Kommunikation im Job:Telefonieren tut nicht weh

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Mitarbeiter im Kundenservice müssen hilfsbereit, verständnisvoll und freundlich bleiben - auch wenn Anrufer in ihrem Ärger beleidigend werden. (Foto: Getty Images)

Viele Berufstätige fühlen sich am Telefon unsicher, dabei führt ein Gespräch oft schneller zum Ziel als eine E-Mail. Experten erklären, wie Sie erfolgreich pokern, abwimmeln und Konflikte umgehen.

Von Larissa Holzki

Ein Versäumnis eingestehen, sich selbst anpreisen, Nein sagen: Vielen fällt das am Telefon besonders schwer. "Die meisten Menschen haben Angst vor Ablehnung", sagt Unternehmensberaterin und Telefontrainerin Izabela Szumska. Andere zurückweisen ist nicht minder unangenehm.

Im Berufsalltag kommen viele nicht darum herum. Beschäftigte im Kundenservice, im Callcenter und in vielen Behörden werden ständig von Menschen angerufen, die sich über kaputte Geräte, verspätete Lieferungen und fehlerhafte Dokumente beschweren wollen. Mitarbeiter im Vertrieb und Marketing müssen am Telefon verkaufen, Einkäufer hingegen abwimmeln oder runterhandeln. Aber auch für alle anderen kann es sich lohnen, sich häufiger zur mündlichen Kommunikation durchzuringen. Folgende Tipps können helfen.

Warum sollten Berufstätige öfter zum Hörer greifen?

Ein Telefonat ist häufig effizienter als E-Mailverkehr. Manchmal braucht es fünf E-Mails, bis die Kommunizierenden ein Ergebnis haben, das sie am Telefon in zwei Minuten hätten. Und jede Mail ist eine weitere Unterbrechung im Arbeitsfluss. "Wenn ich mich überwunden habe, merke ich: Es geht viel einfacher, es geht viel schneller, Missverständnisse lassen sich viel schneller aus dem Weg räumen", sagt Franz Reich, Psychologe und Telefontrainer vom Institut für Psychologie-Transfer Bamberg.

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Ein häufiges Argument für den Schriftverkehr ist die Dokumentation. Dieser Zwang kann Geschäftsbeziehungen aber auch belasten. "Als mehr telefoniert wurde, waren die Menschen mehr Partner und haben eine Vertrauensbeziehung aufgebaut. Wenn ich heute alles dokumentieren muss, ist die Beziehung eher von Misstrauen geprägt", sagt Reich.

Wie bringe ich am Telefon mein Anliegen vor?

Izabela Szumska hat als Studentin am Telefon DSL-Anschlüsse verkauft. Heute gibt sie an der Wordbridge-Academy Telefontraining und lehrt einen Fünf-Punkte-Plan für die Kundengewinnung. Demnach sollte sich der Anrufer zuerst kurz und verständlich vorstellen und zweitens fragen, ob der richtige Ansprechpartner am Telefon ist - in ihrem Fall für Mitarbeiterschulungen. "Im dritten Schritt ist mein Ziel, möglichst schnell in den Dialog zu kommen: 'Wir sind ein Anbieter für Seminare im Bereich Kundenkommunikation - inwiefern ist das generell ein Thema für Sie?'", gibt Szumska ein Beispiel. Im Gespräch komme es dann viertens darauf an, genau hinzuhören und zu erkennen, was der potenzielle Kunde brauchen könnte und für welche Dienstleistungen er zu gewinnen ist. Statt Druck auszuüben, gebe sie dem Gesprächspartner im fünften Schritt Zeit und melde sich nach einigen Tagen wieder, wenn es sich lohnen könnte.

In jedem Schritt sollten Anrufer darauf achten, dass sie Worthülsen vermeiden: "Sagen Sie nicht, 'Ich möchte mich Ihnen gerne vorstellen', sondern sagen Sie Ihren Namen und kommen Sie auf den Punkt", sagt Szumska.

Worauf kommt es beim telefonischen Verhandeln an?

Den Grundstein für den Erfolg legt man in der Vorbereitung. Dabei hilft ein kleiner Katalog aus W-Fragen: Was will ich? Wie erreiche ich das? Welche Argumente wird der Gesprächspartner vorbringen? Wo wird er versuchen, Einschränkungen zu machen? Wann gehe ich Kompromisse ein? Wie beim Schachspiel müssen mindestens ein, zwei Züge vorausgedacht werden.

Telefonisch zu verhandeln sei vor allem für Menschen von Vorteil, deren Körpersprache schnell signalisiere, dass sie sich geschlagen geben, sagt Franz Reich. Wer eine feste Stimme behält, kann leichter pokern. Obwohl die Gesprächspartner sich nicht sehen können, sind Körperhaltung und Gesichtsausdruck wichtig. "Wenn Sie lächeln und gestikulieren, wirkt sich das automatisch auf Stimme und Sprache aus", sagt Reich.

Welche Regeln gelten für Stimme und Sprache?

Ob im Kundenservice oder im Vertrieb: Am Telefon sollten Beschäftigte langsam und möglichst gelassen sprechen. "Entspanntes Sprechen führt dazu, dass der Gesprächspartner mir vertraut, denn wenn Menschen lügen, klingen sie nervös", sagt Izabela Szumska. Sprachlich und stimmlich sollte man sich auf das Gegenüber einlassen. Ein einfacher Trick von Franz Reich ist, das Vokabular des Gesprächspartners zu übernehmen: "Wenn der Anrufer sagt, ,Hallo Herr Reich' und ich sage ,Guten Tag Herr Schmitz', schafft das Distanz." Übernehme man die Grußfloskel des anderen, fühle der sich angenommen. Wichtig ist auch, dass der Gesprächspartner nicht am Telefon alleingelassen wird. Ein zustimmendes "hmm" oder "ja" versichere dem anderen, dass man noch zuhört, sagt Reich.

Wie lassen sich wütende Anrufer beruhigen?

Wenn die Hochzeitstorte zu spät geliefert wurde oder in der Todesanzeige ein Druckfehler steht, reagieren Betroffene aufgebracht. Viele lassen sich jedoch mit ein paar psychologischen Kniffen beruhigen. "Das Wichtigste ist, dass Sie nicht auf die gleiche Ebene gehen", sagt Reich. "Je lauter der andere wird, desto leiser werden Sie; Je schneller der andere spricht, desto langsamer antworten Sie."

Auf keinen Fall sollte man den Anrufer auffordern, sich nicht aufzuregen. Denn die meisten Menschen wollen vor allem verstanden werden. "Wenn Sie sagen: Ich merke, Sie sind jetzt sehr aufgewühlt, hilft das dem Anderen, ein Stück weit runterzukommen", sagt Reich.

Wie reagiert man auf persönliche Angriffe?

Wenn Kunden beleidigend werden, ist Gelassenheit gefragt. "Wenn Sie es schaffen, geben Sie dem anderen noch eine Chance, indem Sie sagen, ,Sorry, ich glaube, jetzt werden Dinge gesagt, die nicht so gemeint sind.'", rät der Telefontrainer. Die indirekte Ansprache sei ein Mittel, die Situation nicht weiter aufzuheizen. Unternehmen, in denen schwierige Kundengespräche zum Kerngeschäft gehören, legen häufig Leitlinien fest, was sich Mitarbeiter gefallen lassen müssen.

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Was sind die größten Fehler beim Telefonieren im Job?

Auf keinen Fall sollten Kunden das Gefühl bekommen, sie würden stören. Diesen Eindruck vermitteln viele Beschäftigte jedoch mit ungeschickten Formulierungen. Ein Beispiel des Telefontrainers: "Es macht einen Unterschied, ob ich sage: ,Da habe ich die Unterlagen gerade nicht am Platz' oder ,Einen Moment, da hole ich gleich mal die Unterlagen.'" Die positive Formulierung gäbe dem Anrufer das Gefühl, es kümmere sich jemand um ihn - natürlich nur dann, wenn auch Taten folgten. Tabu sind aus ähnlichem Grund auch Sätze wie "Dafür bin ich nicht zuständig". Sie signalisieren, dass der Gesprächspartner sich nicht anstrengen will.

Wie lassen sich ungebetene Anrufer abwimmeln?

Wer am Telefon nicht mit Kunden, sondern mit Verkäufern und PR-Leuten zu tun bekommt, muss häufiger Gespräche unterbinden. "Wenn Sie das Produkt oder Thema nicht interessiert, sagen Sie es sehr deutlich", rät Reich. Weder solle man argumentieren noch Hoffnung vermitteln, dass sich an dieser Situation etwas ändern könnte. Auch, wenn das schwerfällt.

"Viele glauben, sie tun jemandem weh, wenn sie etwas deutlich aussprechen", sagt Reich. Dabei sei eine klare Aussage für den Gesprächspartner oftmals hilfreicher und wirke nicht unfreundlich. Bei hartnäckigen Verkäufern reicht die erste Absage aber meist nicht aus. Für solche Fälle hat Reich den Sprung-in-der-Schallplatte-Tipp: "Wiederholen Sie immer den gleichen Satz: Daran haben wir kein Interesse", sagt Reich. Der Gesprächspartner laufe dann verbal gegen eine Mauer - und das mache niemand lange gern.

Wie kann man Telefonieren üben?

Wer sich mit direkten Aussagen am Telefon schwertut, kann Gespräche im Freundeskreis zum Üben nutzen. "Wenn ein Freund Sie zu einer Veranstaltung einlädt, auf die Sie keine Lust haben, reden Sie nicht drumherum, sagen Sie Nein", empfiehlt Reich. "Sie werden sehen: Er mag Sie trotzdem und meldet sich wieder."

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