MBA in China:Mandarin für Manager

Globalisierung hautnah: Wer in Asien studiert, lernt viel über die Weltwirtschaft - und über unterschiedliche Mentalitäten. Besonders Shanghai und Singapur locken Studenten aus dem Westen.

Juliane Lutz

China boomt, und es wird weiter boomen. Darin stimmen Wirtschaftsexperten überein. Der anhaltende Aufschwung im Reich der Mitte bleibt für deutsche Unternehmen verlockend, bringt sie mit China ins Geschäft oder lässt sie ihre Aktivitäten dort intensivieren. Doch nicht immer gehen die Pläne auf. Wenn Deutsche und Chinesen aufeinandertreffen, kollidieren Welten - in Sachen Mentalität, aber auch Geschäftsgebaren. "Fragt man bei asiatischen Mitarbeitern nach, geben sie es nie zu, wenn Schwierigkeiten auftreten", sagt Sven Schoedel, der als Senior Project Manager für eine deutsche Bank in Shanghai arbeitet. "Man muss schon ein Gespür für mögliche Probleme entwickeln."

MBA in China: Egal ob der Berufsabschluss in Asien oder Europa gemacht wurde - wenn die Qualifikation stimmt, sollen diese Abschlüsse künftig schneller anerkannt werden.

Egal ob der Berufsabschluss in Asien oder Europa gemacht wurde - wenn die Qualifikation stimmt, sollen diese Abschlüsse künftig schneller anerkannt werden.

(Foto: AP)

Schoedel ist anderen ausländischen Managern in China voraus, denn er hatte während seines MBA-Studiums an der China Europe International Business School (CEIBS) in Shanghai ausgiebig Gelegenheit, die chinesische Mentalität zu studieren: 60 Prozent seiner Kommilitonen waren Einheimische.

Aber auch in Sachen Strategie ist er mehr bewandert als andere, die lediglich Fallstudien aus dem Westen beackerten. "Da man im Unterricht auch chinesische Fallstudien bearbeitet, lernt man viel über die Vorgehensweise der Manager hier. Und man wird sensibel für die Probleme, auf die ausländische Unternehmen stoßen, wenn sie in den Markt eintreten", sagt der 37-Jährige - etwa wenn über Nacht Regularien geändert werden.

Schoedel, der an der Hochschule für Bankwirtschaft in Frankfurt am Main Betriebswirtschaft studiert hatte, entdeckte sein Interesse an Asien während eines Semesters in Singapur. Nach sechs Jahren Beratertätigkeit in Deutschland beschloss er, einen MBA draufzusetzen und entschied sich für die CEIBS. "Wirtschaft ist das, was hier gerade passiert, da wollte ich möglichst viel hautnah mitbekommen", sagt er. Praktisch war, dass er schon ein wenig Chinesisch sprach. Obwohl das Studium auf Englisch läuft, sind seiner Meinung nach Kenntnisse in Mandarin unumgänglich: "Nur so kommt man mit den Leuten ins Gespräch und versteht die kulturellen Eigenheiten. Und abseits des Campus spricht kaum jemand Englisch."

Gleicher Meinung ist Rolf Cremer, Dekan an der CEIBS: "Wir setzen bei unseren Bewerbern Chinesisch nicht voraus, ermuntern sie aber, die Sprache zu lernen, da sie für den beruflichen Erfolg in China unabdingbar ist." Ausländer, die hier studieren, eint eines. Sie wollen dieses Land, das so viele Möglichkeiten bietet, verstehen lernen. "Sonst könnten sie auch nach Stanford gehen", findet Cremer, dessen Hochschule in einer Liga mit den Top-Unis Europas und Nordamerikas spielt, und ergänzt: "Man kann Globalisierung nur begreifen, wenn man sie mit eigenen Augen sieht."

Chinesische Zurückhaltung

CEIBS-Absolventen sind begehrt. Chinesische Manager, die früher in Shanghai büffelten, sitzen heute in den Vorstandsetagen wichtiger einheimischer Unternehmen, bei Tsingtao Beer oder dem Elektrogiganten TCL. Auch Bayer und Bosch rekrutieren auf dem Campus der Hochschule vielversprechende Talente aus Ost und West.

Dennoch ist die Nachfrage nach in Asien ausgebildeten Managern angesichts des Nutzens, den sie bringen könnten, bei deutschen Unternehmen verhalten. So heißt es bei Henkel, dass man nicht explizit nach Absolventen mit einem asiatischen MBA suche. Bei der in China aktiven Unternehmensgruppe Freudenberg, einem mittelständischen Zulieferer verschiedener Branchen, beobachtet man zwar eine wachsende Zahl Bewerber mit derartigem MBA. "Aber dieses spezielle asiatische MBA-Wissen muss erst einmal im Betrieb umgesetzt werden", sagt Freudenberg-Sprecher Jens Zillmann.

Oliver Wolter zieht gerade nach Peking, wo er für einen deutschen Autokonzern das digitale Marketing leiten wird. Der Informatiker lebte bereits von 2004 bis 2007 in Shanghai. Als sich die Frage nach einer geeigneten Business School stellte, war ihm klar, dass er den MBA in Asien erwerben würde. "Da ich China schon kannte, entschied ich mich für die Nanyang Technological University in Singapur", sagt der Wolfsburger. Die Hochschule, die neben einem "General MBA" acht Spezialisierungen bietet, zählen internationale Ranglisten zu den Spitzenschulen des Kontinents. "Mir gefiel, dass man in den Kursen auf viele Teilzeitstudenten trifft. Sie sind meist älter und haben schon gewisse Positionen erreicht, das macht sie interessant", sagt der 39-Jährige.

In seinem MBA-Programm - er konzentrierte sich auf International Business - ging es viel um internationale Finanzströme oder um die Strategien multinationaler Konzerne, in Asien Fuß zu fassen. "Sie steigen nicht groß in China oder Vietnam ein, sondern versuchen sich zuerst an einem Markt wie Singapur, der sich nicht so sehr vom dem zu Hause unterscheidet", sagt Wolter.

Interessant war für ihn zu sehen, wie im Klassenverband Mentalitätsunterschiede deutlich wurden. "Da fiel mir die asiatische Zurückhaltung doch sehr auf", erinnert sich Wolter. "Gerade die jüngeren Studenten taten sich schwer damit, Wissen zu teilen oder Dinge kritisch zu hinterfragen." Das hätten die Kommilitonen aus dem Westen übernommen.

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