Süddeutsche Zeitung

Kurzfristige Jobangebote:Kann ich die Kündigungsfrist umgehen?

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Ein attraktives Angebot einer Firma liegt auf dem Tisch - doch der bestehende Arbeitsvertrag sieht eine lange Kündigungsfrist vor. Was eigentlich eine komfortable Situation ist, kann schnell zur Zwickmühle werden.

Manchmal kommt das Angebot für den Traumjob ganz unverhofft. Wer in der eigentlich glücklichen Lage ist, einen langjährigen, unbefristeten Vertrag zu haben, kann dann ins Schwimmen kommen.

SZ-Leser Gerrit K. fragt:

Ich bin 44 Jahre alt und seit zehn Jahren in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bei einer Logistikfirma angestellt. Laut Vertrag beträgt die Kündigungsfrist acht Wochen zum Quartalsende. Nun habe ich die Chance, zu einem neuen Arbeitgeber zu wechseln, der mich zum nächstmöglichen Termin anstellen will. Meine Frage: Muss ich die Kündigungsfrist zwingend einhalten? Da mich mein derzeitiger Arbeitgeber ebenfalls dringend braucht, gehe ich davon aus, dass er einem Aufhebungsvertrag oder einer kurzfristigen Kündigung nicht zustimmen würde. Was kann ich tun?

Ina Reinsch antwortet:

Lieber Herr K., wer kündigt, sollte die geltende Kündigungsfrist einhalten. Sie kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder dem Gesetz ergeben. Gesetzlich gelten bei der ordentlichen Kündigung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschiedliche Fristen. Sie sind in Paragraph 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt.

Die Grundkündigungsfrist beträgt für Mitarbeiter und Chef einheitlich vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats. Für den Arbeitgeber verlängert sie sich aber, je nachdem, wie lange der Mitarbeiter bereits im Betrieb ist. Häufig sehen Arbeits- oder Tarifverträge jedoch längere Fristen als die gesetzliche vor. Dann gelten diese.

Daraus ergibt sich, dass zur Ermittlung der richtigen Kündigungsfrist ein Blick in den Arbeitsvertrag allein definitiv nicht genügt, sondern alle drei Rechtsquellen - also Gesetz, Tarifvertrag und Arbeitsvertrag - herangezogen werden müssen. Dabei kommt es auf Feinheiten an. Sollte bei Ihnen tatsächlich eine arbeitsvertragliche Kündigungsfrist von acht Wochen zum Quartalsende gelten, müssen Sie beachten, dass Sie pro Jahr nur vier Kündigungstermine haben, nämlich zum 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember. Ihre Kündigung müsste dem Arbeitgeber jeweils acht Wochen vorher zugehen.

Eine so lange Frist kann für einen neuen Job natürlich hinderlich sein. Möchten Sie früher gehen, würde ich Ihnen raten, das Gespräch mit Ihrem Chef zu suchen. Sie glauben zwar, dass er einem Aufhebungsvertrag oder einer Verkürzung der Kündigungsfrist auf keinen Fall zustimmen würde - wissen können Sie das aber nicht. Bedenken Sie, dass Ihr Chef möglicherweise gar nicht daran interessiert ist, einen unmotivierten Mitarbeiter festzuhalten. Möglicherweise findet er auch kurzfristig Ersatz für Sie.

An Ihren Arbeitsplatz ketten kann er Sie natürlich nicht. Das beantwortet auch Ihre Frage, ob Sie die Kündigungsfrist zwingend einhalten müssen. Wollen Sie Ihren neuen Job kurzfristig antreten, können Sie das durchaus tun. Allerdings sollten Sie vorher prüfen oder besser prüfen lassen, ob es in Ihrem Vertrag eine Regelung gibt, nach der Sie eine Geldstrafe zahlen müssen, wenn Sie die Kündigungsfrist nicht einhalten. Viele dieser Regelungen entsprechen allerdings nicht mehr der geltenden Rechtslage und sind damit unwirksam.

Berücksichtigen müssen Sie auch ein eventuelles Konkurrenzverbot. Danach dürfen Sie während Ihres Arbeitsverhältnisses nicht für eine Firma tätig werden, die zu Ihrem bisherigen Arbeitgeber im Wettbewerb steht. Das gilt bis Ende der regulären Kündigungsfrist. Sollten Sie dagegen verstoßen, droht Ihnen eine einstweilige Verfügung, mit der Ihnen der neue Job bis zum Ablauf der Kündigungsfrist untersagt wird. Und das wäre sicher kein guter Start.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2012
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