Süddeutsche Zeitung

Knochenjob Animateur:Höchstleistung unter Palmen

Arbeiten als Gute-Laune-Garant: Zehntausende träumen jedes Jahr von einer Stelle als Animateur in einem Ferienclub. Doch der Job selbst ist das Gegenteil von Urlaub - er verlangt den Betreuern so einiges ab. Reiseveranstalter erwarten deshalb von Bewerbern deutlich mehr als nur ein mitreißendes Temperament.

Ein herrlicher Sandstrand, ein schöner Hotel-Pool und viel Kontakt zu gut gelaunten Reisenden: Animateure haben einen traumhaften Arbeitsplatz, so scheint es zumindest. Jedes Jahr zieht der Job deshalb Zehntausende junge Leute an.

Doch dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, ist nicht zwangsläufig ein Vergnügen: Für den Strandbesuch ist kaum Zeit, am Pool vereinnahmen einen die Gäste und die Urlauber sind oft anspruchsvoll und schnell gereizt, wenn nicht alles nach Plan läuft. An Animateure werden also durchaus hohe Anforderungen gestellt.

Die Reiseveranstalter suchen Organisationstalente, die einen ganzen Sommer lang rund um die Uhr gute Laune verbreiten, Sport und Spiele anleiten und Kinder trösten können. Für Erzieher, Sportstudenten oder Krankenschwestern ist eine Saison im Ferienparadies oft nicht nur ein lukrativer Job, sondern ein wichtiger Baustein im Lebenslauf.

Jedes Jahr im Herbst machen sich die Reiseveranstalter auf die Suche nach Animateuren für den nächsten Sommer. Der Bedarf ist ungebrochen groß. Zwar kommt auf jede offene Stelle eine Vielzahl an Interessenten. Aber Bewerber mit guten Qualifikationen hätten durchaus gute Chancen, sagt Sonja Meyer, Leiterin der Animationsabteilung beim Reiseveranstalter Alltours in Duisburg.

"Trotz der vielen Bewerber fällt es in einigen Bereichen schwer, gut qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen", sagt sie. Denn die verlangten Qualifikationen haben es in sich: Wer bei Alltours als Kinderanimateur arbeiten will, sollte eine Ausbildung als Erzieher oder Lehrer in der Tasche haben.

Menschen, die gute Laune verbreiten

Ein Sport- und Fitness-Animateur braucht einen Trainerschein und Lizenzen, etwa für Aerobic. Für den reinen Unterhaltungs-Animateur sind die Anforderungen nicht so spezifisch: "Da brauchen wir sportbegeisterte Allrounder für Spiel und Spaß an Pool und Strand", sagt Meyer.

Vor allem aber müssen Animateure perfekte Dienstleister sein. Ob beim Beach-Volleyball, im Fitness-Raum, bei einem Ausflug in die Umgebung oder beim Unterhaltungsprogramm am Abend: Animateure müssen die Urlaubsgäste bei den Aktivitäten anleiten und mit guter Laune anstecken können.

Für Pädagogen oder Sport-Studenten könne eine Saison als Animateur wirklich etwas für ihre Karriere bringen, sagt Alexander Hass, Betreiber des Internetportals animateure.de, auf dem fast alle großen Veranstalter ihre Stellen ausschreiben. "Ein halbes Jahr so intensiv zu arbeiten, bringt einen fachlich wirklich nach vorne."

Wenn man wisse, was man mit dem Animateur-Job erreichen will, könne man auch den passenden Arbeitgeber aussuchen, betont Hass. Denn die verschiedenen Arbeitgeber suchen Animateure mit ganz unterschiedlichem Schwerpunkt: etwa für Fitness, Sport, Kinder, Jugendliche, Musik und Tanz.

Bei Ruf Jugendreisen in Bielefeld sind schon Angebote für Kinder ab acht Jahren im Programm. Die Animateure, die dort "Teamer" heißen, sind deshalb während der gesamten Reise rund um die Uhr für die Kinder und Jugendlichen verantwortlich. Eine pädagogische Ausbildung sei deshalb absolut wünschenswert, sagt Unternehmenssprecherin Inga Krusch.

Ruf verlangt außerdem, dass Bewerber den großen Erste-Hilfe-Schein und den Rettungsschwimmer in Bronze haben. Dafür können Pädagogen nach der Saison im Ausland eine ungewöhnliche Qualifikation im Lebenslauf aufführen.

Wer sich bewerben will, muss bei vielen Arbeitgebern erstmal nur ein Formular im Internet ausfüllen. Die besten Bewerber laden die Reiseveranstalter dann zu einem Casting ein. "Da wollen wir sehen, ob die Mitarbeiter teamfähig sind, ob sie sich auf der Bühne präsentieren und vor vielen Leuten reden können", sagt Meyer.

In Einzelgesprächen würden dann die Fachkenntnisse für den Bereich abgefragt, in dem man arbeiten will. Wer danach eine Zusage erhält, wird bei Alltours im März zu einem einwöchigen Seminar auf Mallorca eingeladen. "Da üben wir dann, wie man mit dem Mikro umgeht, wie man Ansagen gestaltet und eine Abendshow vorbereitet", sagt Meyer.

Bei Ruf Jugendreisen sind rechtliche Themen der Kinderbetreuung besonders wichtig: Die zukünftigen Animateure müssen büffeln, welche Aufsichtspflichten sie haben, was Kinder und Jugendliche schon dürfen und was nicht.

Dann geht es endlich zum Einsatz in den Club. Wohin man kommt, darauf hat man je nach Anbieter mehr oder weniger Einfluss. Bei Alltours können Animateure drei Wunsch-Reiseziele angeben. "In 80 Prozent der Fälle können wir einen dieser Wünsche erfüllen", sagt Meyer. Und bei Ruf gilt: Wer zuerst kommt, darf zuerst aussuchen. "Deshalb empfehlen wir eine frühzeitige Bewerbung", betont Krusch.

Unterm Strich bekämen Animateure pro Monat zwischen 500 und 800 Euro netto für ihren Job, sagt Hass, Unterbringung und Verpflegung werden gestellt. "Das lohnt sich nur, wenn man die Kosten zu Hause in der Zwischenzeit fast bis auf Null runterfährt." Wer sein Auto oder seine Wohnung in Deutschland behalte, dem bleibe nicht viel übrig.

Für die Hochsaison holen die meisten Veranstalter für zwei oder drei Monate sogenannte Freelancer dazu, die aber deutlich schlechter bezahlt werden. Nur wegen des Geldes macht den Job aber ohnehin fast niemand. Dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, das übe nach wie vor einen großen Reiz aus, sagt Meyer. "Und außerdem bekommt man in kaum einem Beruf so viel positives Feedback wie als Animateur."

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dpa, Marc Herwig/gal/joku
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