Kritik an Deutscher Forschungsgemeinschaft:Gutachter arbeiten anonym

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Als die DFG 1951 gegründet wurde, gab man ihr, um politische Einflussnahme zu verhindern, die Form eines privatrechtlichen Vereins. Sie ist also verfasst wie der ADAC oder ein Kleingärtnerverein. Mitglieder sind allerdings nicht einzelne Wissenschaftler, sondern Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen. Dieser Verein evaluiert gern und mit Ingrimm, aber nie sich selbst. Er wird vom Bundesrechnungshof kontrolliert, aber die Ergebnisse sind nicht öffentlich. Die Gutachter arbeiten anonym. Die Struktur fördere, hieß es, Seilschaften und Kartelle.

Digital ferngesteuerte Universitäten

Im Berliner Ensemble stieß auch der von der DFG massiv geförderte Wandel zur "E-Science" auf Kritik. Er gehe, so Uwe Jochum, zu Lasten der Bibliotheksetats, da die Universitäten Open-access-Publikationen mit 25 Prozent fördern müssen, wenn sie DFG-Gelder erhalten wollen. Man greife in die Etat-Hoheit der Universitäten ein, sie würden digital ferngesteuert.

Nun ist es etwas albern, sich gegen die digitale Revolution zu stellen. Wenn die DFG dafür sorgt, dass Digitalisierung und Internet-Publikationen mit mehr bibliothekarischem Sachverstand erstellt werden, als dies die Analphabeten von Google tun, kann sich der Leser nur freuen.

Allerdings zeigt das Beispiel schlagend, dass die Macht der DFG wesentlich auf der Schwäche der tradierten Institutionen beruht. Niemand muss sich von der DFG fördern lassen - aber wer kann sich das leisten? Da die Universitäten skandalös unterfinanziert sind, sind Wissenschaftler in rasant wachsendem Maße auf Drittmittel angewiesen. Deshalb ist die Exzellenzinitiative so erfolgreich, deshalb fördert der Bund immer stärker, obwohl laut Grundgesetz die Wissenschaft Ländersache sein soll.

Unter den Drittmittelanbietern aber gibt es keinen Wettbewerb. Die DFG besitzt hier fast eine Monopolstellung. Wer das ändern will, muss die Universitäten stärken und an ihnen die einzelnen Wissenschaftler. Die Entwicklungen verlaufen jedoch überall in umgekehrter Richtung.

Zeitfressender Wahnwitz

Es waren nur wenige ins Berliner Ensemble gekommen. Unbegreiflicherweise fehlten Naturwissenschaftler auf dem Podium. So dürfte der Appell der Fünf rasch verhallen. In den vergangenen zehn Jahren haben die Hochschullehrer und Universitätsverwaltungen sehr brav und oft wider die eigene Einsicht alle Reformmaßnahmen hingenommen und umgesetzt: die Verschulung der Studiengänge, den zeitfressenden Wahnwitz der Exzellenzinitiative, die Absenkung der Gehälter. Der Protest im Namen der Wissenschaftsfreiheit des Einzelnen klingt da wie ein Ruf aus ferner Vergangenheit, als man sich um die eigenen Angelegenheiten noch kümmerte.

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