Klage gegen Wal-Mart:Frauen? Keine Chance

Die Kassiererin Betty Dukes beschuldigt ihren Arbeitgeber Wal-Mart seit zehn Jahren der Diskriminierung. Für den Konzern könnte das teuer werden.

S. Haas

Betty Dukes sieht sich bestätigt. Die heute 60-Jährige kämpft seit fast zehn Jahren gegen den US-Einzelhandelskonzern Wal-Mart. Sie wirft dem Konzern vor, dass er seine weiblichen Angestellten schlechter bezahlt als die männlichen und sie bei Beförderungen übergeht. "Ich habe mich schon in meinen ersten Monaten um Weiterbildung und Karriereplanung bemüht", erklärte die Frau. Doch sie sei immer wieder vertröstet worden. Frei gewordene Stellen seien stets mit Männern besetzt worden. So habe sie drei Jahre als Kassiererin gearbeitet, bevor sie zur Kundenbetreuerin aufgestiegen sei. Einige männliche Kollegen hätten dagegen bereits eine solche Stelle erhalten, noch bevor sie ihre Probezeit beendet hätten, sagt Dukes.

Betty Dukes Wal-Mart

Betty Dukes kämpft seit zehn Jahren gegen Wal-Mart.

(Foto: Foto: AP)

Wal-Mart weist die Vorwürfe bis heute zurück. Diskriminierung sei nicht die Politik des Unternehmens, teilte der Konzern mit. Die Erfahrungen von Betty Dukes seien nicht repräsentativ für das, was die meisten weiblichen Angestellten bei Wal-Mart täglich erlebten.

Hoffen auf ein schnelles Ende

Betty Dukes kämpft seit 2001 gegen die vermeintliche Diskriminierung. Sie arbeitete damals als Kassiererin in einer Filiale östlich von San Francisco. Sechs Frauen schlossen sich ihrer Klage an, die 2004 als Sammelklage zugelassen wurde.Die Klage durchlief schon mehrere Instanzen.

Nun hat ein Bundesberufungsgericht den Antrag von Wal-Mart abgelehnt, wonach die Frauen einzeln gegen den Konzern klagen müssten. Wal-Mart hatte formaljuristische Gründe vorgebracht. Das Gericht aber ließ nun die Klage als Sammelklage zu. Jetzt will Wal-Mart vor den Obersten Gerichtshof in Washington ziehen und hofft, die Sache damit zu beenden. Der Konzern sieht sich dabei auch als "Kämpfer" für die amerikanische Wirtschaft, denn Sammelklagen kosten die Firmen sehr viel Geld.

Größte Sammelklage in der Geschichte

Etwa 1,5 Millionen ehemalige und derzeitige weibliche Angestellte könnten sich nämlich der Sammelklage gegen den US-Einzelhändler anschließen. Damit dürfte diese als größte ihrer Art in die amerikanische Justiz- und Wirtschaftsgeschichte eingehen. Wal-Mart gilt mit insgesamt mehr als zwei Millionen Beschäftigten als größter privater Arbeitgeber weltweit. Sammelklagen sind eine Besonderheit des amerikanischen Rechtssystems. Oft klagen wenige Geschädigte stellvertretend für viele. Gewinnen sie, können alle Betroffenen Schadenersatz erhalten, auch die, die selbst nicht geklagt haben.

Wal-Mart ist schon seit längerem bemüht, seinen Ruf zu verbessern. Kritiker haben dem Konzern immer wieder vorgeworfen, seine Mitarbeiter auszubeuten und Arbeitnehmervertretungen zu unterbinden. Auch in Deutschland war Wal-Mart von Gewerkschaften deshalb kritisiert worden.

Gegen das Flirt-Verbot

Gerichtliche Auseinandersetzungen hatte Wal-Mart übrigens auch hierzulande: Der deutsche Betriebsrat war gegen die Ethik-Richtlinien des US-Handelskonzerns vorgegangen, die den Mitarbeitern in Deutschland Verhaltensweisen vorschrieben.

Das Arbeitsgericht in Wuppertal untersagte einige Bestimmungen in der 28 Seiten starken Abhandlung, darunter das Flirtverbot. Wal-Mart wollte den Beschäftigten vorschreiben: "Sie dürfen nicht mit jemandem ausgehen oder in eine Liebesbeziehung zu jemandem treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann."

Keine "sexuell deutbare Kommunikation"

Auch untersagt die Richtlinie "sexuell deutbare Kommunikation jeder Art". Die Gewerkschaft Verdi verbuchte den Beschluss des Gerichts als Erfolg. Der Kodex beinhalte schwerwiegende Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte, hieß es damals.

Im Sommer 2006 zog sich Wal-Mart aus Deutschland zurück und verkaufte seine deutschen Filialen an den Konkurrenten Metro.

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