Körpersprache im Büro:Was Schultern und Zehen über Kollegen verraten

Verräterische Blicke, vielsagende Gesten: Die Körpersprache der Kollegen offenbart oft mehr als jedes Gespräch. Kommunikationswissenschaftler David Givens erklärt, auf welche Körperteile wir in wichtigen Meetings besonders achten sollten - und welche Rolle unsere Bürokleidung dabei spielt.

Maria Holzmüller

Ein Blick sagt mehr als tausend Worte? Noch mehr erfährt, wer die Schultern oder die Hände seines Gesprächspartners beobachtet. David Givens leitet das Zentrum für nonverbale Studien im US-Bundesstaat Washington, berät Unternehmen wie Epson oder Dell und ist Autor des Buches Die Macht der Körpersprache - Menschen lesen im Beruf. Im Interview verrät er, was die Körperhaltung der Kollegen im Meeting bedeutet und auf welche Körperteile wir in Gehaltsverhandlungen achten sollten.

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Zu sexuell? Wer seine Zehen im Büro zeigt, könnte unerwünschte Assoziationen bei Kollegen auslösen.

(Foto: ddp)

sueddeutsche.de: Herr Givens, ich sitze in einem wichtigen Meeting, und mein Chef will mich von einem neuen Projekt überzeugen. Dabei zuckt er immer wieder mit den Schultern. Hat das etwas zu bedeuten?

David Givens: Auf jeden Fall. Schon ein leichtes Schulterzucken verrät, dass der Sprecher unsicher ist - vielleicht ist Ihr Chef also selbst nicht von dem Projekt überzeugt. In einem Meeting geht es oft darum, besonders selbstbewusst und überzeugend zu wirken. Das ist allerdings häufig nur Fassade. Jeder kann überzeugende Sätze formulieren, die wahre Unsicherheit vermittelt der Körper. Ich empfehle deshalb, Schultern, Hände und Augen im Blick zu behalten. Die verräterischen Schulterbewegungen sind übrigens ein Grund, warum Anzüge im Berufsleben so verbreitet sind. Sakkos verstecken die Schultern und ihre Zuckungen. Deshalb tragen Geschäftsleute keine T-Shirts oder Tanktops. Bei Männern verdecken die Krawatten zudem das verletzlich wirkende Halsgrübchen - und sollen so mehr Stärke ausstrahlen.

sueddeutsche.de: Und was sagen Hände und Augen?

Givens: Wenn sich jemand unsicher ist, blickt er oft nach unten. Wer wirklich überzeugt ist von dem, was er sagt, blickt seinen Gesprächspartnern direkt in die Augen. Ebenfalls ein Zeichen für Unsicherheit sind starre Hände, die vielleicht sogar unter dem Tisch versteckt sind. Vertrauenserweckender ist es, wenn die Hände mit natürlichen Gesten das Gesagte unterstreichen.

sueddeutsche.de: Kann ich meine eigene Körpersprache kontrollieren?

Givens: Ja, aber es ist schwierig. Dafür müssten Sie eine wirklich gute Schauspielerin sein, denn die meisten Signale sendet der Körper unbewusst aus. Selbst Leute, die wirklich geschulte Redner sind, wie Bill Clinton, kommunzieren ungewollt nonverbal. Während des Interviews zur Monica-Lewinsky-Affäre konnte auch Clinton die Blicke zum Boden und das Schulterzucken nicht unterdrücken. In solchen Momenten übernehmen die Gefühle das Kommando über manche Muskelgruppen - ob wir wollen oder nicht.

sueddeutsche.de: In vielen Situationen ist es wichtig, selbstbewusst zu wirken. Wie kann ich beispielsweise in einer Gehaltsverhandlung stark auftreten?

Wohin mit den Handflächen?

Givens: Sie können Schulterzucken vermeiden - das würde ihrem Boss verraten, dass Sie selbst nicht überzeugt davon sind, ein höheres Gehalt verdient zu haben. Sie sollten Ihrem Chef direkt in die Augen sehen. Natürlich ist es in unserem Kulturkreis üblich, den direkten Augenkontakt immer wieder zu unterbrechen. Wenn Sie den Blick abwenden, sollten Sie aber vermeiden, auf den Boden zu blicken. In ihrer Gestik sollten Sie darauf achten, dass die Handflächen nach unten zeigen, das zeigt Selbstbewusstsein. Diese Geste strahlt nahezu weltweit Überzeugung aus. Zeigen die Handflächen nach oben, hat das hingegen eher etwas Bittendes.

David Givens

Kommunikationswissenschaftler David Givens erklärt, warum Anzug und Krawatte im Büro für Männer so wichtig sind.

(Foto: privat)

sueddeutsche.de: Und wie sehe ich meinem Chef an, ob ich noch Verhandlungsspielraum habe?

Givens: Ein gutes Zeichen ist ein Nicken, eine weitverbreitete Geste der Zustimmung, vor allem in Europa und den USA. Schon das leichteste Kopfnicken zeigt, dass der Chef Sie versteht und auf Ihrer Seite ist. Wenn der Chef zur Seite blickt, anstatt Sie anzusehen, ist das ein Zeichen, dass Ihr Argument ihn nicht überzeugt. Wenn Sie das beobachten, sollten Sie ihre Taktik ändern und ein anderes Argument bringen, bis der Chef Sie wieder ansieht.

sueddeutsche.de: Wie unterscheidet sich Körpersprache von Land zu Land?

Givens: Wenn Ihr Chef aus Spanien kommt, würde zu viel Augenkontakt als unfreundlich empfunden. In Russland und Bulgarien dagegen sehen sich die Leute lange direkt in die Augen und verleihen damit ihrer Aussage mehr Glaubwürdigkeit. In den USA und in Deutschland ist eine Kombination von direktem Augenkontakt und kurzem Wegblicken üblich. In China und Japan ist es besser auf den Boden zu blicken und direkten Augenkontakt zu vermeiden. Schauen Sie ihrem Chef dort direkt in die Augen, heißt das, Sie maßen sich an, genauso mächtig zu sein wie er.

sueddeutsche.de: In Ihrem Buch widmen Sie ein ganzes Kapitel dem Thema Haare. Gibt es denn Haarschnitte, die die Chancen auf Erfolg im Job erhöhen?

Givens: Der beste Haarschnitt ist der Haarschnitt, der in der Branche üblich ist. Wie der aussieht, erkennen Sie, wenn Sie Fachmagazine lesen und darin die Bilder ansehen. Es ist immer gut, sich am Chef zu orientieren. In den USA und in Europa sind bei Männern sehr kurze Haare üblich, wenn der Chef so einen Haarschnitt hat, kann es nicht falsch sein, ihn nachzuahmen. Auch Frauen sollten sich am Stil weiblicher Führungskräfte orientieren. Generell ist der Haarschnitt sehr wichtig. Mit unserem Haarschnitt machen wir eine Aussage über unsere Persönlichkeit. Die Haare sind das erste, was andere Menschen an uns wahrnehmen.

sueddeutsche.de: Sollte man den eigenen Haarschnitt öfter mal ändern?

Givens: Im Geschäftsleben ist es besser, Konstanz zu zeigen, indem man das gleiche Aussehen behält. Wenn man beginnt, seinen Haarschnitt zu häufig zu ändern, wirkt das bedrohlich auf die Unternehmensführung. Zu starke Veränderungen sind immer ein bisschen verdächtig.

Warum geschlossene Schuhe wichtig sind

sueddeutsche.de: Auch durch unsere Bürokleidung setzen wir ein Statement. Gerade im Sommer würden viele Angestellte gerne in Sandalen ins Büro kommen. Warum ist das im Büro nicht angemessen?

Givens: So ziemlich überall auf der Welt haben Füße eine sexuelle Konnotation. Peeptoes oder Sandalen lösen in unserem Gehirn sexuelle Assoziationen aus - im Berufsleben ist das nicht immer hilfreich. Geschlossene Schuhe sind deshalb für Männer und Frauen ratsam.

sueddeutsche.de: Gilt das auch für nackte Schultern?

Givens: Auch Schultern haben einen sexuellen Reiz. Ihre Bewegungen sind provokativ und werden häufig beim Flirten eingesetzt. Weibliche Schultern sind sehr attraktiv für Männer. Nackte Schultern stehen also der Ernsthaftigkeit des Berufslebens entgegen. Mit unserer Kleidung schützen wir uns auch vor ungewollten Assoziationen. Krawatten verdecken bei Männern zum Beispiel das verletzliche Halsgrübchen - dadurch wollen sie Stärke vermitteln.

sueddeutsche.de: Haben Frauen und Männer unterschiedliche Körpersprachen?

Givens: Die nonverbalen Signale von Männern und Frauen sind meist die gleichen. Interessanterweise tun sich Frauen untereinander im Beruf jedoch schwerer in der Kommunikation. Dabei sind Frauen generell besser darin, nonverbale Signale zu entschlüsseln, das haben mehrere Studien belegt. Möglicherweise empfangen Frauen deshalb untereinander so viele Signale, dass es ihrer Kommunikation schon wieder hinderlich ist. Aber den genauen Grund für diese Schwierigkeiten versuche ich noch herauszufinden.

sueddeutsche.de: In der globalisierten Welt wird im Job vor allem übers Telefon oder über E-Mail kommuniziert, direkte Gespräche werden immer seltener. Verändert das unser Arbeitsleben?

Givens: Das hat große Folgen fürs Arbeitsleben. Wenn man die Person, mit der man kommunziert, nicht sieht, kann man auch ihre nonverbalen Signale nicht warhnehmen. Das kann durchaus zu Missverständnissen führen. Ein Satz in einer E-Mail kann auf vielerlei Weise gelesen werden - die wahren Gefühle dahinter vermag auch ein Smiley nicht zu vermitteln.

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