führung, mal soll man den Mitarbeitern vertrauen, dann wieder stärker kontrollieren. Wonach soll man sich richten?

Kaduk: Am allerwenigsten nach immer neuen Methoden und Rezepten. Es gibt keinen Masterplan für gute Führung. Auch situativ angepasste Führungsstile halte ich für problematisch. Für mich liegt der Schlüssel in der Paradoxie. Konkret heißt das etwa: Mitarbeiter steuern?! Ja, aber in dem Bewusstsein, dass man im Grunde nicht steuern kann.

Ein gutes Beispiel ist das Orpheus Chamber Orchestra in New York. Es arbeitet konsequent ohne Dirigenten und ist trotzdem seit 1973 hochgradig erfolgreich. Hier wird sehr wohl gesteuert, nur eben nicht zentral, sondern selbstorganisiert und in permanenter Abstimmung.

SZ: Woran sollen sich Mitarbeiter festhalten, wenn ihre Vorgesetzten keine gerade Richtung erkennen lassen?

Kaduk: Sowohl-als-auch-Führung, wie ich es nenne, ist weder sprunghaft noch beliebig. Ganz im Gegenteil: Ich halte es für äußerst berechenbar und ehrlich, Gefühle zuzulassen. Das ist geradliniger, als an Rationalitäts-Fassaden zu basteln - und hat dennoch nichts mit gefühlsduseliger Irrationalität zu tun.

SZ: Ist man schon ein Musterbrecher, wenn man etwas ganz anderes tut, als von einem erwartet wird?

Kaduk: Keineswegs! Es geht nicht um oberflächliches Anderssein. Ein Musterbrecher hat es nicht nötig, das Hemd verkehrt herum anzuziehen. Musterbrechen ist eine Frage der Haltung. Es beginnt mit verbindlicher Reflexion des eigenen Tuns. Damit ist mehr gemeint als das Nachdenken über das Business - das ist Alltag. Hinzu kommt ein leiser Mut, der nichts mit Draufgängertum zu tun hat. Es geht um den Aufbau echter Beziehungen: zu sich selbst, zu den Mitarbeitern, zu den Kunden. Das ist eine Bindung, die an die Wurzeln geht und die man nicht technokratisch managen kann.

SZ: Kann ein Einzelner denn überhaupt die Verhaltensmuster in einer großen Organisation ändern?

Kaduk: Jeder kann an seiner eigenen Haltung arbeiten und somit zu einem Klima beitragen, in dem mit alternativen Mustern experimentiert werden kann. Dazu gehört auch, dass man sich unbefangen von Beispielen inspirieren lässt, ohne sofort reflexhaft abzuwinken: Das funktioniert doch in meiner Firma und in meiner Branche sowieso nicht.

Interview: Christine Demmer

© SZ vom 30.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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