Multitasking im Büro:Immer schön der Reihe nach!

Drei Dinge auf einmal erledigen? Für Computer kein Problem: Per Knopfdruck prüfen sie Texte auf Fehler, sortieren E-Mails und rechnen nebenbei Spesen ab. Der Mensch ist nicht dafür gemacht, alles gleichzeitig zu bewältigen - im Gegenteil: Multitasking sorgt dafür, dass die Leistung im Job sinkt.

Das Telefon klingelt, das E-Mail-Programm meldet neue Post, und dann kommt auch noch der Chef um die Ecke. Im Büro prasseln nicht selten Dutzende von Dingen auf einmal auf Mitarbeiter ein. Einfach mal in Ruhe arbeiten? Keine Chance.

Börsenmakler in Frankfurt

Sie sind die ultimativen Multitasker: Börsenmakler sidn umgeben von Telefonen, Computern, Kollegen - und müssen gleich noch mehrere Börsenplättze im auge halten und ihrer Arbeit nachgehen.

(Foto: AP)

Stattdessen heißt es: Der moderne Mitarbeiter muss eben Multitasking beherrschen. Das schminken sich Beschäftigte aber besser gleich ab. Denn es bringt nichts als Ärger, wenn sie versuchen, alles auf einmal zu machen.

Auch wenn es altmodisch klingt - die richtige Devise beim Arbeiten lautet: immer schön der Reihe nach. So dürfen Beschäftigte nicht glauben, dass sie mehr in der gleichen Zeit schaffen, wenn sie mehrere Dinge gleichzeitig erledigen. "Das ist eine Milchmädchenrechnung", sagt Prof. Dirk Windemuth vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in Berlin. Denn der Mensch sei für Multitasking einfach nicht geschaffen.

Computer haben heute oft vier Prozessorkerne, um mehrere Befehle parallel ausführen zu können. Das Gehirn sei dagegen auf Monotasking ausgelegt und müsse immer zwischen zwei Sachen hin- und herspringen - das kostet Zeit. Das Jonglieren mit Aufgaben ist daher nicht effektiv: Wer mehrere Aufgaben gleichzeitig angeht, brauche länger, mache mehr Fehler und handele sich mehr Stress ein, erklärt Windemuth. So sinkt die Leistung unter dem Strich. "Man wird schlechter, und die Konzentration lässt nach."

Die Gefahr sei, dass Mitarbeiter unaufmerksam werden, wenn sie etwa ein Telefonat nebenbei führen. Das kann dazu führen, dass sie hinterher nachfragen und Missverständnisse ausbügeln müssen. Wer an einer Präsentation arbeitet und nebenher versucht, E-Mails zu beantworten, brauche außerdem länger als jemand, der beides nacheinander macht, sagt Windemuth.

Gerade wenn ein Mitarbeiter mitten im Konzept für die Präsentation steckt, sind solche Unterbrechungen Gift für seine Überlegungen. Wird er dann aus der Arbeit herausgerissen, braucht er hinterher eine Weile, um wieder hineinzukommen, erklärt die Psychologin Anja Baethge von der Universität Leipzig. Denn später steht er vor der Frage: "Wo war ich gerade?"

Der Stresspegel steigt beim Multitasking zudem, weil Mitarbeiter einen höheren Zeitdruck empfinden, wenn sich immer mehr Aufgaben auf ihrem Schreibtisch stapeln, erläutert Baethge, die für die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) eine Studie zum Thema Multitasking verfasst hat.

Unendlich viele Störungen

Hinzu komme die wachsende Informationsflut im Berufsleben, ergänzt Windemuth. Denn durch Handy, E-Mails, Messenger und soziale Netzwerke wie Facebook seien Berufstätige heute ständig auf etlichen Kanälen erreichbar. Dadurch müssen sie immer mehr Dinge gleichzeitig im Blick haben. Damit die Arbeit nicht darunter leidet, müssen Berufstätige versuchen, Ablenkungen zu vermeiden. Dazu hilft es zum Beispiel, die Benachrichtigungen für neue E-Mails am PC auszuschalten, rät Windemuth. Statt jede neue Nachricht gleich anzuklicken, gehen Berufstätige den Posteingang besser drei- bis fünfmal am Tag am Stück durch.

Hilfreich sei es auch, wenn Kollegen sich gelegentlich im Wechsel eine "stille Stunde" gestatten. "In der Zeit übernimmt der andere dann das Telefon, damit man sich auf eine längere Aufgabe konzentrieren kann." Damit sie immer voll bei der Sache sind, gehen Berufstätige außerdem am besten immer eine Aufgabe nach der anderen an, empfiehlt Windemuth.

Dafür müssten sie zunächst lernen, Prioritäten zu setzen und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Wenn Mitarbeiter etwa merken, dass ein Anruf die ganze Aufmerksamkeit erfordert, lassen sie die neuen E-Mails lieber einen Moment lang warten.

Beim Prioritätensetzen hilft das Eisenhower-Prinzip, wie die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in einem Online-Ratgeber zu Stress im Beruf erläutert. Danach lassen sich Aufgaben in wichtig oder unwichtig sowie eilig oder nicht eilig unterteilen. Wer das tut, sieht schnell, dass er seine Arbeit nicht bei jeder neuen Anfrage sofort unterbrechen muss. Das gilt höchstens für wichtige und eilige Dinge, die plötzlich auf dem Schreibtisch landen. Alles andere wird für später eingeplant oder delegiert.

Auch To-Do-Listen können helfen, den Überblick zu behalten und seine Aufgaben Punkt für Punkt abzuarbeiten. Dabei dürfen Mitarbeiter sich aber nicht zu viel vornehmen - sonst müssen sie am Ende doch wieder alles auf einmal erledigen. Die VBG rät, nur 60 Prozent der Arbeitszeit zu verplanen - der Rest bleibt als Puffer frei.

Wichtig ist auch, richtig mit Unterbrechungen umzugehen. So sollten Beschäftigte versuchen, wenigstens ein Etappenziel zu Ende zu bringen, damit sie später schnell wieder an ihre Arbeit anknüpfen können, rät Anja Baethge. Sofort alles stehen und liegen zu lassen, ist die falsche Reaktion, wenn man nicht gerade Notarzt ist. "Sie schreiben also besser noch schnell den Satz zu Ende, bevor Sie ans Telefon gehen." Sonst ist die gute Idee hinterher womöglich weg.

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