Leiharbeit im Krankenhaus:Pfleger auf Abruf

Zu wenig Planstellen: Weil es an Personal fehlt, wächst auch in Krankenhäusern und Altenheimen die Zahl der Zeitarbeiter.

Thomas Öchsner

Krankenhäuser, Altenheime und mobile Pflegedienste setzen verstärkt auf Leiharbeiter. Seit 2004 hat sich ihre Zahl etwa verfünffacht, vor allem wegen der wachsenden Personalknappheit im Pflegebereich. Das geht aus einer Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik (IAT) der Fachhochschule Gelsenkirchen hervor.

Leiharbeit Pflege

Ärzte nehmen in der Gesellschaft noch immer eine Sonderrolle ein. Müssen sie sich deshalb auch anders verhalten?

(Foto: ddp)

In Deutschland arbeiten etwa 1,3 Millionen Pflegekräfte. Nach Angaben des IAT sind davon bislang gerade einmal 19.000 Leiharbeitskräfte, die nicht zum Stammpersonal gehören und von einer Zeitarbeitsfirma an die jeweilige Einrichtung verliehen werden. Auch verglichen mit den derzeit insgesamt 600.000 Leiharbeitern ist ihre Zahl relativ niedrig. Die Autoren der Studie rechnen aber in der Pflegebranche mit einer weiteren Zunahme, weil der Bedarf an qualifizierten Fachkräften deutlich steigen wird. Wissenschaftler erwarten bis zu einer Million zusätzliche Arbeitsplätze im Pflegebereich bis zum Jahr 2025.

In der Branche gibt es einen ungewöhnlichen Trend: Während in der Industrie und bei anderen Dienstleistern häufig Leiharbeiter ohne spezielle Qualifikation gefragt sind, spielt die richtige Ausbildung in der Pflege eine große Rolle. Die Auswertung von Stellenanzeigen zeigt: Nur knapp jede achte richtet sich an Helfer, die übrigen an Fachkräfte.

Nach Angaben des IAT geht es beim Einsatz von Leiharbeitskräften meist darum, plötzliche Personalausfälle zu überbrücken. In Kliniken oder Altenheimen ist die Personaldecke oft sehr dünn. Schon einzelne krankheitsbedingte Ausfälle bringen die Schichtplaner regelmäßig in Bedrängnis. Zu Leiharbeitskräften zu greifen, sei dann oft die letzte Möglichkeit, heißt es in der Untersuchung.

Keine Zeit für Urlaub

In einigen Einrichtungen gehe der Bedarf allerdings über solche kurzfristigen Notfallmaßnahmen hinaus. "Manchmal werden Leiharbeitnehmer eingesetzt, damit das Stammpersonal überhaupt dazu kommt, Urlaub zu nehmen oder Überstunden abzubauen", heißt es in der Studie, die die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat. Nach Ansicht der Forscher ist dies ein Symptom dafür, dass es in der Branche viel zu wenig Planstellen gibt. Allein die Allgemeinkrankenhäuser hätten zwischen 1996 und 2006 etwa 46.000 Pflege-Vollzeitstellen gestrichen.

Die Wissenschaftler merken jedoch an, dass die Pflegeeinrichtungen Leiharbeitskräfte auch einsetzen, um Kosten zu sparen. Sie seien "oft billiger, weil sie nur für die tatsächlich geleistete Arbeit bezahlt werden müssen, nicht aber bei Krankheit oder wenn gerade kein Bedarf besteht". Außerdem weisen die IAT-Forscher auf den Missbrauch der Leiharbeit hin: So gründeten vereinzelt Kliniken eigene Zeitarbeitsfirmen, in denen sie ihre Mitarbeiter zu schlechteren Konditionen weiterbeschäftigen. "In einigen Fällen wurden Zeitarbeitskräfte auch als Streikbrecher genutzt", kritisieren die Wissenschaftler.

Andererseits geht aus der Studie hervor, dass die Leiharbeiter vom vorübergehenden Einsatz in Pflegeeinrichtungen durchaus profitieren können: Sie können sich einen Einblick in die Arbeitsumstände verschaffen und leicht testen, ob ein bestimmter Arbeitgeber längerfristig in Frage kommt. Außerdem bewerben sich manche bewusst bei einer Verleihfirma, weil sie nur eine bestimmte Phase ohne Einkommen überbrücken wollen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: