Knigge-Tipps fürs Kennenlernen im Büro:"Lassen Sie Ihre Kollegen das Tempo bestimmen"

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Die ersten Tage im neuen Job sind meist mit Unsicherheit verbunden. (Foto: dpa-tmn)

Darf ich meinen Chef duzen, wenn sich alle mit Vornamen ansprechen? Und worüber rede ich mit den Kollegen beim Mittagessen? Knigge-Experte Horst Hanisch gibt Tipps, wie Sie durch die ersten Tage im neuen Job kommen.

Von Johanna Bruckner

Je näher die Premiere rückt, desto größer wird das Nervenflattern - und die Unsicherheit: Wie präsentiert man sich am ersten Tag im neuen Job? Horst Hanisch ist Diplom-Psychologe aus Bonn und Leiter einer Knigge-Beratung für den Job. Er gibt Tipps, wie Sie Begrüßungsrituale, die erste Mittagspause und den Smalltalk mit Chef und Kollegen am besten überstehen.

SZ: Herr Hanisch, erster Tag im neuen Job: Was muss ich bei der Begrüßung beachten?

Horst Hanisch: Nehmen wir an, Sie wurden angewiesen, sich zu einer bestimmten Uhrzeit bei einer bestimmten Person einzufinden, nennen wir sie Frau Mertens. Dann begrüßen Sie zunächst Frau Mertens und nennen dabei deutlich Ihren Vor- und Nachnamen. Frau Mertens wird Sie dann vermutlich durchs Haus oder die Abteilung führen und ihren neuen Kollegen vorstellen. Wenn es an Ihrer neuen Arbeitsstelle lauter Zwei-Mann-Büros gibt, würde ich auf beide Personen zugehen und Ihnen die Hand reichen. Ganz wichtig: Sagen Sie an dieser Stelle nochmals Ihren vollen Namen, auch wenn dieser bereits genannt wurde. So können Sie außerdem etwaige Aussprachefehler korrigieren und bleiben Ihrem Gegenüber besser in Erinnerung. Wenn Sie von Frau Mertens dagegen in ein Großraumbüro geleitet werden, ist eine persönliche Begrüßung jedes Einzelnen nicht nötig. Es reicht, wenn Sie von der Tür aus in den Raum grüßen.

Bleibe ich nicht noch besser in Erinnerung, wenn ich mich ausführlich vorstelle, also beispielsweise erzähle, was ich vorher gemacht habe?

Davon würde ich abraten. Ihre alte Arbeitsstelle hat im neuen Job nichts verloren. Wenn Sie als Führungskraft neu in ein Unternehmen kommen, kann ein Smalltalk mit den neuen Mitarbeitern von Vorteil sein. Das Gespräch müssten Sie allerdings beginnen, indem Sie etwas Unverfängliches sagen wie: "Sie haben aber einen schönen Blick hier über das Häusermeer." Wichtig ist, dass sich aus dem Satz ein kleiner Wortwechsel ergeben kann, der Ihren künftigen Mitarbeitern das Gefühl gibt, dass ihre neue Chefin zugänglich ist.

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Wie verhalte ich mich, wenn ich am ersten Tag auf mich allein gestellt bin?

Ich würde in diesem Fall darauf achten, dass ich zwar pünktlich, aber nicht der Erste im Büro bin. Dann werden sich vermutlich bereits auf dem Weg zu meinem Platz Gelegenheiten ergeben, mein neues Umfeld kennenzulernen. Wenn ich beim Vorbeilaufen neugierige Blicke aus den Büros bemerke, klopfe ich kurz an, stelle mich vor und wechsele ein paar Worte mit meinen neuen Kollegen oder Mitarbeitern.

Wie wichtig ist es, sich bei der Sekretärin persönlich vorzustellen?

Sehr wichtig. Sekretärinnen besetzen häufig Schlüsselpositionen in Unternehmen, ihre Macht ist nicht zu unterschätzen: Sie vertreten im Zweifelsfall den Chef und mancher Vorgesetzte fragt schon mal seine Sekretärin nach ihrer Einschätzung zu einem Mitarbeiter, wenn er diesen persönlich nicht gut kennt. Einen guten Eindruck macht es, wenn Sie sich vorab nach dem Namen erkundigen und die Dame oder den Herrn persönlich ansprechen können.

Ist es sinnvoll, unabhängig von der persönlichen Vorstellung noch eine Begrüßungsmail an die komplette Büro-Belegschaft zu schreiben?

Am ersten Tag würde ich davon abraten. Im Idealfall wurde Ihr Kommen der Belegschaft schon vorab per Mail angekündigt, vielleicht sogar mit Foto. Außerdem haben Sie in den ersten Tagen vermutlich genug mit anderen Dingen zu tun. Wenn überhaupt, würde ich gegen Ende der ersten Woche eine Begrüßungsmail aufsetzen. Diese sollte aber sehr knapp gehalten sein - denn unnötige Nachrichten im Postfach nerven nur, das weiß jeder aus eigener Erfahrung. Sollte es im Unternehmen üblich sein, können Sie Ihre Mail mit der Einladung zu einem kleinen Einstands-Umtrunk verbinden.

In Unternehmen, in denen es sehr förmlich zugeht, stellt sich die Frage nach der Anrede meist nicht: Das "Sie" ist Usus. Aber welche Regeln gelten für Neulinge, wenn sich alle Kollegen duzen?

Trotz aller Lockerheit gilt immer noch: Es gibt Personen, die es als respektlos empfinden, wenn sie ohne vorherige Aufforderung geduzt werden. Ich würde in einem neuen Unternehmen deshalb immer vom "Sie" ausgehen. Wenn Frau Mertens nun gleich zu Beginn sagt "Übrigens, wir duzen uns hier alle - ich bin die Birgit", können Sie selbstverständlich zur weniger förmlichen Anrede übergehen. Oft bleibt diese Regel aber unausgesprochen und Sie müssen einfach abwarten und beobachten: Wie gehen Ihre Kollegen auf Sie zu? Wenn sich diese mit ihrem Vornamen vorstellen, duzt man sich hier vermutlich. Bei mir unbekannten Personen wäre ich aber weiterhin vorsichtig: Bleiben Sie beim "Sie", bis Ihnen das "Du" angeboten wird. Manchmal gilt die förmliche Anrede auch erst ab einer gewissen Hierarchiestufe.

Wie ist es in der Mittagspause: Warte ich, bis ich von meinen neuen Kollegen gefragt werde, ob ich mich zum Essen anschließen möchte? Oder darf ich die Initiative ergreifen?

Im Job sind heute starke, extrovertierte Typen gefragt. Mein Rat deshalb: Immer auf die Leute zugehen. Wenn ich zum Beispiel am ersten Tag in der Kantine jemanden treffe, den ich aus meiner Abteilung kenne, kann ich ohne Probleme fragen: "Ist es in Ordnung, wenn ich mich Ihnen anschließe?" Oder wenn ich sehe, dass am Tisch meiner neuen Kollegen noch Platz ist, erkundige ich mich freundlich: "Ich darf mich dazusetzen?" Das ist eine sehr elegante Formulierung: Eigentlich ist sie mehr Ankündigung als Frage, doch theoretisch könnten die Angesprochenen immer noch "nein" sagen - was sie der Höflichkeit halber wahrscheinlich nicht tun werden.

Sollte ich versuchen, mit jedem meiner neuen Kollegen einmal essen zu gehen?

Das ist empfehlenswert, ja. Wenn der Eindruck entsteht, dass Sie immer mit denselben Personen essen gehen, verbaut Ihnen das womöglich den Zugang zu anderen Kollegen. Versuchen Sie Anschluss zu finden, aber legen Sie sich nicht zu früh auf einzelne Personen oder Lager fest. Denn am Anfang können Sie noch nicht absehen, ob diese Allianz vorteilhaft für Sie ist. Je breiter Sie sich vernetzen, desto besser für Sie - im Idealfall buhlen irgendwann Ihre Kollegen um Ihre Gesellschaft.

Wie privat darf ich am Tisch werden?

In Deutschland sollte ich mich mit Persönlichem zunächst zurückhalten. Beziehung und Familie sind in den ersten Tagen tabu. Es ist aber auch nicht ratsam, ins andere Extrem zu fallen und beim Mittagessen nur über Geschäftliches zu sprechen. Nutzen Sie Pausen nicht, um zu fragen, wie das mit der Spesenabrechnung läuft oder wo der Schlüssel zum Papierraum liegt. Schließlich haben Ihre Kollegen gerade eine Auszeit vom Job. Am besten, Sie hören den anderen zu und klinken sich bei Gelegenheit ins Gespräch ein. Oder Sie sprechen unverfängliche Themen an: das Parkplatzproblem in der Innenstadt, den Ärger mit der Steuer, die sportliche Form des örtlichen Fußballvereins.

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Gerade in kleineren Büros mit wenigen Mitarbeitern besteht der Büro-Smalltalk doch aber hauptsächlich aus Privatem. Grenze ich mich nicht selbst aus, wenn ich mich raushalte?

Nehmen wir an, Sie sitzen mit zwei Kollegen gemeinsam in einem Büro und die anderen beiden unterhalten sich über das Thema Urlaub. Vermutlich werden Sie dann irgendwann ins Gespräch mit einbezogen und gefragt, wo Sie Ihre letzte Reise hingeführt hat. Selbstverständlich dürfen Sie dann antworten - alles andere würde Ihnen vermutlich als Arroganz ausgelegt werden. Ich würde aber nach Möglichkeit vermeiden, in der ersten Zeit von mir aus private Themen anzusprechen. Lassen Sie Ihre Kollegen das Tempo des persönlichen Kennenlernens bestimmen. Indem Sie Rückfragen stellen, zeigen Sie, dass Sie sich für Ihr Gegenüber interessieren und Ihnen an einem freundschaftlichen Verhältnis gelegen ist.

Gehen wir einige Wochen in die Zukunft: Wie finde ich Zugang zu den wichtigen Klüngeln?

Indem Sie aufmerksam beobachten und vor allem gut zuhören. Versuchen Sie die Klüngel zu identifizieren, mit denen Sie Gemeinsamkeiten haben, zu denen Sie vermutlich relativ einfach Zugang bekommen. Nehmen wir an, Sie sind ballsportbegeistert und kriegen mit, dass sich Ihre Kollegen einmal die Woche zum Fußballspielen verabreden. Dann können Sie Interesse bekunden, indem Sie beispielsweise sagen: "Das ist ja toll, dass ihr euch regelmäßig zum Kicken trefft. Wo spielt ihr denn?" Vermutlich wird dann automatisch eine Einladung zur wöchentlichen Kicker-Runde erfolgen. Wenn nicht, ist es durchaus legitim, nachzufragen: "Habt ihr Bedarf für einen zusätzlichen Spieler?"

Allzu extrovertierte Typen können neue Kollegen auch vor den Kopf stoßen. Wie sollte ich mich in den ersten Wochen präsentieren?

Das Schlüsselwort ist hier: Authentizität. Präsentieren Sie sich so, wie Sie sind. Tragen Sie keine Maske außer der, die Sie im Berufsleben sowieso tragen müssen. Bringen Sie sich von Beginn an ein, zeigen Sie, dass Sie neue Ideen haben und motiviert sind. Aber vermitteln Sie Ihren neuen Kollegen nicht den Eindruck, Sie wüssten und könnten alles besser, nach dem Motto: Bisher lief hier alles falsch, aber ihr habt Glück - jetzt bin ja ich da, um's zu richten. Seien Sie ruhig selbstbewusst, aber niemals überheblich.

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