Süddeutsche Zeitung

Lange Arbeitszeiten:Überstunden? Ganz normal!

  • 62 Prozent der Beschäftigten arbeiten 40 Stunden die Woche oder mehr.
  • Eine DBG-Umfrage zeigt: Viele Menschen in Deutschland würden gerne weniger arbeiten.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Viele Arbeitnehmer in Deutschland wollen weniger arbeiten. Dies geht aus einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) bei etwa 5800 Beschäftigten hervor. Danach klaffen vor allem bei Vollzeitbeschäftigten bei der Länge der Arbeitszeit Wunsch, Wirklichkeit und der Vertrag deutlich auseinander.

62 Prozent der Beschäftigten arbeiten 40 Stunden oder länger die Woche. Doch nicht einmal bei der Hälfte entspricht dies auch der vertraglichen Arbeitszeit. Und nur etwa ein Drittel der Arbeitnehmer will überhaupt so lange arbeiten. Viele würden lieber fünf, sechs Stunden pro Woche weniger für ihren Arbeitgeber tätig sein.

Umgekehrt gilt: Bei den Teilzeitbeschäftigten wollen immerhin 25 Prozent der Frauen und 34 Prozent der Männer länger arbeiten. Trotzdem identifiziert sich die große Mehrheit der Befragten stark mit dem eigenen Job: Mehr als zwei Drittel haben sogar den Eindruck, "dass sie mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten", heißt es in der Untersuchung.

Hektik und ein zu hohes Arbeitstempo

Die Arbeitgeber stellen die hohe Motivation ihrer Mitarbeiter allerdings offenbar häufig auf die Probe: Jeder Vierte sagt, dass er Überstunden häufig nicht bezahlt bekommt. Jeder Zweite hat das Gefühl, nicht genug Geld zu bekommen für das, was er tut. 56 Prozent klagen über Hektik und ein zu hohes Arbeitstempo.

Jeder Fünfte sieht sich vom Vorgesetzten unter Druck gesetzt, in der Freizeit per E-Mail oder Telefon für die Arbeit erreichbar zu sein. Überhaupt kommen die Chefs bei der Umfrage zum Teil nicht gut weg: So sind immerhin 40 Prozent der Beschäftigten überzeugt, dass ihre Vorgesetzten die Arbeit besser planen könnten oder Mitarbeiter nicht rechtzeitig informieren.

Was also tun? Für den DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann ist es höchste Zeit, dass in den Chefetagen offen und selbstkritisch über "gute Führung als Faktor für gute Arbeitsbedingungen" diskutiert wird. Hier gebe es "im Bereich des mittleren Managements noch erhebliche Defizite". Außerdem macht er sich für einen stärkeren staatlichen Arbeitsschutz und eine Anti-Stress-Verordnung stark. Diese lässt Arbeitsministerin Andrea Nahles prüfen. Dass die Verordnung kommt, gilt aber als unwahrscheinlich.

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Quelle:
SZ vom 05.12.2014/kjan
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