Krank durch Sitzen:Gesundheitsrisiko Büro

Wer den ganzen Tag sitzt, lebt gefährlich - das Risiko eines Herzinfarkts steigt rapide. Öfter aufzustehen würde bereits helfen: Kleine Pausen stärken das Herz und begrenzen den Hüftumfang.

Werner Bartens

Pausen während der Arbeit und in der Freizeit sind gesund. Damit sind nicht Zigarettenpausen gemeint, zu der sich Nikotinsüchtige vor der Tür oder in Abstellkammern treffen. Es geht auch nicht um den Schokoriegel zwischendurch. Hilfreich und gesund ist es vielmehr, eine sitzende Tätigkeit am Schreibtisch oder auf dem Sofa öfter zu unterbrechen. Zahlreiche Pausen - sogar wenn sie nur eine Minute dauern - stärken das Herz und begrenzen den Hüftumfang, wie australische Ärzte um Genevieve Healy im European Heart Journal (online) vom heutigen Mittwoch berichten.

Häufige Sitzunterbrechungen gut für Herz und Figur

Schon kleine Pausen helfen: Arbeitnehmer sollten öfter mal aufstehen.

(Foto: dpa)

"Der Nutzen regelmäßiger Bewegung ist zwar schon lange bekannt", sagt Healy. "Wie schädlich ständiges Herumsitzen ist, womit die meisten Menschen immerhin mehr als den halben Tag verbringen, wird aber erst langsam klar."Die australischen Herz- und Diabetesexperten hatten mehr als 4700 Erwachsene untersucht, die mit einem Aktivitätsmesser an der Hüfte ausgestattet wurden, der wie ein Schrittzähler funktionierte. Auf diese Weise ließ sich erfassen, wie oft die Teilnehmer aufstanden, sich bewegten und ihre sitzende Tätigkeit unterbrachen. Im Extremfall verbrachten Probanden 21,2 Stunden am Tag sitzend oder liegend - die aktivsten Teilnehmer saßen hingegen nur 1,8Stunden täglich.

Jene Teilnehmer, die am häufigsten aufstanden, wiesen die günstigsten Blutfettwerte, den niedrigsten Blutzuckerspiegel und den geringsten Hüftumfang auf. Alle diese Parameter weisen auf das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten sowie Diabetes hin. Wer hingegen ausdauernd saß und sich kaum von seinem Platz erhob, hatte schlechtere Werte. "Vermutlich könnte man Herz-Kreislauf-Leiden in erheblichem Maß vorbeugen, wenn die ganze Bevölkerung weniger sitzen würde", sagt Healy.

Besonders überraschte die Forscher, dass sich schon geringfügige Tätigkeiten positiv auswirkten - beim Telefongespräch aufzustehen, zum Kollegen ins Nachbarzimmer zu gehen statt anzurufen oder zum Beispiel die Toilette ein Stockwerk höher zu benutzen. Für den Büroalltag haben die Forscher weitere praktische Empfehlungen: Konferenzen können auch im Stehen abgehalten werden; wenn nicht, sollten die Teilnehmer ermutigt werden, zwischendurch aufzustehen. Zudem ist es gesund, Drucker und Papierkörbe zentral in einer Abteilung aufzustellen, sodass der Gang dorthin immer wieder nötig ist.

"Schon kleine Veränderungen senken die Risiken für die Gesundheit", sagt Healy. "Mehr kurze Pausen ließen sich leicht in jeden Arbeitsalltag integrieren, ohne dass die Produktivität darunter leiden würde." Erst langsam werde klar, welche vermeidbaren Risiken der träge Büroalltag mit sich bringt.

Anfang der Woche hatte eine Untersuchung im Journal of the American College of Cardiology (online) gezeigt, dass mit der Dauer der vor dem Fernseher oder am Computer verbrachten Zeit auch die Wahrscheinlichkeit steigt, herzkrank zu werden und sein Leben zu verkürzen. Wer in der Freizeit mehr als zwei Stunden vor der Kiste saß, hatte bereits ein mehr als doppelt so großes Risiko, einen Infarkt zu erleiden. "Es ist eine Frage der Gewöhnung", sagt Studienautor Emmanuel Stamatakis vom University College London. "Viele von uns kommen nach Hause, machen gleich den Fernseher an und setzen sich stundenlang hin. Das ist einfach, bequem - und schlecht für das Herz." Dabei würde es bereits helfen, zwischendurch immer wieder aufzustehen.

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