Mobile Recruiting:Per Wisch zum Job

Immer mehr Jobsuchende bewerben sich per Smartphone bei Unternehmen - das gilt vor allem für techniknahe Branchen. Durch Mobile Recruiting verändert sich der Auswahlprozess für Firmen wie für Bewerber.

Von Verena Wolff

Die Deutsche Bahn tut es, McDonald's und das Beratungsunternehmen Accenture auch: Sie gehen neue Wege bei der Anwerbung und Einstellung von Mitarbeitern. "Ein-Klick"- oder "One-Minute"-Bewerbung heißt das Verfahren. Immer weniger Jobsuchende verschicken eine Bewerbungsmappe per Post, immer mehr versenden sie als PDF per E-Mail oder bewerben sich gar per "Mobile Recruiting" über das Smartphone. Gerade technikaffine Jobsuchende und Absolventen eines IT-Studiums wollen sich auf diese Weise bewerben; einige potenzielle Arbeitgeber erwarten es auch, dass man sich auf diese moderne Art bei ihnen bemerkbar macht.

"Letztlich ist es das altbekannte E-Recruiting unter Verwendung moderner Technologie", sagt Professor Wolfgang Jäger, der an der Hochschule Rhein-Main zu dem Thema forscht und zahlreiche Praxiseinführungen begleitet hat. Potenzielle Bewerber mögen die Methode auch deshalb, weil sie unterwegs, zum Beispiel im Zug oder während sie im Stau stehen, nach Stellenangeboten suchen und in den mobil gestützten Bewerbungsprozess einsteigen können. "So wurde aus dem E-Recruiting das M-Recruiting", fügt Jäger hinzu.

"Wir wissen, dass etwa die Hälfte der Studenten, Absolventen und Young Professionals mit dem Smartphone unterwegs oder mit dem Tablet abends auf der Couch nach Jobs suchen", sagt James Barker, Senior Account Manager bei der Jobbörse Absolventa, die ihre Kunden regelmäßig zu dem Thema befragt. "Es werden nicht nur Stellenanzeigen und Karriereportale für die Nutzung mit mobilen Geräten optimiert", sagt er. Immer mehr Firmen ermöglichten es Bewerbern auch, sich per Handy oder Tablet zu bewerben. Hierbei verzichten Arbeitgeber häufig im ersten Schritt auf Motivationsschreiben und Zeugnisse." Stattdessen müssen Interessenten ihre Kontaktdaten angeben - und den Link zu ihrem Profil auf Xing oder Linked-In.

"Das Bewerbungsschreiben stirbt langsam aus", sagt Professor Jäger. Im Moment wollen zwar noch ungefähr 85 Prozent der Unternehmen zu irgendeinem Zeitpunkt des Prozesses möglichst aussagekräftige und hübsch formatierte Anschreiben und Lebensläufe. "Doch die große Fachkräftenot zieht nach sich, dass man auf viele Formalien verzichtet." Indes braucht es etwas anderes: nämlich gut gepflegte Profile in den einschlägigen Netzwerken in den sozialen Medien. Und ein bisschen Vorsicht, was das Posten privater Inhalte bei Facebook und Co. angeht. Denn auch da werden Personaler und Chefs irgendwann landen, wenn sie sich ihre Kandidaten anschauen.

Im besten Fall dauert eine mobile Bewerbung nur noch ein paar Minuten. Meist funktioniere das Verfahren so, dass Kandidaten ihren vollen Namen, eine E-Mail-Adresse und Telefonnummer sowie den Link zur ihrem Profil eingeben, erläutert Barker. "Manchmal kann aus der Cloud oder der Dropbox auch noch ein Lebenslauf angehängt werden", führt er aus. Dann schaut sich ein Recruiter im Unternehmen den Lebenslauf des Bewerbers an. "Wenn die Eckdaten stimmen, und das Profil interessant wirkt, wird in der Regel ein erstes Telefoninterview vereinbart." Laut Barker ergänzt man im späteren Verlauf der Bewerbung weitere persönliche Daten.

Wer via Smartphone Personal gewinnen will, braucht Websites, die dafür optimiert sind

Die klassische Bewerbung wird von den Generationen Y und Z kaum noch favorisiert. Sie gelten als "Digital Natives", kennen also kein Leben ohne Computer. Der Begriff Generation Y bezieht sich auf die circa 1980 bis 2000 Geborenen, Generation Z auf die circa 1995 bis 2010 Geborenen. "Bei aufwändigen Bewerbungsprozessen, die vom Kandidaten umfassend persönliche Daten sowie Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse und mehr abfragen, verzeichnen Unternehmen hohe Abbruchquoten", sagt Barker. Sie könnten leicht 70 Prozent und mehr betragen. "So viele interessierte Kandidaten im Bewerbungsprozess zu verlieren, können sich Unternehmen bei der aktuellen Arbeitsmarktsituation nicht leisten." Dabei bezieht er sich auf Branchen mit großem Bedarf an neuem Personal wie Technik und Informatik.

Da der Trend künftig noch viel mehr zu diesem mobilen Verfahren gehen wird, muss man den sogenannten "mobile fit" weiter verbessern. Dazu brauchen die Firmen eine Strategie und ein geeignetes System dahinter, mit dem sie die Bewerbungen sichten und verarbeiten. Denn die mobile Bewerbung darf vor allem eines nicht sein: kompliziert.

Bei der Gestaltung ist wichtig, die Seiten für die mobile Nutzung zu optimieren und die Fakten klar darzustellen, betont Jäger: Wie ist der Jobtitel? Wo ist das Unternehmen? Nach welchen Qualifikationen wird gesucht? "Viele wollen dann mehr über die Firma wissen, darum sind die Unternehmen, die sich mit kurzen Videos vorstellen, sehr erfolgreich." Firmen können laut Jäger auch damit punkten, dass sie Jobsuchende über den Status der Bewerbung immer auf dem Laufenden halten "und so das Versprechen eines kurzen und einfachen Ablaufs bei der mobilen Bewerbung wirklich einlösen".

Die Bewerbung am Rechner, die zum sogenannten E-Recruiting gehört, ist freilich noch nicht ausgestorben. "Viele recherchieren unterwegs per Smartphone nach interessanten Stellenanzeigen und speichern sich diese ab", sagt Barker. Sobald sie Zeit hätten, würden sie die Ausschreibungen noch mal sichten und eine Online-Bewerbung erstellen. "Mobile Recruiting hingegen spricht eher die spontane Seite der Bewerber an."

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