Mein Kollege sagt ...:"4YI: Meeting asap @Schröder. thx."

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Kryptische Abkürzungen und aneinandergereihte Konsonanten: Nachrichten des Kollegen sehen aus wie Buchstabensuppe. Wer soll das entziffern?

Julia Bönisch

Zugegeben: Es gibt Situationen, in denen man die Kommunikation mit dem Kollegen auf ein Minimalmaß reduzieren möchte. Wenn er einen zum siebten Mal binnen drei Tagen darum bittet, ihm noch mal die Sache mit diesem "E-Mail-Dings" zu erklären. "Das funktioniert nicht. Wie ging das? Mach doch mal!" Wenn er schon wieder Schokolade und Zigaretten schnorrt. Oder wenn er vor versammelter Mannschaft Trink- und Frauengeschichten erzählt, die garantiert nur seiner Phantasie entspringen.

Buchstabensuppe: Um die schriftliche Kommunikation möglichst kurz zu halten, beschränkt sich der Kollege in Mail und Skype auf ein Mindestmaß an Zeichen. (Foto: Foto: iStock)

Wer seine Kommentare in solchen Fällen auf Zisch- und Brummlaute beschränkt, rettet die Stimmung im Team - denn so läuft er keine Gefahr, sich als völlig gereizt zu entlarven. Ein "mmh", "phft", "soso" oder "jaja" kann schließlich alles und nichts bedeuten.

Coaches, die bekanntermaßen einen Hang zum übertriebenen Positivismus haben, nennen solche Töne euphemistisch "soziales Grunzen". Angeblich unterstützen sie das aktive Zuhören, bei dem man dem Gegenüber signalisiert, man lausche ihm aufmerksam - und ihn aufmuntert, noch mehr Quatsch zu erzählen.

Problematische Schnittstelle Mensch/Mensch

Von diesem "sozialen Grunzen" muss man jedoch das "Lass mich in Ruhe ich habe keinen Bock mit dir zu reden"-Grunzen unterscheiden. Kollegen mit intersozialen Defiziten können die beiden Laute leider nicht auseinanderhalten. Das führt zu unangenehmen Missverständnissen. Kein Wunder, dass laut Wissenschaft bei Katastrophen, schlechter Zusammenarbeit und misslungenen Projekten nicht die Schnittstelle Mensch/Maschine das Problem ist - sondern die Schnittstelle Mensch/Mensch.

Um den Kontakt zum Team auf ein Mindestmaß zu reduzieren, bedienen sich einige Kollegen der Technik: Lieber skypen als anrufen, besser mailen als mal kurz vorbeischauen. Nach Berechnungen des amerikanischen Beratungsunternehmens RescueTime öffnet ein typischer Angestellter etwa 50 Mal pro Tag sein E-Mail-Programm, 77 Mal benutzt er den Instant Messenger, um dem Kollegen mal kurz ein Kommando zu geben.

Das frisst Zeit. Um den Vorgang der schriftlichen Kommunikation deshalb möglichst kurz zu halten, beschränkt sich der Kollege in Mail und Skype auf ein Mindestmaß an Zeichen. Bei Anfängern klingt das so: "In 30 Min. Meeting bei mir im Büro. Thema: Optimierung des Workflow. Bitte pünktlich erscheinen."

Hilfe - ein Dechiffriergerät!

Fortgeschrittene bedienen sich aus Effektivitätsgründen kryptischer Abkürzungen: "full ack*. mE** ist Projekt ok. Btw***: die info ist FYEO****." Oder: "4YI*****: Meeting asap****** @Schröder. thx." Eingeweihte staunen über den Mangel an Höflichkeit. Kein "LG", "CU" oder "mfg"? Der große Rest wünscht sich ein Dechiffriergerät.

Wer auf die Aneinanderreihung von Konsonanten schimpft, sollte sich bewusst sein: Nicht nur im Büro, sondern auch auf der Straße wird verkürzt: "Wo gehße?" ist viel simpler als "Wo gehst du hin?" Auch die Kurzantwort "Pommes" ist eindeutig. Wieso sollte man zwölf Worte verschwenden ("Ich bin auf dem Weg in die Pommesbude, weil ich Hunger habe"), wenn auch eines ausreicht? In verschiedenen Dialekten funktioniert das genauso: "I ko heit ned!" ist viel kürzer als "Ich habe heute keine Zeit." Und genauso wie AFAIK*******, AAMOF******** oder 4u********* kann das auch längst nicht jeder aussprechen - geschweige denn verstehen.

(sueddeutsche.de/mri)

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