Link- und Lesetipps:Wenn Papa der Mama an den Hintern langt

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"Wenn der Papa der Mama mal ordentlich an den Hintern fasst und Mama sich darüber freut", ist kein Sexismus, findet Schauspielerin Nadja Uhl. Als würde es darum gehen. (Foto: dpa)

Betatschen innerhalb der Beziehung ist gar nicht sexistisch, findet Schauspielerin Nadja Uhl. Und Ministerin Schröder will die Präsenzkultur in Unternehmen durch fleißiges Fordern abschaffen. Interessante Links zu Familiengipfel, #aufschrei und Vereinbarkeit Familie und Beruf.

Von Barbara Vorsamer

Nadja Uhl steht tapfer zu ihrer Aussage, auch wenn sie befürchtet, dafür "bestimmt gelyncht" zu werden. (Wahrscheinlich von diesem bösen, netzfeministischen Mob, der mit seinem "Tugendfuror" schon die Knie von Bundespräsident Joachim Gauck erzittern ließ.) Was die Schauspielerin im Interview mit dem Wellness-Magazin Emotion Provozierendes gesagt hat? Achtung:

"Es ist auch eine Art von Sexualerziehung, wenn der Papa der Mama mal ordentlich an den Hintern fasst und Mama sich darüber freut."

Nein, Frau Uhl, tut uns leid: Darüber regen wir uns nicht auf. Denn Sie haben sich vielleicht ein wenig seltsam ausgedrückt, aber doch tatsächlich Recht. Wenn wir davon ausgehen, dass Mama und Papa ein Paar sind, eine Beziehung auf Augenhöhe führen und die Mama nichts dagegen einzuwenden hat, von ihrem Partner am Hinterteil angefasst zu werden, dann ist das alles Privatvergnügen und kein Grund für einen #Aufschrei.

Sexismus, das ist wohl trotz der gleichnamigen Twitterkampagne noch nicht überall angekommen, ist nämlich nicht synonym mit einem anzüglichen Spruch oder einer solchen Geste. Sexistisch sind diese Sprüche und Gesten dort, wo sie unangemessen sind. Wenn die betreffenden Personen ein professionelles Verhältnis zueinander haben (sollten) oder, noch schlimmer, wenn es zwischen ihnen ein Hierarchiegefälle gibt.

Bis auch der Letzte schnallt, worum es geht

Das einzig Schöne an Bemerkungen wie der von Nadja Uhl ist, dass sie Gelegenheit schaffen, einmal mehr über Sexismus zu schreiben - bis auch der Letzte schnallt, worum es geht. Da kann auch Jan Fleischhauers Kolumne "#In #großer #Sorge" nicht unerwähnt bleiben, in der sich der Autor darüber empört, dass in diesem Internet und vor allem bei diesem Twitter jeder glaubt mitreden zu dürfen.

"In dieser Parallelwelt ist Bekanntheit eine relative Größe. Hier zählen 7000 Follower auf Twitter allemal mehr als 4,5 Millionen Zuschauer an einem Sonntagabend in der ARD."

Fleischhauer, dem etwa 7400 Menschen folgen, glaubt auch zu wissen, welcher Tweet zu den am meisten retweeteten der #Aufschrei-Debatte gehörte - nämlich der unten aufgeführte - und verwendet ihn als Beleg dafür, dass die ganze Debatte doch nur Kokolores ist.

Nicht nur Felix Schwenzel zweifelt das im Blog wirres.net an. Schließlich kommt der betreffende Tweet auf gerade mal 201 Retweets - bei insgesamt circa 80.000 Nennungen des Hashtags Aufschrei.

Kaum Beachtung bei Twitter fand gestern der Familiengipfel der Bundesregierung. Auch Der die das Blog hätte dem Thema gerne mehr Platz eingeräumt. Aber es gibt leider nichts zu sagen, außer dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und Familienministerin Kristina Schröder persönlich anwesend waren und so versuchten, der Veranstaltung Relevanz zu verleihen.

Schröder forderte zwar etwas Sinnvolles, nämlich einen Rechtsanspruch für Teilzeiteltern, irgendwann wieder auf Vollzeit aufzustocken. Ihre "großartige Chefin Angela Merkel" (Zitat Schröder) bremste die Ministerin allerdings sofort wieder aus. Koalitionspartner FDP ist sowieso strikt dagegen und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte vor einer neuen Regelung. Um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen, blieb Merkel und Schröder nur der mündliche Appell an die Unternehmen, die "Präsenzkultur" abzuschaffen.

Worum es bei dem Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie eigentlich geht und woran es immer noch hakt, beschreibt Malte Weding ganz wunderbar in seinem Blogeintrag "Frau, die Milch kocht über".

"Die Frau hat demnach die Wahl zwischen einem Dreifachjob, also Hausarbeit, Kindererziehung und Beruf, zu drei Viertel der Bezüge des Mannes - oder sie bleibt zu Hause und lernt das Gesamtwerk Benjamin Blümchens kennen."

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