Motivation:Auf das Klima kommt es an

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Frustrierte Mitarbeiter bringen weniger Leistung. Werden Angestellte nicht respektiert und anerkannt, schadet das dem Unternehmensgewinn.

Sibylle Haas

Nicht hohe Bonuszahlungen und Aufstiegschancen motivieren deutsche Arbeitnehmer zu guten Leistungen, sondern - Respekt und Anerkennung. Der höfliche Umgang miteinander und die Wertschätzung der Arbeit durch den Vorgesetzten haben in Deutschland die höchste Bedeutung für das Engagement der Beschäftigten. Zu diesem Ergebnis kommen Studien der Unternehmensberatung Mercer, die in 22 Ländern etwa 20.000 Berufstätige befragt hat.

Teamarbeit: Der Wunsch nach Wertschätzung steht an erster Stelle. (Foto: Foto: iStock)

"Motivationsaspekte wie ein gutes Betriebsklima und die Sinnhaltigkeit der eigen Arbeit werden für viele Mitarbeiter immer wichtiger", sagt Dagmar Wilbs, die den Bereich Personal-Management bei Mercer Deutschland leitet und damit die Untersuchung in Deutschland betreut hat. "Mitarbeiter fragen sich zunehmend, wie wichtig der Beitrag ihrer Arbeit für die Firma ist. Sie wünschen sich Anerkennung", betont sie.

Die Befragung erklärt nicht, warum bestimmte Aspekte von den Beschäftigten als besonders wichtig für deren Motivation genannt wurden. Möglich sei, so Fachfrau Wilbs, dass der auf nackte Zahlen ausgerichtete Umgangston der jüngsten Vergangenheit ein Grund dafür ist, dass hierzulande der Wunsch nach Wertschätzung an erster Stelle steht. Viele Beschäftigte haben in Zeiten von Kosteneinsparungen, Stellenabbau und Werksschließungen auch erlebt, wie hart Vorgesetzte mit ihren Mitarbeitern und wie rücksichtslos Kollegen miteinander umgehen können. Es gilt in wirtschaftlich schwachen Zeiten eben mehr als in guten: Der Starke kommt durch, der Schwache bleibt auf der Strecke.

Leistungsgerechte Bezahlung

"Viele Mitarbeiter hatten das Gefühl, den Entscheidungen oft hilflos ausgeliefert zu sein und selbst wenig beeinflussen zu können. Entsprechend frustriert sind sie", sagt Wilbs. Sie weiß, dass Frustration die Arbeitsleistung mindert und damit auch die Wertschöpfung der Unternehmen belastet. "Die Firmen haben reagiert", so die Beraterin. "Viele Vorgesetzten machen sich heute Gedanken darüber, wie sie Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungen einbinden und mitnehmen können." Auch achteten Chefs wieder mehr auf die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter und förderten deren Stärken. "Die Bewerber stehen nicht mehr Schlange. Es ist schwieriger geworden, Talente zu bekommen", erklärt sie.

Wilbs warnt zugleich vor dem Umkehrschluss, die Bezahlung spiele eine untergeordnete Rolle für die Motivation. "Arbeitnehmer setzen eine leistungsgerechte Vergütung voraus", betont sie. Mit ihrem Wunsch nach Respekt und Wertschätzung liegen die Deutschen über dem weltweiten Durchschnitt. Nur für Franzosen und Briten ist ein respektvoller Umgang noch wichtiger als für die Deutschen. In Japan dagegen wird dem Motivationsfaktor Respekt viel weniger Bedeutung beigemessen als im weltweiten Durchschnitt. Für japanische Arbeitnehmer spielt dagegen das Grundgehalt eine überragende Rolle bei der Leistungsbereitschaft.

Neben Respekt, Anerkennung und der Art der Arbeit ist den Beschäftigten weltweit ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeits- und Privatleben - die sogenannte Work-Life-Balance - wichtig. Führend sind hier die Franzosen, die diese Ausgewogenheit mit der höchsten Punktzahl bewerten und damit deutlich über dem weltweiten Durchschnitt liegen. Deutsche Arbeitnehmer liegen dagegen mit ihrem Wunsch nach einer guten Balance zwischen Arbeit und Freizeit unter dem globalen Durchschnitt. Damit bestätigt die Studie ein altes Vorurteil: Die Franzosen arbeiten, um zu leben - bei den Deutschen ist es umgekehrt.

© SZ vom 15.2.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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