Mehr Rechte für Praktikanten:Wider die Ausbeutung

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Es ist die wohl größte Petition in der Geschichte des Bundestages: Über 100.000 Menschen fordern, Praktikanten gesetzlich besser zu schützen.

Thomas Öchsner

Es ist die wohl größte Petition, die es jemals in der Geschichte des Bundestages gab: Etwa 108.000 Bürger haben mit ihrer Unterschrift die Forderung unterstützt, die Rechte von Praktikanten zu verbessern. An diesem Mittwoch diskutiert der Petitionsausschuss erneut darüber, doch ob dabei viel herauskommt, ist fraglich. Das Bundesbildungsministerium von Annette Schavan (CDU) und das von Olaf Scholz (SPD) geführte Bundesarbeitsministerium streiten derzeit über die Frage, wie schutzbedürftig Praktikanten sind.

Ausgenutzt: Nach Abschluss von Studium oder Ausbildung arbeiten etwa die Hälfte aller Praktikanten unbezahlt. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

DGB fordert Praktika zeitlich zu begrenzen

Die Gewerkschaften verlangen, dass die Bundesregierung eingreift. DGB-Jugendsekretär René Rudolf verweist auf eine Studie des Bundesarbeitsministeriums: Danach dauert bei jedem zweiten Absolventen die Praktikumsphase länger als sechs Monate.

Etwa die Hälfte der Praktika, die nach Abschluss von Studium oder Ausbildung erfolgen, sind unbezahlt. Mehr als drei Viertel der Praktikanten versichern, mindestens 50 Prozent ihrer Arbeitszeit als normale Arbeitskraft eingesetzt worden zu sein. Der DGB fordert deshalb, Praktika auf drei Monaten zu begrenzen und - Schulpraktika ausgenommen - mit mindesten 300 Euro im Monat zu vergüten.

Arbeits- und Bildungsministerium weiterhin uneinig

So weit will Arbeitsminister Scholz nicht gehen. Er plant, Praktika im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) klar als "Lernverhältnisse" zu definieren und damit von Arbeitsverhältnissen abzugrenzen. Außerdem will Scholz zumindest ein Anrecht auf eine angemessene Vergütung festschreiben lassen.

Bildungsministerin Schavan hält jedoch nicht von Regelungen, die die Existenz von Praktika gefährden. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte vor Gesetzesänderungen gewarnt. Eine Umfrage des DIHK bei 1100 Firmen ergab, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen keine Praktikanten mehr einstellen würden, wenn Scholz seine Pläne umsetzte.

Frank Schneider vom Verein Fairwork, der allein 60000 Unterschriften für die Petition eingebracht hat, hofft trotzdem auf eine schnelle Einigung: "Dass Praktikanten häufig ausgenutzt werden, ist doch mittlerweile unbestritten. Die Pläne von Herrn Scholz wären zumindest ein erster Schritt, um voranzukommen." Im Moment läuft es aber auf einen Kompromiss heraus. Beide Ministerien, heißt es im Hause Schavan, "bewegen sich aufeinander zu".

© SZ vom 17.12.2008/tess - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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