Motivation von Mitarbeitern:Tödliche Routine

Zwischen Langeweile und Innovationsdruck: Angestellte leiden unterschiedlich. Nur wenn Vorgesetzte das erkennen, können sie ihnen helfen.

Jutta Rump

Unsere Arbeitswelt ist im Umbruch. Zahlreiche Trends und Entwicklungen werden in den nächsten Jahren unser Arbeiten nachhaltig beeinflussen. So werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber damit konfrontiert sein, dass die Menschen älter werden und länger arbeiten müssen. Auch der Anteil der Nachwuchskräfte wird sinken. Zudem führen technisch-ökonomische Entwicklungen zu einer weiteren Beschleunigung und zu einer Verdichtung von Arbeit.

Hamsterrad Arbeitswelt Angestellter

Angestellte wollen raus aus dem Hamsterrad. Das geht manchmal mit Balance, manchmal mit Abwechslung.

(Foto: Foto: dpa)

Mehr Arbeit in weniger Zeit

Es gilt: Wir müssen mehr in weniger Zeit tun. Gleichzeitig erfordert der globale Wettbewerb eine kontinuierliche Steigerung der Effizienz und die Verringerung der Kosten. Zugleich muss permanent nach Innovationen gesucht werden, deren Rohstoff das Wissen und die Kompetenz der Beschäftigten ist. Die Herausforderung wird also sein, das Spannungsfeld zwischen produkt- und prozessbedingten Innovationen sowie Effizienzsteigerungen zu bewältigen.

Damit wird klar, dass wir in einer zweigeteilten Arbeitswelt leben. Auf der einen Seite gibt es die "industrialisierte", standardisierte Arbeitswelt, deren Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen durch fortschreitende Rationalisierung und Standardisierung gekennzeichnet sind. Arbeitsabläufe sind mit vielen Routinen und Arbeitsverdichtungen verbunden. Es besteht ein stetiger Druck, noch schneller zu arbeiten. Viele Mitarbeiter sind gezwungen, sich bei jeder Prozessoptimierung die Frage zu stellen, ob ihr Arbeitsplatz danach noch vorhanden ist.

Ständig neue Ideen

Auf der anderen Seite zeigt sich der Trend zur Wissens- und Innovationsgesellschaft. Die Märkte senden an Unternehmen die Signale, dass mehr Innovationen auf Produkt-, Dienstleistungs-, Prozess- und Systemebene gefragt sind.

Neue Ideen, passgenaue Lösungen, kontinuierliche Verbesserungen, hohe Qualität, Schnelligkeit und Wendigkeit sowie Flexibilität gehören zum Arbeitsalltag. Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen weisen also eine hohe Wissensintensität auf und sind in der Regel sehr komplex. Immer mehr Mitarbeiter haben das Gefühl, mit den steigenden Ansprüchen nicht mehr Schritt halten zu können

Öfter mal was Neues

Damit spaltet sich die Belegschaft. In industrialisierten, standardisierten Bereichen müssen Mitarbeiter in Bewegung bleiben. In wissensintensiven Bereichen geht es vor allem darum, die Balance zu halten. Es liegt auf der Hand: Um Gruppen angemessen zu fordern und zu fördern, bedarf es zweier unterschiedlicher Ansätze.

Mitarbeiter, die vor allem Routinetätigkeiten ausüben, unter eher standardisierten Bedingungen arbeiten und deren Arbeitsprozesse von Rationalisierungen betroffen sind, verlieren oft ihre Beschäftigungsfähigkeit. Nichts ist fataler für einen Mitarbeiter, als längere Zeit das gleiche zu tun. "In Bewegung bleiben" setzt hier an. Grundsätzlich lautet das Motto "Öfter mal etwas Neues".

Nicht nur ein Rädchen im Getriebe

Die Verweildauer in einer Routinetätigkeit sollte begrenzt sein. Optimal wäre eine Job-Rotation. Da dies oft aber nur bedingt möglich ist, muss darüber nachgedacht werden, wie Routinen am Arbeitsplatz mit kleinteiligen, aber vielfältigen Möglichkeiten aufgebrochen werden. Das kann etwa durch Stellvertretungen geschehen.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe förderlicher Rahmenbedingungen wie flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle, die Motivation und Wohlfühl-Faktor fördern. Die Flexibilisierung in den Arbeitsmodellen führt zu einer Individualisierung in der Personalarbeit, was für den Einzelnen in der Regel mit Wertschätzung verbunden ist. Man ist eben nicht das Rädchen im Getriebe.

Transparenz bedeutet Wertschätzung

Für Beschäftigte, die unter standardisierten Arbeitsbedingungen tätig sind, spielt Verlässlichkeit des Arbeitgebers eine große Rolle. Da Rationalisierungen zu ihrem Arbeitsalltag gehören, besteht oft die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, verbunden mit dem Wunsch, dass ihr Arbeitgeber sie über Veränderungen und deren Konsequenzen offen und ehrlich informiert. Das bedeutet dann Verlässlichkeit und Wertschätzung.

Nicht zuletzt ist eine kontinuierliche Weiterbildung förderlich. Dabei sollte nicht nur der Bedarf der Firma berücksichtigt werden. Wichtig ist es, die Potentiale der Mitarbeiter und ihre Kompetenzen, die im privaten Bereich erworben werden, in den Fokus zu nehmen. Mitarbeitern müssen Perspektiven geboten werden, damit sie sich immer wieder neu orientieren und nicht zum Stillstand kommen.

Persönliche Entschleunigung

Demgegenüber geht es in der innovations- und wissensintensiven Arbeitswelt darum, Mitarbeiter in Balance zu halten und ihnen Strategien zur persönlichen Entschleunigung zu bieten. Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben können hier ebenso hilfreich sein wie Angebote zu Coaching und Mentoring.

Untersuchungen haben gezeigt, dass ein wesentlicher Faktor für Balance und Entschleunigung das Gefühl der Selbstbestimmtheit ist. Handlungsspielräume und offene Führungsstile tragen dazu bei. Umgekehrt: Das persönliche Gefühl der Fremdbestimmtheit lässt bei vielen Mitarbeitern den Eindruck entstehen, "Hamster im Rad zu sein".

Grenzen sind wichtig

Interessante Arbeitsinhalte, Freude an der Tätigkeit sowie Karriereperspektiven führen dazu, dass sich Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und mit ihrem Arbeitgeber identifizieren. Dieser Zusammenhang darf nicht vernachlässigt werden, denn er trägt erheblich zur Motivation und zur Bindung bei. Das ist ein wichtiger Aspekt wenn man bedenkt, dass Fachkräfte wegen der demographischen Entwicklung knapp werden.

Im übrigen fordern viele Beschäftigten in wissens- und innovationsintensiven Bereichen, dass sie leistungsorientiert bezahlt werden. Zur Schaffung von Balance gehört darüber hinaus eine offene Gesprächskultur. Mitarbeiter müssen sich trauen, Vorgesetzte und Kollegen auf Grenzen hinzuweisen und sich selbst Grenzen zu setzen.

Balance im Büro

Immer deutlicher erkennen Unternehmen, wie wichtig es ist, dass ihre Mitarbeiter angesichts einer verlängerten Lebensarbeitszeit im Gleichgewicht, eben der Balance, bleiben. Sie schaffen eine kreative Arbeitsumgebung, um Wissen und Kompetenzen dauerhaft aufrecht zu erhalten und auszubauen und ein frühzeitiges Ausbrennen zu verhindern.

Bestimmte betriebliche Handlungsfelder unterstützen es gleichermaßen, in Bewegung und in Balance zu bleiben. Dazu gehören eine wertschätzende Unternehmens- und Führungskultur sowie ein entsprechendes Betriebsklima.

Die Autorin ist Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability Ludwigshafen IBE.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: