Liebe:"Es lohnt nicht, ewig zu suchen"

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Lars Penke erforscht die Mechanismen der Partnerwahl. Ein Interview über die Bedeutung der Zahl 12 in der Liebe und die Illusion, dass Verliebte glücklich sind.

Wenn Lars Penke von der Humboldt-Universität in Berlin und Peter Todd vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung wissenschaftliche Experimente machen, geht es recht menschlich zu. Sie brauchen dazu Versuchspersonen, genauer: Mann und Frau. Denn das Forschungsfeld der beiden Psychologen ist die Partnerwahl. Peter Todd hat mit Computer-Simulationen die Dutzend-Regel gefunden, Lars Penke bereitet gerade eine Speed-Dating-Studie vor.

"Die Realität ist nun mal nicht so, dass jeder seinen Traumprinzen findet", sagt Lars Penke. (Foto: Foto: privat)

sueddeutsche.de Was bedeutet die Dutzend-Regel in der Liebe?

Lars Penke: Die Menge an potenziellen Partner ist riesig. Wenn ich in Berlin durch die Fußgängerzone und abends in die Disko gehe, treffe ich allein an einem Tag Hunderte. Man könnte nun annehmen, dass man eine große Menge Partner ausprobieren muss, um sich einen Überblick zu verschaffen und um irgendwann sicher zu sein, dass man die richtige Wahl getroffen hat. Aber dem ist nicht so.

Man gewinnt relativ schnell einen Überblick. Es reichen zwölf Partner. Das ist der Schwellenwert, ab dem es keinen Sinn mehr macht weiterzusuchen. Man gewinnt keine sinnvollen Informationen dazu, wenn man immer weiter neue Partner ausprobiert.

sueddeutsche.de: Zwölf Partner testen bis der Richtige kommt, das klingt nicht gerade nach wenig.

Penke: Das müssen ja nicht zwölf langjährige Partnerschaften sein. Es geht darum, Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht zu sammeln. Dadurch lernt man, welcher Partner geeignet wäre und sich selbst einzuschätzen, um zu wissen bei wem man Chancen hätte.

Dieses Austesten fängt schon in der Pubertät an. Hier haben die Beziehungen einen stärker experimentellen Charakter. Später reicht auch ein Flirtverhältnis zu einem Kollegen.

Die Dutzend-Regel gilt übrigens für Männer wie für Frauen.

sueddeutsche.de: Wie definiert sich denn "richtig" bei der Partnerwahl?

Penke: Es gibt verschiedene Präferenzen, die man zusammenbringen muss. Aber sie widersprechen sich teilweise. Jeder möchte natürlich einen möglichst attraktiven Partner. Es gibt relativ universelle Standards dafür, was als attraktiv gilt. Das macht es schwierig.

Denn wenn ich mir andererseits eine stabile Partnerschaft wünsche, spricht der Sicherheitsaspekt gegen einen sehr attraktiven Partner. Er hat zu viele Alternativen und springt möglicherweise wieder ab, um sich jemand anderem zuzuwenden. Dazu kommen noch Präferenzen für den sozialen Status und andere Eigenschaften.

sueddeutsche.de: Die Dutzend-Regel haben Sie in Computer-Simulationen gefunden. Aber Sie beobachten ja auch Speed-Dating-Veranstaltungen. Wie läuft da die Partnerwahl ab?

Penke: An solchen Abenden treffen sich etwa 15 Männer und Frauen und reden jeweils ungefähr drei Minuten miteinander. Nach jedem Gespräch entscheiden sie, wen sie wiedersehen wollen.

Wir haben herausgefunden, dass Männer das bei so ziemlich jeder Frau probieren, die eine gewisse Attraktivitätsschwelle überschreitet. Frauen treffen ihre Entscheidungen viel sensitiver und orientieren sich eher daran, wie sie sich selbst einschätzen. Sie sind es auch, die ihre Ansprüche stärker anpassen.

Das bedeutet, dass Paare eher das Ergebnis der weiblichen Wahlentscheidung sind.

sueddeutsche.de: Aber warum schrauben Frauen ihre Ansprüche herunter?

Penke: Wenn ich nur den absolut optimalen Partner haben will, der maximal attraktiv, maximal intelligent, maximal in mich verliebt ist und mir gleichzeitig eine stabile Beziehung garantiert, kann ich lange suche. Aber ich werde damit nicht weit kommen. Die Alternative ist, seine persönliche Anspruchsschwelle auszuloten.

Die Realität ist nun mal nicht so, dass jeder seinen Traumprinzen findet. Es sei denn, man sieht sie anders. Es heißt ja schon beim "kleinen Prinzen": Man sieht nur mit dem Herzen gut.

sueddeutsche.de: Sehen Sie die Liebe auch im privaten Leben nur noch wissenschaftlich?

Penke: Nein, natürlich nicht. Aber ich verstehe vieles besser. Persönlich habe ich mir so sicher schon viel Streit erspart. Und auch manche Illusion klärt sich auf. Zum Beispiel gibt es die Vorstellung, dass Verliebtheit ein rundum positiver Zustand ist. Das stimmt nicht. Verliebte sind die ersten, die verletzt sind und sich zurückziehen, weil der andere nicht so reagiert hat, wie sie es sich vorstellen. Verliebte sitzen ewig vorm Telefon und leiden, weil der andere sich nicht meldet. Da hilft es manchmal, wenn man die Sachen nüchterner sehen kann.

sueddeutsche.de: Haben Sie denn bei der Partnerwahl ihre eigenen Forschungsergebnisse befolgt? Ist Ihre Partnerin die Dreizehnte?

Penke: Nein, wir kennen uns schon aus dem Kindergarten und sind ungefähr seit dem Schulende zusammen.

sueddeutsche.de: Und das kann auch funktionieren?

Penke: Wir heiraten im April.

© Interview: Nicola Holzapfel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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