Süddeutsche Zeitung

MBA aus der Distanz:Starke Argumente

Vergleichsweise günstige Preise und Flexibilität bei Ort und Zeit sprechen für eine Manager-Ausbildung per Fernstudium.

Von Christine Demmer

Bis vor ein paar Jahren konnte man das Master-Studium Business Administration (MBA) nur in Übersee von zu Hause aus absolvieren. Große Distanzen, großer Bedarf an Wirtschaftsfachleuten, große Erfahrung mit Fernunterricht überhaupt - diese Kombination machte es möglich. Seit der Bologna-Reform ist es auch in Deutschland erlaubt, den MBA berufsbegleitend zu erreichen. Inzwischen gibt es sogar mehr Anbieter eines MBA-Fernstudiums als eines MBA-Präsenzstudiums.

Und selbst wenn der Unterricht regulär im Hörsaal stattfindet, müssen die Studierenden daheim auch noch ans Werk. "85 Prozent aller Master-Bildungsangebote beinhalten Fernunterrichts-Elemente", sagt Mirco Fretter vom Branchenverband Forum Distance Learning in Hamburg. Die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht in Köln (ZFU) hat bisher 16 MBA-Programme zertifiziert und weitere in Bearbeitung. Der Grund: Für den Master of Business Administration treten neue Anbieter auf den Fernbildungsmarkt, was die Studiengebühren ins Rutschen bringt. Auch manche renommierte Business School überlegt bereits, den Weiterbildungswilligen einen zusätzlichen Kanal zu eröffnen. Denn die Nachfrage von Berufstätigen nach diesem Wirtschaftsstudium ist lebhaft. Zumal man heute von fast jeder Wohnung aus ins Internet kommt. Diese Kombination macht das Fernstudium reizvoll.

Und dann der Preis. Während man für ein MBA-Programm im Vollzeitunterricht an einer Business School meist einige Zehntausend Euro zahlen muss, ist das Studium bei einem Fernbildungsinstitut von 7000 Euro an zu haben. Zwar gelten auch hier die üblichen Zulassungsvoraussetzungen, in der Regel also ein mit dem Bachelor, Diplom oder Magister abgeschlossenes Erststudium plus Berufspraxis. Der Bachelor ist inzwischen aber auch nicht mehr in jedem Bundesland zwingend vorgeschrieben. Auch die häufig verlangte Berufstätigkeit nach dem Erststudium von zwei bis fünf Jahren wird nicht mehr so eng gesehen. Einige Anbieter erlassen sie vollends. Sie argumentieren: Ein Fernstudium wende sich ja gerade an Vollzeitberufstätige, die sich während der Weiterbildung ohnehin schon im Management-Denken und im Führen übten.

Eher selten gilt das für Beschäftigte in technischen, medizinischen oder naturwissenschaftlichen Berufen, die tagsüber im Labor oder in der Werkshalle stehen. Viele erkennen nach einigen Jahren im Beruf, dass Wirtschaftswissen der Schlüssel für den Aufstieg ist. Speziell an diese Zielgruppe wendet sich das Angebot der Wilhelm-Büchner-Hochschule in Darmstadt mit dem MBA Engineering Management. Gestartet wurde das Angebot eines einjährigen Fernstudiums im Januar 2012 mit 34 Studienanfängern. 2014 waren es schon mehr als doppelt so viele, die sich ein Jahr lang einer harten Übung in Selbstdisziplin und Ausdauer unterziehen müssen. "Bei einer Regelstudienzeit von zwölf Monaten erfordert der pünktliche Abschluss einen Eigenaufwand von 20 bis 25 Wochenstunden", erklärt Thomas Kirchenkamp, Diplom-Pädagoge und Kanzler der zur Klett-Gruppe gehörenden Hochschule. Das sei trotz einer Vollzeitbeschäftigung zu leisten: "Etwa 70 Prozent unserer Studierenden schaffen es in der Regelstudienzeit plus maximal zwei Semester." Die anderen werden hauptsächlich durch berufliche Belastungen daran gehindert.

Kirchenkamp ist davon überzeugt, dass den Teilnehmern bewusst ist, auf welch hohes Arbeitspensum sie sich einlassen: "Das heißt Wochenendeinsatz, Lernen am Abend, auch ein größerer Teil des Urlaubs geht drauf. Aber es ist machbar." Die Gesamtkosten des MBA-Programms betragen mit 7104 Euro einen Bruchteil dessen, was eine Business School für Präsenzunterricht verlangt. Gespart wird am organisierten persönlichen Austausch mit Mitstudenten und Professoren. Persönliches Erscheinen für Prüfungen und eine Projektwerkstatt ist nur an fünf Tagen je Semester vorgeschrieben. Das virtuelle Networking soll am Online-Campus passieren. "Außerdem unterstützen wir private Lerngemeinschaften", hebt Kirchenkamp hervor.

Starre Stundenpläne, überfüllte Hörsäle, lange Fahrtwege, all dies entfällt beim Fernstudium

Wie seine Hochschule bemühen sich auch andere Bildungsanbieter, die Präsenzphasen so gering wie möglich zu halten. Doch zumindest bei den Examina herrscht Anwesenheitspflicht. Viele Programme schreiben zudem Projektarbeiten oder Workshops vor, in denen die Studierenden einander und die Dozenten persönlich kennenlernen. Denn ein MBA dient nicht nur dem Wissenserwerb, sondern auch dem Knüpfen nützlicher Verbindungen. Das funktioniert nicht vom Schreibtisch aus. Auf Diskussionen von Angesicht zu Gesicht muss trotzdem nicht verzichtet werden. Selbst renommierte Business Schools wie Insead planen, Online-Kurse in den Unterricht zu integrieren und wollen so den Aufstieg der weitgehend kostenlosen MOOCs (Massive Open Online Courses) bremsen. Für MOOCs gibt es meist nur eine Teilnahmebescheinigung, nicht aber den akademischen Titel Master of Business Administration.

"Mediengestütztes Lernen reduziert die Präsenzphasen, also die Zeiten, in denen die Lernenden in der Bildungseinrichtung sein müssen", erklärt Mirco Fretter das Geschäftsmodell. "Diese Präsenzphasen machen den Unterricht teuer und nicht zwangsläufig besser." Überfüllte Hörsäle, weite Anfahrtswege und starre Stundenpläne: All das entfällt beim MBA im Fernunterricht. "Natürlich wird diese Weiterbildung auch ein Stück weit als Karrierebeschleuniger verkauft", sagt Fretter. "Ob allein der Abschluss dafür reicht, ist eine andere Frage."

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SZ vom 15.10.2015
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