Management-Beraterin im Interview:"Probezeit oft eine Art Assessment Center"

Viele Unternehmen stellen mehr Personal als früher ein - um es gleich wieder zu entlassen. Manager-Beraterin Daniela König erklärt die Ursachen für die neue "Hire and Fire"-Mentalität.

Isa Hoffinger

SZ: Laut Ihrer Studie ist die Bereitschaft, Mitarbeiter in der Probezeit zu feuern, in den vergangenen sechs Jahren bei rund 40 Prozent der Firmen deutlich gestiegen. Woran liegt das?

Management-Beraterin im Interview: Daniela König, Geschäftsführerin der Düsseldorfer Managementberatung Mühlenhoff & Partner GmbH: "In schnell wachsenden Branchen ist oft vor der Einstellung gar nicht klar, wie der Bewerber aussehen soll."

Daniela König, Geschäftsführerin der Düsseldorfer Managementberatung Mühlenhoff & Partner GmbH: "In schnell wachsenden Branchen ist oft vor der Einstellung gar nicht klar, wie der Bewerber aussehen soll."

(Foto: Foto: oh)

König: Heute ist die Probezeit oft eine Art erweitertes Assessment Center. Einerseits müssen sich die Firmen wegen des Fachkräftemangels und des bevorstehenden demographischen Wandels verstärkt um die Rekrutierung von qualifiziertem Nachwuchs bemühen.

Andererseits ist oft unklar, wie das genaue Profil der Bewerber aussehen soll. Das gilt vor allem für Branchen, die schnell wachsen. Wenn neue Positionen geschaffen werden, ist es schwer zu erkennen, welche Mitarbeiter die richtigen sind.

SZ: Warum trennen sich Firmen von Neulingen?

König: Am häufigsten wegen falscher gegenseitiger Erwartungen, gefolgt von fehlender Fachkompetenz der neuen Mitarbeiter und Konflikten im Team. Man sollte als Bewerber ehrlich sein und sich gut überlegen, ob man zu einer Stelle passt. Andererseits geben sich Firmen aber zu wenig Mühe, Neue gut einzuarbeiten. Und zwar nicht nur im Hinblick auf ihre Aufgaben oder die Arbeitsabläufe. Wenn zum Beispiel Konflikte im Team zu einer Trennung geführt haben, lässt das vermuten, dass nicht hinreichend versucht wurde, die Probleme zu lösen. Die Trennung wird in diesem Fall häufig als erstes Mittel begriffen und nicht als letzter Ausweg.

SZ: Eine Kündigung in der Probezeit ist für Unternehmen eine bequeme Lösung. Ist sie auch sinnvoll?

König: Meistens nicht. Nicht nur für Arbeitnehmer haben Entlassungen negative Folgen, auch die Firmen vergeuden Zeit und Geld. Eine Personalsuche im Führungskräftebereich zum Beispiel kostet bis zu 200 000 Euro, denn es müssen Anzeigen geschaltet, Bewerbungsunterlagen sortiert und Gespräche geführt werden. Dazu kommt der immaterielle Schaden. Wenn ein Kollege mehrmals hintereinander einen neuen Mitarbeiter einarbeiten muss, der dann wieder geht, kann das auch für ihn frustrierend sein. Die Stimmung im Unternehmen wird bei einem allzu häufigen Personalwechsel nicht die beste sein.

SZ: Warum kümmern sich Firmen dann nicht intensiver um die Neuen?

König: Oft fehlt das Bewusstsein dafür, dass man neue Kollegen nicht nur fachlich beurteilen muss, sondern auch für ihre persönliche Eingliederung verantwortlich ist. Gerade bei Spannungen zwischen Kollegen sollte die Personalabteilung oder die Führungsspitze eingreifen. In einem Team hat jeder eine Rolle. Einer ist der Antreiber, ein anderer der Spaßmacher und so weiter.

Wenn jemand neu in eine Gruppe kommt und nicht akzeptiert wird, liegt das oft daran, dass er für eine Rolle prädestiniert ist, die schon besetzt ist. Rein fachlich wäre er möglicherweise eine gute Ergänzung, aber das Team sagt in solchen Fällen: "Wir wissen nicht warum, aber der passt einfach nicht zu uns."

SZ: Was kann ein neuer Mitarbeiter zu einer guten Zusammenarbeit beitragen?

König: In jeder Firma gibt es Spielregeln, die den Kollegen oder dem Chef gar nicht bewusst sind. Am besten ist es, man bittet um Feedback und stellt Fragen wie: "Arbeite ich im richtigen Tempo?" oder "Wie löst Ihr dieses Problem normalerweise?" Wer schweigt oder gar sagt: "In meiner alten Firma haben wir das anders gemacht", eckt an, auch wenn er es vielleicht gut meint. Keiner arbeitet gern mit Besserwissern.

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