Lohn:Hätten Sie lieber mehr Urlaub oder mehr Geld?

Urlaub

Mehr davon: Tausende Arbeitnehmer der Metallbranche wünschen sich zusätzliche Urlaubstage statt einer Lohnerhöhung.

(Foto: dpa)

Erstmals können Arbeitnehmer der Metallindustrie wählen, ob sie weniger arbeiten oder mehr verdienen wollen. Das Ergebnis einer Umfrage ist bemerkenswert.

Von Detlef Esslinger

Vielen Arbeitnehmern in der Metall- und Elektroindustrie ist mehr Freizeit wichtiger als mehr Geld. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der IG Metall in 1400 Betrieben der Branche. Dort wollen 190 000 Arbeitnehmer im nächsten Jahr acht zusätzliche freie Tage nehmen und dafür auf mehr Geld verzichten.

Dass sie diese Möglichkeit haben, ist eine Folge der Tarifrunde von Anfang des Jahres. Nach wochenlangen Streiks hatten sich die Gewerkschaft und die Arbeitgeber damals auf einen komplexen Vertrag geeinigt. In diesem Jahr gab es für alle vier Millionen Arbeitnehmer der Branche 4,3 Prozent mehr Geld.

Fürs kommende Jahr allerdings konnten viele Arbeitnehmer wählen: Entweder sie entschieden sich für eine Sonderzahlung in Höhe von 27,5 Prozent eines Monatsgehalts. Wer indes in Schicht arbeitet oder Kinder im Alter bis zu acht Jahre hat oder daheim Angehörige pflegt, der konnte statt der Sonderzahlung bei seiner Firma auch acht zusätzliche freie Tage beantragen. Diese Anträge mussten bis Ende Oktober gestellt werden.

Die am Montag von IG-Metall-Chef Jörg Hofmann genannten Zahlen bedeuten nicht, dass insgesamt nicht mehr als 190 000 Arbeitnehmer die Möglichkeit nutzen wollen. Indem die Gewerkschaft in 1400 Betrieben bei den Betriebsräten nachfragte, erkundigte sie sich in der Hälfte der tarifgebundenen Metall-Betriebe. Tatsächlich dürfte die Zahl der an mehr freien Tagen interessierten Arbeitnehmer also deutlich höher sein als 190 000.

Besonders die Schichtarbeiter wollen mehr Freizeit: Auf sie entfallen 140 000 Anträge. IG-Metall-Chef Hofmann sagte bei der Präsentation der Zahlen in Frankfurt, dies wundere ihn nicht. "Gerade in Bereichen mit starrem Schichtsystem sind die Belastungen durch Mehrarbeit und Sonderschichten in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen", sagte er. Um gesund zu bleiben, bräuchten die Arbeitnehmer dort dringend mehr Erholung. 40 000 weitere Metaller stellten die Anträge, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben, und 10 000, um Angehörige zu pflegen.

Wie viele von ihnen allen die acht freien Tage wirklich bekommen, wird nun bis Jahresende in jedem einzelnen Betrieb entschieden. Bis dahin müssen die jeweiligen Arbeitgeber und Betriebsräte beraten, ob und wie viele Anträge genehmigt werden können - die Auftragslage in den meisten Betrieben ist nach wie vor sehr gut, und die Arbeit muss ja gemacht werden.

Auswirkungen auf künftige Tarifverhandlungen

Dass dies viele Firmen vor Probleme stellt, räumt auch die IG Metall ein. Sie zitierte am Montag in einer Pressemitteilung den Betriebsratsvorsitzenden des Maschinenbauers Illig in Heilbronn, Achim Häberle-Kelm. Dort will fast jeder zehnte Beschäftigte die acht freien Tage nehmen. "Auch wenn das sicher nicht in jedem Fall leicht wird", sagte Häberle-Kelm, werde er in Gesprächen mit der Firma versuchen, "die Personalplanung so zu steuern, dass alle Anträge positiv beschieden werden können".

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall gab sich am Montag seufzend, aber konstruktiv. Ein Sprecher wies darauf hin, laut Tarifvertrag müsse jeder Arbeitsausfall von einem gleich qualifizierten Mitarbeiter ausgeglichen werden. "Deshalb bemühen sich die Betriebsparteien, Lösungen zu finden." Die IG Metall schlug vor, dazu Arbeitszeitkonten zu nutzen, Mitarbeiter fortzubilden und Teilzeit-Jobber aufzustocken.

Der Arbeitgeberverband wiederum schloss aus dem Umstand, dass an mehr Freizeit "durchaus Interesse" besteht: "Der Wunsch nach einem höheren Einkommen spielt nicht mehr die zentrale Rolle - was wir für kommende Tarifrunden interessiert zur Kenntnis nehmen."

Eine weitere Forderung der IG Metall in der Tarifrunde war, dass jeder das Recht bekommen soll, seine Arbeitszeit pro Woche für maximal zwei Jahre auf 28 Stunden zu reduzieren. Das Interesse daran scheint jedoch relativ gering zu sein: Nach den bisherigen Daten wollen nur 8000 Arbeitnehmer diese Chance nutzen.

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