Süddeutsche Zeitung

Lesestoff:Verschlossene Türen öffnen

Das Arbeitsbuch "Lernen in der Einwanderungsgesellschaft" bietet viele Perspektiven zum Thema Integration. Es stellt Projekte für Jugendliche und Erwachsene vor und liefert didaktische Empfehlungen.

Von Stephanie Schmidt

Türöffner. Da ist ein Haus mit ganz verschiedenen Räumen - es wäre spannend, sie zu erkunden. Doch allzu oft sind die Verbindungstüren zwischen den Zimmern abgesperrt. Mit diesem Bild beschreiben Dietmar Molthagen und Thilo Schöne in ihrem Handbuch die Gesellschaft in Deutschland, die sie als Schmelztiegel verschiedener Religionen und Kulturen betrachten. Die beiden engagieren sich im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung für Integration und wollen mit ihrem Arbeitsbuch "Lernen in der Einwanderungsgesellschaft" Türen aufschließen, sprich den interkulturellen Dialog beleben. Dafür braucht es Toleranz gegenüber dem Fremdartigen, vor allem wohldurchdachte Bildungskonzepte, so die Überzeugung der Herausgeber.

Das Arbeitsbuch wendet sich an Lehrer, Sozialpädagogen, Erzieher und in der Erwachsenenbildung tätige Dozenten sowie an andere Fachleute aus dem Bereich Pädagogik. Die Autoren der einzelnen Fachbeiträge betrachten Integration und Migration aus verschiedenen Perspektiven. Manche sind in der Konfliktforschung engagierte Wissenschaftler. Andere sind Lehrer, Sozialarbeiter und Mitarbeiter von Vereinen, die sich mit der Prävention von Rassismus befassen. Einige Verfasser stammen selbst aus multikulturellen Familien.

Im ersten Teil des Werks analysieren Experten, welche Herausforderungen Bildung in einer multikulturellen Gesellschaft mit sich bringt. Auf welche Weise kann man Schwarz-Weiß-Denken entgegenwirken? Das ist eine der zentralen Fragen. In diesen Part eingebettet sind bereits grundsätzliche Empfehlungen für den Unterricht, wie man Vorurteilen den Nährboden entziehen kann - etwa, indem man Lehrmaterialien anbietet, die verschiedene Kulturen einbeziehen. Ausführlich wird im ersten Teil des Buchs das vorbildhafte Beispiel Kanadas beschrieben - einer Nation, die sich bereits seit Jahren bewusst mit Integration auseinandersetzt und hierfür Standards geschaffen hat. Dazu gehören Programme, die parallel zur englischen Sprache die jeweilige Muttersprache der Immigranten als Integrationshilfe fördert.

Wertvoll für Praktiker ist vor allem der zweite Teil, in dem Pädagogen konkrete Projekte an Schulen vorstellen, auch zu dem heiklen Thema Religion: Diskussionen, Rollenspiele oder Tanzprojekte - mit dazugehörigen Arbeitsmaterialien. Auch Formate für Erwachsene werden vorgestellt. Hinzu kommen Empfehlungen zur Didaktik für die jeweilige Veranstaltung.

Da dürften viele ein passendes Basis-Konzept für die Praxis finden. Ihnen steht frei, es individuell weiterzuentwickeln.

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Quelle:
SZ vom 26.01.2017
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