KMK-Präsident im Interview:"Wettbewerb nach unten"

Heute treffen sich die Kultusminister der Länder, um den Streit um die Abwerbung von Lehrern beizulegen. KMK-Chef Henry Tesch über das Beamtenimage, faire Gehälter und Fehler der Vergangenheit.

T. Schultz

In Deutschland fehlen Tausende Lehrer, zwischen den Ländern ist ein Konkurrenzkampf ausgebrochen. Baden-Württemberg buhlt bundesweit um Lehrer, zum Ärger anderer Länder. Die Kultusminister beraten diesen Donnerstag in Stralsund über das Thema. Der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Mecklenburg-Vorpommerns Minister Henry Tesch (CDU), setzt auf länderübergreifende Pläne.

KMK-Präsident Henry Tesch Mecklenburg-Vorpommern CDU, dpa

Der aktuelle KMK-Präsident Henry Tesch: "Wir brauchen eine länderübergreifende Planung."

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Werden sich die Kultusminister zusammenraufen, um gemeinsam den Lehrermangel zu beheben?

Henry Tesch: Das werden wir versuchen. Auch im Föderalismus müssen länderübergreifend Absprachen und Planungen möglich sein. Wir brauchen gemeinsame Regeln, um den Lehrermangel in den Griff zu bekommen. Wir müssen schauen, wie viele Lehrer jedes Land in den kommenden Jahren benötigt, wie viele ausgebildet werden und wie sich das auf die verschiedenen Fächer verteilt.

SZ: Das hätte die KMK doch schon längst tun können. Lehrerverbände sagen, die Kultusminister haben in den vergangenen Jahren schlicht versagt.

Tesch: Der Blick zurück bringt jetzt nichts. Die Debatte zeigt aber, dass die KMK dringend gebraucht wird. Denn sie ist der Ort, in dem wir länderübergreifend handeln können.

SZ: Was wollen Sie konkret vereinbaren? Oder soll es nur bei allgemeinen Absichtserklärungen bleiben?

Tesch: Als Erstes müssen wir den kurzfristigen und langfristigen Bedarf an Lehrern genau abgleichen. Dann können wir zweitens dazu kommen, dass jedes Land sich verpflichtet, genügend Lehrer für seinen eigenen Bedarf auszubilden.

SZ: Berlin wirft Baden-Württemberg vor, zu wenig Referendare auszubilden.

Tesch: Wer da recht hat, kann ich nicht sagen. Gegenseitige Vorwürfe bringen uns nicht weiter, wir müssen jetzt gemeinsame Wege suchen.

SZ: Sollen die Bundesländer eine gemeinsame Imagekampagne für den Lehrerberuf starten?

Tesch: Eine gemeinsame Aktion kann ich mir vorstellen, aber entscheidend ist, eine vernünftige bundesweite Planungsgrundlage zu bekommen.

SZ: In vielen Bundesländern werden Lehrer verbeamtet, in anderen nicht. Auch die Gehälter unterscheiden sich. Baden-Württemberg hat Berliner Lehrer mit besserer Bezahlung umworben. Berlin fordert deshalb bundesweite Obergrenzen bei der Bezahlung. Sie auch?

Tesch: Es darf vor allem keinen Wettbewerb nach unten geben. Hessen und Berlin sind aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgestiegen, wobei Berlin damit stärker bei den Gehältern sparen konnte. Für die anderen Länder gibt es bereits einen gemeinsamen Rahmen.

SZ: Sollte es für Lehrer, die besonders rar sind, höhere Gehälter geben?

Tesch: Nein, damit würde man in den Lehrerzimmern wilde Debatten provozieren, ob das gerecht ist.

SZ: In Schulen unterrichten vermehrt Seiteneinsteiger. Sind sie ausreichend pädagogisch und didaktisch qualifiziert?

Tesch: In Ostdeutschland gibt es wenige Seiteneinsteiger, man kann also durchaus vorausschauend planen. Seiteneinsteiger können die Schulen bereichern, wenn man sie vernünftig fortbildet. Wir müssen jetzt aber dafür sorgen, genügend Lehramtsstudenten zu bekommen.

SZ: Könnte es demnächst trotzdem nicht wieder zu viele Lehrer geben? Denn die Schülerzahlen gehen ja zurück.

Tesch: Da müssen wir aufpassen, keine Frage. Deswegen fordere ich ja eine solide länderübergreifende Planung.

SZ: Die KMK will mehr Menschen ohne Abitur ein Studium ermöglichen. Derzeit hat dazu jedes Bundesland eigene Regeln. Wird es Vereinfachungen geben?

Tesch: Ja, das wird vorangehen. Wir müssen dabei aber auch sicherstellen, dass die Bewerber von den Hochschulen gut beraten werden und sie keine falschen Erwartungen an das Studium haben.

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