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Mehr Geld für Elite-Unis:Raus aus dem stillen Kämmerlein

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Am Mittwoch entscheidet sich, welche Hochschulen im Exzellenz-Wettbewerb ins Finale einziehen. Die Gewinner bekommen viel Geld - auch für die bessere Betreuung von Doktoranden.

Tanjev Schultz

Für die deutschen Universitäten geht es in dieser Woche um viel. Die Rektoren und Professoren warten gespannt auf Beschlüsse, die am Mittwoch fallen. Um die Dissertation des Verteidigungsministers geht es dabei eigentlich nicht - indirekt aber doch ein bisschen. Am Mittwoch entscheidet sich, welche Hochschulen im Exzellenz-Wettbewerb ins Finale einziehen. Für den Status einer "Elite-Uni" bewerben sich 22 Hochschulen, dazu kommen Anträge für Forschungsprojekte und fast hundert Bewerbungen für neue Graduiertenschulen, in denen Doktoranden ausgebildet werden.

Es geht also auch um Promotionen, ihre Qualität und Kontrolle. Der Wettbewerb soll die Spitzenforschung in Deutschland stärken und den Ruf der deutschen Universitäten aufpolieren. Bund und Länder geben dafür 2,7 Milliarden Euro aus. Es ist bereits die zweite Runde der Exzellenzinitiative. In der ersten Runde flossen fast zwei Milliarden Euro; die Steuerzahler dürften ein Interesse daran haben, dass mit diesen hohen Summen kein Unfug betrieben wird. Über die Anträge der Universitäten entscheiden Gutachter und Gremien des Wissenschaftsrats und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Ein Teil des Geldes fließt in die Doktoranden-Ausbildung - übrigens auch an die Universität Bayreuth, die Alma Mater des Verteidigungsministers. In Bayreuth wird seit 2007 eine "Graduate School of African Studies" gefördert; die Uni hat sehr gute Kontakte zu Instituten in Afrika. Mit Guttenbergs juristischer Dissertation hatte diese spezialisierte Bayreuther Graduiertenschule nichts zu tun. Fast möchte man sagen: leider.

Dann wäre dem Minister der Ärger erspart geblieben

Denn dann wäre der Uni, dem Minister und dem Wissenschaftsbetrieb der ganze Ärger mit der Plagiatsaffäre vielleicht erspart geblieben. Das Besondere an Graduiertenschulen ist die vergleichsweise transparente Betreuung und die gute Kontrolle der Arbeiten. Oft haben die Doktoranden mehrere Mentoren, und das Promovieren wird zu einem Gruppenerlebnis. Es gibt verpflichtende Kolloquien für die Doktoranden, gemeinsame Kurse und Exkursionen. Die Kandidaten haben meist ein aufwendiges Bewerbungsverfahren hinter sich. Regelmäßig treffen sich Doktoranden und ihre Betreuer, oft in größerer Runde.

In den USA ist eine Promotion in solchen "Graduate Schools" Standard. In Deutschland gab es lange Zeit nur das Promovieren auf eigene Faust bei einem Doktorvater oder als Mitarbeiter an einem Lehrstuhl. Dann kamen vereinzelt "Graduiertenkollegs" dazu. Nun aber entstehen, angetrieben durch den Exzellenz-Wettbewerb, immer mehr große Graduiertenschulen. Kritiker finden dieses Promovieren im Rudel zu "verschult".DFG-Präsident Matthias Kleiner betont jedoch, eine intensive Betreuung der Doktoranden sei sehr wichtig. Und sie gelinge besonders gut in "verbindlichen Zusammenhängen", wie sie die Graduiertenschulen stiften würden.

Die Teilnehmer sind dort jedenfalls weniger isoliert; das Verhältnis zu den Professoren könnte weniger anfällig sein für Mauschelei und Blendwerk. Wenn Doktoranden dagegen, dem alten Ideal der Wissenschaft oder den Zwängen ihres Berufslebens folgend, in Einsamkeit und Freiheit vor sich hin brüten, kann sie das schnell in die Verzweiflung treiben. Allein in der Studierstube, an der langen Leine eines nur mäßig interessierten oder eines allzu wohlwollenden Doktorvaters, können sie dann leicht auf dumme Gedanken kommen. Und am Ende hat man das Plagiat.

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Quelle:
SZ vom 01.03.2011
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