Master für Grundschullehrer:"Schlecht bezahlte Akademiker"

Das bisschen Singen und Malen kann nicht so schwierig sein, so das Vorurteil über Grundschullehrer. Trotzdem reicht der Bachelor allein für sie nicht aus.

Grundschullehrer galten lange als Akademiker zweiter Klasse. Das bisschen Lesen, Schreiben und Rechnen könne nicht so schwierig sein, war eines von vielen Vorurteilen. Bei den internationalen Vergleichstests an Schulen haben aber gerade die Grundschulen in Deutschland gut abgeschnitten.

Master für Grundschullehrer: Beruf Grundschullehrer: Anders als in den meisten anderen Fächern ist ein Bachelor in einem Lehramtsstudiengang nicht berufsqualifizierend.

Beruf Grundschullehrer: Anders als in den meisten anderen Fächern ist ein Bachelor in einem Lehramtsstudiengang nicht berufsqualifizierend.

(Foto: Foto: dpa)

Die Pädagogik dort gilt anders als an vielen Gymnasien als auf der Höhe der Zeit. Die Ausbildung zum Lehrer an Grundschulen ist zwar kürzer als für die an Gymnasien, dauert inklusive Referendariat aber auch mindestens sechs Jahre. Und die Umstellung auf die neuen Abschlüsse macht das Studium nicht leichter.

Uwe Thierschmann musste nicht lange überlegen. Als er sich an der Uni Münster eingeschrieben hatte, stand der Entschluss, Lehrer zu werden, längst fest. Und auch, dass er später an einer Grundschule arbeiten möchte, war da schon sicher: Der Lehramtsstudent hatte bei einem Praktikum ausprobiert, wie sich das anfühlt - gut, findet er: "Ich arbeite lieber mit kleinen Kindern. Grundschule macht allen Beteiligten am meisten Spaß."

Staatsexamen ade

Dass er später als Beamter weniger verdient als ein Kollege vom Gymnasium oder an der Berufsschule, hielt ihn nicht ab. "Lehrer sind sowieso eher schlecht bezahlte Akademiker." Inzwischen ist Uwe Thierschmann im vierten Semester seines Bachelor-Studiums, zwei weitere folgen noch.

Und auch das ist erst die halbe Miete. Denn anders als in den meisten anderen Fächern ist ein Bachelor in einem Lehramtsstudiengang nicht berufsqualifizierend. "Wer tatsächlich an einer Schule unterrichten will, muss noch ein Masterstudium draufsatteln", erklärt Ludwig Voegelin vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh.

Bis vor kurzem schlossen Lehramtsstudiengänge so wie Medizin und Jura mit dem Staatsexamen ab. "Die Mehrheit der Bundesländer hat inzwischen aber umgestellt", erklärt Marianne Demmer, Schulexpertin von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Frankfurt.

Viele offene Fragen

So ganz passt das Lehramtsstudium aber nicht in die Welt von Bachelor und Master. "Da gibt es noch einige offene Fragen", sagt Voegelin. "Zum Beispiel, ob es künftig genügend Master-Studienplätze für die Lehrämter gibt und ob jeder, der einen Bachelor hat, auch auf Master weiterstudieren kann."

Eigentlich ist das nicht so gedacht - der Master sollte ursprünglich einer forschungsinteressierten Minderheit vorbehalten sein. Aber beim Lehramtsstudium wäre das unsinnig - schließlich braucht jeder den Masterabschluss, der Lehrer werden will. Auch das reicht nicht: "Nach dem Studium steht noch ein Referendariat an einer Schule an, das zwischen einem und zwei Jahren dauert", sagt Annette Textor, Schulpädagogin an der Universität Oldenburg.

Auf der nächsten Seite: Warum die Aussichten für angehende Grundschullehrer waren schon einmal besser waren - und mit welchen Fächerkombinationen man dennoch Chancen hat.

Hoher Frauenanteil, große Sicherheit

Kleiner Bedarf, großes Angebot

Uwe Thierschmann hat sich in seinem Bachelor-Studium zwei Unterrichtsfächer ausgesucht: Mathe und Sachkunde. Eines der beiden Fächer Deutsch oder Mathe ist Pflicht. Hinzu kommen Veranstaltungen in Pädagogik. "Wir haben mehr Seminare als Vorlesungen", erzählt er. "Vieles machen wir mit Studenten aus anderen Lehramtsstudiengängen zusammen."

Vorgeschrieben sind auch mehrere Praktika - in Münster müssen sie sich auf 14 Wochen summieren, 4 Wochen davon schon im ersten Jahr. "Man unterrichtet dabei schon einige Stunden selbst", erzählt Thierschmann. "Manche überlegen sich dann, ob es das Richtige für sie ist." Ein Lehramtsstudium ist nicht an allen Universitäten möglich.

Selbst Hochschulen, die einen entsprechenden Fachbereich wie Erziehungswissenschaften haben, bieten nicht alle einen Studiengang für das Lehramt an Grundschulen an. "Bielefeld, Potsdam, Oldenburg und Siegen zum Beispiel haben bei der Grundschulpädagogik einen guten Ruf", zählt Marianne Demmer auf. "Ich würde Studierenden immer empfehlen, sich die Schwerpunkte der Hochschule genau anzugucken." Da, wo die Pädagogik verschwindend klein ist, hält sich auch die Auswahl an Veranstaltungen für Lehramtsstudenten in Grenzen.

90 Prozent Frauenanteil

Die Aussichten für angehende Grundschullehrer waren schon einmal besser: "Das Angebot an Absolventen ist größer als der Bedarf", sagt Marianne Demmer. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass es in den Grundschulen in den vergangenen Jahren einen Generationswechsel gegeben hat: "In manchen gibt es kaum noch Lehrer über 50", sagt Annette Textor. Entsprechend gering sind die Chancen, dass in naher Zukunft durch in Rente gehende Lehrer Stellen frei werden.

Viel hängt für die Einstellungschancen von der Examensnote und der Fächerkombination ab: "Bei Deutsch und Sachkunde muss man schon sehr gut sein, um eine Stelle zu bekommen", erläutert Annette Textor. Besser sieht es zum Beispiel mit Mathe und Musik aus. Lehramt Grundschule ist ein Studiengang, in dem Frauen dominieren. "90 Prozent" schätzt Annette Textor ihren Anteil. Bei Lehramt Gymnasium ist der Männeranteil deutlich höher.

Das liegt vielleicht auch daran, dass Gymnasiallehrer besser bezahlt werden und Männer sich stärker am Verdienst orientieren als Frauen. "Im Vergleich beispielsweise zu Sozialpädagogen verdienen Grundschullehrkräfte relativ gut, und wenn man erst einmal eine feste Stelle hat, hat man zusätzlich ein hohes Maß an Sicherheit", sagt Annette Textor, "allerdings auch viel Stress". Für Uwe Thierschmanns Berufswahl war vor allem die Reaktion der Schüler wichtig: "Die freuen sich, wenn man morgens kommt. Das allein ist schon klasse."

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