Mitarbeiter-Boni:Umstrittene Geschenke

Unternehmen glauben, mittels Boni lasse sich Leistung belohnen. Mitarbeiter dagegen empfinden die Zahlungen häufig als unfair. Wie sie trotzdem geschickt verhandeln.

B. Sommerhoff

Leistung soll sich lohnen. Ein schlichter, schöner Satz. Wer wollte dem widersprechen? Der Deutsche Gewerkschaftsbund zum Beispiel. Jedenfalls, wenn ein Bonus auf der Basis von Leistungsbeurteilungen gezahlt wird. Individuelle Sonderzahlungen könnten zu Ellenbogenmentalität führen und Teamarbeit erschweren, gibt Martina Perreng, Referatsleiterin für Arbeits- und Sozialrecht beim DGB, zu bedenken. "Sie haben immer etwas von Wettbewerb und damit negative Wirkung", sagt Perreng. "Denn ein solcher Wettbewerb kann dazu führen, dass nicht mehr miteinander, sondern gegeneinander gearbeitet wird."

Mitarbeiter-Boni Umstrittene Geschenke, iStock

Geldgeschenk von der Firma: Individuelle Sonderzahlungen könnten zu Ellenbogenmentalität führen und Teamarbeit erschweren.

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Außerdem setze die Koppelung von Beurteilungsergebnis und Bonus voraus, dass die Beurteilung objektiv sei. Und das, so bestätigen auch die Befürworter der Mitarbeiterbeurteilung, kann nicht immer garantiert werden.

Ein Bonus für alle

Trotz solcher Vorbehalte verbinden viele Unternehmen das Ergebnis der Mitarbeiterbeurteilung mit einer Bonuszahlung. Eine solche Regelung ist immer zustimmungspflichtig. Beim Versicherungskonzern Ergo in Düsseldorf beispielsweise gibt es Mitarbeiter, die zwar mit ihrem Vorgesetzten Ziele vereinbaren, aber keine Boni erhalten. Andere Mitarbeiter erhalten einen Bonus, der sich zum einen nach der persönlichen Leistung, zum anderen nach der Tarifgruppe errechnet.

Auch der Mobilfunkanbieter Vodafone belohnt seine außertariflich bezahlten Mitarbeiter mit Boni für gute Leistungen. Die beurteilt der Vorgesetzte auf der Grundlage der zuvor vereinbarten Ziele. Möglich ist eine individuelle, aber auch eine für das gesamte Team verbindliche Zielvereinbarung.

Die Höhe des Bonus wird jedoch für jeden Einzelnen gesondert festgelegt. "Die Prämie ist Ausdruck der Anerkennung für individuell geleistete Arbeit", erklärt Michaela Waggershauser, Leiterin der Personalentwicklung. Ein Gießkannenprinzip um des lieben Friedens willen, bei dem jedes Teammitglied denselben Bonus erhält, gebe es deshalb nicht.

Feedback steht an erster Stelle

Umso erstaunlicher, dass der finanzielle Aspekt der Leistungsbeurteilung angeblich nur eine untergeordnete Rolle spielt. Das jedenfalls entnimmt das Unternehmen den jährlichen Mitarbeiterbefragungen. "Natürlich ist eine Prämie immer erfreulich", sagt Waggershauser. Aber an erster Stelle stehe für die Mitarbeiter das Feedback des Vorgesetzten.

Im persönlichen Gespräch werde nicht nur über Stärken und Schwächen des Mitarbeiters, sondern auch über die persönliche Weiterentwicklung gesprochen. "Bei Bedarf unterstützt der Vorgesetzte seinen Mitarbeiter, um konkrete Maßnahmen zu finden. Das wird schriftlich festgehalten. Der Mitarbeiter kann sich also darauf verlassen, dass sich der Vorgesetzte um seinen Entwicklungsplan kümmert."

Auf der nächsten Seite: Warum Kritiker fürchten, dass individuelle Bonuszahlungen den Teamgeist stören könnten.

Umstrittene Geschenke, Teil II

Die Leistung ermittelt der Vorgesetzte

Beim Hamburger Otto-Versand ist der Jahresbonus zweigeteilt. Ein Teil hängt vom Unternehmenserfolg ab, der andere von der individuellen Leistung des Mitarbeiters. Die Leistung ermittelt der Vorgesetzte auf Basis der Zielvereinbarung, die er im Jahr zuvor gemeinsam mit dem Mitarbeiter erstellt hat. "Bei den quantitativen Zielen lässt sich das Ergebnis klar ausrechnen. Bei den qualitativen ist letztlich die Einschätzung des Vorgesetzten gefragt", sagt Personaldirektor Michael Picard.

Jeder außertariflich Beschäftigte habe pro Jahr eine Zielprämienbasis. "Angenommen, die liegt bei 2000 Euro, und er hat 80 oder 100 Prozent seiner Ziele erreicht, dann erhält er den entsprechenden Anteil beziehungsweise die gesamte Prämie."

Dagegen verzichtet die private Bucerius Law School in Hamburg auf Bonuszahlungen. Das Beurteilungsgespräch zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem ist zwar für alle - Professoren ebenso wie Verwaltungsmitarbeiter - obligatorisch. Aber es gehe vor allem um den informellen Austausch und darum, mögliche Unzufriedenheiten persönlich zu besprechen und zu beseitigen, sagt der Hochschul-Geschäftsführer Hariolf Wenzler. "Einmal im Jahr den Finger ins Rad halten und mit Ruhe über das vergangene und das bevorstehende Jahr zu sprechen, ist das Wichtigste."

Wie ein Blumenstrauß

Außergewöhnliche Projekte, die den vereinbarten Arbeitsumfang deutlich übersteigen, werden zusätzlich honoriert. "Als wir zum ersten Mal eine Summer School veranstaltet haben und eine Mitarbeiterin in relativ kurzer Zeit das ganze Projekt auf die Schiene gestellt hat, damit sich die Teilnehmer aus aller Welt bei uns wohl fühlen, haben wir das mit einer Prämie honoriert", sagt Wenzler. Die Höhe der Prämie lag allerdings deutlich unter einem Monatsgehalt. "Solche Prämien sind bei uns eher ein Dankeschön, das es zum Blumenstrauß dazu gibt, und kein expliziter finanzieller Anreiz für gute Leistung."

Statt individueller Bonuszahlungen verteilen vor allem kleinere Unternehmen Prämien gern nach dem Gießkannenprinzip gleichmäßig auf alle Mitarbeiter. Grund ist meistens die Sorge vor internen Konflikten. Warum hat ein Mitarbeiter einen höheren Bonus bekommen als ein anderer? Warum ging ein anderer leer aus? Solche Debatten ersparen sich Vorgesetzte gern, zumal wenn die Begründung mangels transparenter Beurteilungskriterien schwierig wäre.

Eine Form der Wertschätzung

Die Sorge, dass individuelle Bonuszahlungen den Teamgeist stören könnten, kennen alle, die sich mit diesem Thema befasst haben. "Ich staune über die Vorbehalte und die Angst, die da zum Ausdruck kommt", sagt Michael Picard von Otto. In erster Linie gehe es doch darum, dass sich der Vorgesetzte Zeit nimmt, mit jedem Mitarbeiter ein persönliches Gespräch über seine Leistungen zu führen. "Darauf muss er sich vorbereiten. Er muss sich also mit jedem Mitarbeiter gründlich befassen." Das sei eine Form der Wertschätzung.

"Dass wir in dem Zusammenhang auch über Geld sprechen, ist nur logisch. Denn auch das ist für die Mitarbeiter essentiell", meint Picard. Konflikte seien nicht ausgeschlossen, aber es gebe schließlich Möglichkeiten, sie zu lösen. Dazu gehört zum Beispiel, dass man den Spieß umdreht - dass also auch die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten beurteilen.

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